Monteverdis Version des Orpheus-Mythos ist für viele die erste echte Oper überhaupt. Zweifelsohne ist das 1607 in Mantua uraufgeführte Werk das älteste, das bis heute regelmäßig Einzug in die Spielpläne der großen Häuser findet. Barockexperte Jordi Savall führte den „L’Orfeo“ am Dienstag mit namhaften Solisten, der Capella Relal de Catalunya und dem Concert des Nations konzertant im Gewandhaus auf.

Seit über 50 Jahren interpretiert und erforscht Jordi Savall die Alte Musik, sei es am Pult, sei es als Instrumentalist mit seiner Gambe. Die von ihm vor 30 Jahren gegründete Capella Relal und der Chor Concert des Nations gehören zu den großen Ensembles des Genres.

Trotzdem schaffte es der Katalane nicht, den Großen Saal zu füllen. Wer wollte, bekam für einen der musikalischen Höhepunkte des Bachfests Restkarten zu zehn Euro an der Abendkasse. Im Rang blieben dennoch auffällig viele Plätze leer.

Die Schwäche konzertanter Opernaufführungen sind die fehlenden Bilder. Daran vermochten auch ein Podest im hinteren Teil der Bühne und die großzügige Bewegungsfreiheit, die Savall den Solisten einräumte, nichts zu ändern. Darüber druckte das Bachfest dem Publikum keine deutsche Übersetzung des (übersichtlichen) Librettos ins Programmheft. Was bei den Kantaten, Passionen und der h-Moll-Messe Usus ist, hatten die Veranstalter hier versäumt. Die Autoren begnügten sich mit einer kurzen Inhaltsangabe, die zum Verständnis der Aufführung nur bedingt beitragen konnte.

Wer über keine ausgeprägten Italienischkenntnisse verfügte, konnte sich dennoch an einem herausragenden Konzert erfreuen. Savall, am Pult ein Mann kleiner Gesten, kreierte lebendige Klangfarben, die seine spielwütigen Musiker in den Saal zauberten. Stark die Solisten. Marc Mauillon sang die Orfeo-Rezitative mit seinem breit angelegten Bariton betont lyrisch. Lucia Martin-Cartón betörte das Publikum in den Arien der Euridice mit ihrer sehr spitzen, zarten Sopranstimme.

Die Mezzosopranistinnen Sara Mingardo (Messagiera) und Marianne Beate Kielland (Speranza) interpretierten ihre Partien rundum zufriedenstellend. Antonio Abetes dunkler Bass, gesungen aus dem tiefsten Punkt der Konzertbühne, rundete das harmonische Klangerlebnis wunderbar ab. Insgesamt erfüllte dieser „L’Orfeo“ die Erwartungen des Publikums. Die Mitwirkenden durften sich über langanhaltenden Applaus freuen.

In eigener Sache: Lokaler Journalismus in Leipzig sucht Unterstützer

In eigener Sache (Stand Mai 2017): 450 Freikäufer und weiter gehts

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar