"Im Salzkammergut, da kann man gut lustig sein." In der Musikalischen Komödie steht mit dem Singspiel "Im Weißen Rößl" eine der beliebtesten deutschsprachigen Operetten wieder auf dem Spielplan. Die Neuinszenierung von Volker Vogel weiß mit Spielwitz und Charme zu begeistern.

Kaum zu glauben: Seit 1930 steht das “Rößl” auf den Spielplänen deutscher Operettenbühnen. Ein zeitloser Klassiker, von den Alpen bis zur Nordsee. An die opulente Ausstattung der Erstinszenierung reicht kaum eine Neueinstudierung heran. Setzte Erik Charell, seinerzeit das Markenzeichen des Berliner Unterhaltungsbetriebs, im Großen Schauspielhaus auf große Tanzensembles, einen aufblasbaren Wald und sogar einen echten Autobus, müssen sich die meisten Produktionen heute mit bescheidenen Budgets begnügen. Die MuKo-Bühne fasst obendrein keine künstlichen Berge und auch keinen nachgebauten Gasthof.

Oberspielleiter Volker Vogel und Ausstatter Alexander Mudlagk bedienen sich eines Kniffs, indem sie die Schauplätze zweidimensional auf klappbare Wände malern ließen. Den Rest erledigen Prospekte. Das Setting erscheint dem Zuschauer als aufklappbares Bilderbuch. Passend dazu überzeichnen sie die Figuren bis ins Klischee, arbeiten zudem mit grellen Farbtönen und putzig angeklebten Bärten.
Andreas Rainer darf in der Partie des Oberkellners Leopold nicht nur seinen rührigen Tenor, sondern auch seinen Wiener Schmäh auspacken. Die perfekte Besetzung. Nora Lentner sorgt als schmalzige Wirtin Josepha für Schenkelklopfer, doch ihre Sopranstimme wirkt hier und dort unsicher. Der heimliche Star des Abends ist aber Volker Vogel, der in der Rolle des großkotzigen Kapitalisten Wilhelm Giesecke selbst auf der Bühne steht. Die Freude an Werk und Musik und steht dem gebürtigen Badener ins Gesicht geschrieben, wenn er sich nach Herzenslust durch die Partie berlinert.

Das “Rößl” ist die erste Einstudierung des neuen Ersten Kapellmeisters, Tobias Engeli, mit dem MuKo-Orchester. Ein durchaus anspruchsvoller Job, ist das Werk aus der Feder Ralph Benatzkys mehr musikalisches Allerlei denn Operette. Das Singspiel wartet mit Swing, etwas Jazz und natürlich den allseits bekannten Ohrwürmern auf. Hinzu gesellen sich Walzermelodien und traditionelle Märsche – etwa der Radetzky-Marsch und “O du mein Österreich”. Engeli interpretiert das heitere Potpourri frech bis modern, heiter-ironisch bis poppig. Das kommt an.

Für die traditionelle Lesart des Evergreens ernten die Mitwirkenden nach gut zweieinhalb Stunden viel Applaus. Schade nur, dass der Regisseur gänzlich auf ironische Anspielungen auf das aktuelle Tagesgeschehen verzichtet. Dies lässt sich freilich verschmerzen, wenngleich die Inszenierung deshalb irgendwo in der Zeit steckengeblieben zu sein scheint.

Nächste Vorstellungen: 22.11., 23.11., 25.11., 25.12.

www.oper-leipzig.de/de/programm/im-weien-rossl/54067

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