Pünktlich zum 50. Jubiläum des renommierten Leipziger Synagogalchors geht dessen künstlerischer Leiter, Kammersänger Helmut Klotz, nach vierzig Jahren äußerst fruchtbarer Arbeit in den Ruhestand. Seine Nachfolge tritt ab April Ludwig Böhme, Bariton des mehrfach preisgekrönten Calmus Ensemble Leipzig und Stipendiat des Deutschen Musikrates, an.

“Die 50-jährige Chorgeschichte, die von Kammersänger Helmut Klotz 40 Jahre lang geprägt wurde, ist bewundernswert. Mit der Pflege synagogaler und jüdischer Musik hat der Chor etwas Einmaliges geleistet. Es ist eine große Verantwortung, dieses Erbe nun anzutreten”, konstatiert der gebürtige Vogtländer.

Als Zehnjähriger wurde Ludwig Böhme Mitglied des Leipziger Thomanerchors und anschließend Assistent des Thomaskantors. Sein Studium im Fach Chordirigieren an der Leipziger Hochschule für Musik und Theater bei Georg Christoph Biller beendete er 2005 mit Auszeichnung. Daneben ergänzte er seine musikalische Ausbildung mit Kursen bei den King’s Singers, Ton Koopman u. a.

Erst auf die Nachfrage hin, ob er Helmut Klotz’ Nachfolge antreten wolle, begann der sonst auf Alte Musik spezialisierte Sänger und Chorleiter, sich mit synagogaler Musik zu beschäftigen. Da diese ihn sofort begeisterte, bewarb er sich erfolgreich für die Stelle.

Seine Aufgabe ist es nun, das bestehende Repertoire zu erhalten und außerdem einen Generationswechsel zu vollziehen: Das Ensemble möchte sich zunehmend auch an junge ZuhörerInnen und SängerInnen wenden und die Zusammenarbeit mit Schulen in der Leipziger Region, wie sie bereits mit dem Geschwister-Scholl-Gymnasium in Taucha gepflegt wird, verstärken. Auch die vielfältigen bereits bestehenden Kontakte und Freundschaften in der ganzen Welt werden fortgeführt und weiter ausgebaut.Mit einem Konzert im Gewandhaus zu Leipzig unter der Schirmherrschaft des sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich am Samstag, 14. April, feiert der Leipziger Synagogalchor neben dem Wechsel der künstlerischen Leitung auch sein 50-jähriges Bestehen.

Einen Tag später wird zudem eine vierwöchige Ausstellung mit Fotos, Pressebeiträgen und persönlichen Notizen im Leipziger Haus des Buches eröffnet. Etwa zehn Tafeln resümieren die Arbeit des Chorgründers Werner Sander von 1962 bis zu seinem Tod im Jahr 1972 sowie die vier Jahrzehnte währende künstlerische Leitung durch Kammersänger Helmut Klotz. Gezeigt wird außerdem das langjährige Zusammenwirken mit regionalen und internationalen Einrichtungen wie dem Zentrum für Jüdische Kultur in Kraków (Polen), der Kurt-Weill-Foundation New York, den Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit oder der Israelitischen Religionsgemeinde Leipzig.

Um das verdienstvolle Wirken des Chores um respektvollen Austausch und gemeinsame Projekte zwischen verschiedenen Religionen zu würdigen, die Arbeit langjähriger Partner und Förderer anzuerkennen und neue Unterstützer für die künftige Arbeit zu gewinnen, erscheint zusätzlich zur Ausstellung ein umfassendes Jubiläumsheft.In weltweit einmaligem Umfang widmet sich der Chor der Pflege und Bewahrung der Synagogenmusik aus dem 19. und 20. Jahrhundert sowie der jiddischen und hebräischen Folklore in Konzertbearbeitung. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde diese spezielle Musik vernichtet und spielt auch in der heutigen jüdischen Welt kaum mehr eine Rolle. In Zusammenarbeit mit profilierten Solisten, Mitgliedern des Leipziger Gewandhausorchesters und des MDR-Sinfonieorchesters trägt der Leipziger Synagogalchor mit jährlich 15 bis 20 Konzerten im In- und Ausland zur Bewahrung der jüdischen Kultur und zur Mahnung an die Verfolgung der Juden bei. Als Kulturbotschafter seiner Stadt, des Freistaates Sachsen und der Bundesrepublik Deutschland wurde das Ensemble bereits mit dem Stern der Völkerfreundschaft und dem Kunstpreis der Stadt Leipzig ausgezeichnet.

Auf professionellem Niveau begeisterte das knapp 30-köpfige Laien-Ensemble allein seit dem Jahr 2000 etwa 50.000 Zuhörer in Deutschland, Polen, den USA, Israel, Belgien, Spanien, Portugal, Südafrika, Brasilien, Tschechien und Schweden. Von den letzten 150 Konzerten fand rund ein Drittel im Ausland statt. Besonders eindringlich war dabei ein Auftritt in der zentralen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Israel. Während einer Konzertreise im Jahr 2010 begegneten viele Überlebende dem Ensemble vorerst reserviert, doch während der Konzerte verflogen die Vorurteile im Handumdrehen.

Quelle: Maria Schüritz

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