Haben die Apoldaer mehr Humor als die Leipziger? Es sieht ganz so aus. Seit 2017 erfreut die Bewohner der thüringischen Kleinstadt eine Skulptur, die dort im Rahmen der Landesgartenschau 2017 aufgestellt wurde: „Dame mit Dobermann“. Nicht zu verwechseln mit dem Dobermann-Denkmal an der Martinskirche, dem Züchter und Namensgeber Karl Friedrich Louis Dobermann gewidmet. Die „Dame mit Dobermann“ im Gelände der Landesgartenschau ist längst zu einem der beliebtesten Fotomotive von Apolda geworden.

Geschaffen hat sie die in Leipzig lebende Künstlerin Carolin Okon, die zu Apolda sowieso eine besondere Beziehung hat: Sie ist dort aufgewachsen. Kennt also auch die Glocken- und Textilgeschichte Apoldas. Sie war also bestens gewappnet, als die Stadt 2022 eine neue Ausschreibung startete für eine Skulptur für die Schötener Promenade.

Die „Apoldaer Allgemeine“ schrieb darüber am 2. Februar: „Für den Eingangsbereich zur Schötener Promenade ist ein Kunstwerk vorgesehen, das dem Vernehmen nach eine „Strickliesel“ zeigen wird; in Kombination mit einem stilisierten A und unter Bezugnahme auf die Glocken-Tradition der Stadt. Genaueres ist noch nicht bekannt. Die beauftragte Künstlerin soll aber schon am Werk arbeiten. Auf die Ausschreibung hatten sich nach Informationen unserer Zeitung drei Künstler bewerben.“

Die Tradition von Apolda

Im Oktober war die Ausschreibung, im November bekam sie für ihren Entwurf den Zuschlag. Für ihr „A“, denn letztlich ist es ein Apolda-A geworden, in dem die „Strickliesel“ im Stil des Jugendstils sitzt, das Strickzeug selbstbewusst in der Hand und mit einem Blick, der den Betrachter herausfordert: „Hältst du mich vielleicht für ein Heimchen am Herd?“

Der Entwurf für die neue Skulptur für Apolda. Grafik: Carolin Okon
Der Entwurf für die neue Skulptur für Apolda. Grafik: Carolin Okon

Diese junge Dame jedenfalls strickt nicht, weil sie dazu verdonnert ist. Eher strickt sie sich ein neues kesses Teil, um damit zum Tanz zu gehen.

Das A selbst hat die Form einer Glocke und erinnert damit auch an die Glockenbautradition Apoldas.
Aber solche Skulpturen entstehen nicht einfach im Atelier. „Das musste ich auch erst alles lernen“, erzählt Carolin Okon. Denn auch die „Strickliesel“ wird ja in Wind und Wetter stehen. Und zwar möglichst lange und in leuchtenden Farben. Am 22. Februar war deshalb der erste wichtige Termin für die Skulptur bei der Holl Gmbh in Markkleeberg.

Von der Idee zum Kunstwerk

Das ist ein Familienunternehmen, welches sich auf die Fertigung von Zulieferteilen aus Metall für den Maschinenbau und die Medizintechnik spezialisiert hat. Und nur zu gern war man dort bereit, mitzuhelfen, aus Carolin Okons Entwurf tatsächlich eine standfeste Skulptur zu machen.

Ausgangsmaterial: Eine große Stahlplatte, aus der am 22. Februar die Konturen der am Ende 2,3 Meter hohen und 2,5 Meter breiten Skulptur herausgeschnitten wurden. Ein besonderer Termin auch für die Künstlerin, denn sie durfte auch in die Schweißermontur schlüpfen und beim Herausschneiden ihrer Skulptur helfen. Ohne Zweifel ein schöner Moment einer Kunstschaffenden, die so nicht nur selbst erlebt, wie aus ihrer Idee eine handfeste Skulptur wird, sondern so auch in die Arbeitswelt von Unternehmen schauen kann, die der Künstlerin nur zu gern helfen, ihren Einfall in ein öffentliches Kunstwerk zu verwandeln.

Die Konturen sind schon zu sehen: Carolin Okon mit der fertiggeschweißten Stahlskulptur. Foto: Carolin Okon
Die Konturen sind schon zu sehen: Carolin Okon mit der fertiggeschweißten Stahlskulptur. Foto: Carolin Okon

Wissend, dass das erst der erste Schritt war, denn um die 500 Kilogramm schwere Stahlplatte auch witterungsbeständig zu machen, musste sie im Anschluss auch noch feuerverzinkt werden und abgeschliffen. Und dann half ein weiteres Unternehmen, das in Leipzig ansässige iw classic.

Und natürlich ging danach die Arbeit der Künstlerin erst richtig los, musste die Skulptur grundiert werden und danach bemalt. Und dann – dann muss noch Lack drüber. So wie bei Autos. Und die Skulptur wird auch genauso gepflegt wie ein Auto, bestätigt Okon. Wenn der Lack heil bleibt, leuchten die Farben auch noch in Jahren.

Beginn des Naturlehrpfades

Aufgestellt werden soll die Skulptur direkt am Eingang der Schötener Promenade in Apolda. Sie ist Teil des Projekt NaTOURblüte 2.0. „Mit diesem Konzept verfolgt die Stadt Apolda eine natürliche Symbiose von Urbanität und Natur in ausgeprägter offener Kulturlandschaft des auslaufenden Thüringer Beckens mit vielfältigen Vermittlungsansätzen“, heißt es im Konzept der Stadtverwaltung von Apolda.

„Die Skulptur soll ein attraktiver Beginn des Naturlehrpfads werden. Geschmückt mit einem Beet und Sitzblöcken für Wanderer“, betont die Verwaltung. Wenn die Wanderer denn nicht gleich dableiben zum Fotoshooting mit der jungen Dame, die so prägnant an die Zeit des Jugendstils erinnert. Was ja Absicht ist, betont Carolin Okon. Denn das macht auch den Bezug deutlich zur Blütezeit der Textil- und Glockengießerstadt Apolda vor über 100 Jahren.

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