Am Mittwoch, 23. März, eröffnete eine neue Ausstellung in der Bibliotheca Albertina: „mitgesammelt und eingekapselt. Beinahe-Bücher im Bibliotheksregal“ präsentiert sogenannte Kapselschriften aus dem Bestand der Universitätsbibliothek (UB) Leipzig. Das sind Schriftstücke in Bibliotheken, die aufgrund ihres kleinen Formates gesammelt in Schachteln aufbewahrt werden und Erstaunliches zutage fördern können.

Darunter finden sich Flugblätter von Impfgegner/-innen Anfang des 20. Jahrhunderts, Aufrufe zur Durchsetzung des Frauenwahlrechts und Plakate zum Streik Leipziger Bürger nach dem Ende des Ersten Weltkriegs. Die Ausstellung ist die letzte des scheidenden Direktors der UB Leipzig, Prof. Dr. Ulrich Johannes Schneider. Bis zum 25. September kann sie täglich besucht werden.

„Gerade da, wo man wenig hinschaut, lauert die Überraschung“, meint Prof. Dr. Ulrich Johannes Schneider, Kurator der neuen Ausstellung „mitgesammelt und eingekapselt. Beinahe-Bücher im Bibliotheksregal“ in der Bibliotheca Albertina.

„Alte Schachteln“ gebe es in alten Bibliotheken zuhauf, so auch in der 1543 gegründeten UB Leipzig. Sie hat für ihre neue Ausstellung Leipziger Studierenden der Kulturwissenschaften ihre Magazine geöffnet, darunter einen Raum, wo Zehntausende von kleinen Schriften liegen, die in Schachteln aufbewahrt werden.

Diese von den Bibliothekaren sogenannten „Kapseln“ wurden geöffnet und durchsucht. Das Ergebnis ist eine Ausstellung mit Werken, die man in einer wissenschaftlichen Universalbibliothek nicht erwarten würde.

Die typischen Kapseln aus dem Archiv der UB Leipzig. Foto: Thomas Kademann
Die typischen Kapseln aus dem Archiv der UB Leipzig. Foto: Thomas Kademann

Kennen Sie Zahnbürsten mit Borsten an beiden Enden? Wissen Sie um die Gefahren des Kaffeegenusses? Werbe- und Streitschriften fallen auf, auch Ratschläge fürs Rasieren und für den Umgang mit Starkstrom. Zu den ausgestellten Objekten zählen Aufrufe zur Durchsetzung des Frauenwahlrechts, Plakate zum Streik Leipziger Bürger nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, aber auch Berichte über wundersame Ereignisse aus der Zeit des Barock oder frühe Proteste gegen das Impfen.

„Die studentische Expedition war auf Interessantes und Kurioses aus. Mit viel Liebe und Mühe hat sie die ausgestellten Schriften erläutert. So wird die Bibliothek als Kulturarchiv geöffnet, leidenschaftliche Auseinandersetzungen früherer Jahre werden anschaulich“, erzählt Ulrich Johannes Schneider.

Der Katalog, gestaltet vom Leipziger Künstler Stefan Gunnesch, macht das Suchen und Finden selbst zum Erlebnis: Er ist als eigene Kapsel gestaltet und gruppiert die unterschiedlichen Funde des Ausstellungsteams in Heften verschiedenen Formats.

Mit der Ausstellung verabschiedet sich der Direktor der Universitätsbibliothek Leipzig, Ulrich Johannes Schneider, nach gut fünfzehn Jahren aus dem Dienst. Er bleibt der Universität als Kulturwissenschaftler erhalten und hat in dieser Funktion die Ausstellung vorbereitet, zusammen mit Studierenden, die aktiv und mit Entdeckerlust die Ausstellung möglich machten.

Das Gemeinschaftswerk dieses ungewöhnlichen Einblicks in wenig beachtete Ecken der Bibliothekssammlungen zeigt, wie viel es noch zu entdecken gibt.

Die Ausstellung „mitgesammelt und eingekapselt. Beinahe-Bücher im Bibliotheksregal“ kann vom 24. März bis 25. September 2022 täglich von 10 bis 18 Uhr in der Bibliotheca Albertina besucht werden. Der Eintritt ist frei.

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