Im Prozess gegen zwei Helfer des Leipziger Chlorephedrin-Netzwerks sagte am Montag ein weiterer BKA-Ermittler aus. Boris M. (34) war mit der Observation der beiden Angeklagten Armen T. (23) und Lina B. (25) betraut. Außerdem verlas das Gericht einen Brief, den B. aus der Haft an ihre Mutter versandt hatte. Darin äußerte sich die Studentin zu ihren Motiven.

Beide Angeklagte sollen Teil einer Gruppierung um den Armenier Grigori A. (25) sein. Der Armenier, der am Montag die Aussage mit Blick auf seinen noch anstehenden Prozess umfassend verweigerte, soll bei zwei Vietnamesen aus Tschechien vier Kilo Crystal bestellt haben. Als Bezahlung vereinbarte der mutmaßliche Dealer die Übergabe von 20 Kilo Chlorephedrin. Mit der Chemikalie lässt sich die synthetische Designerdroge herstellen. Den Crystal-Grundstoff erwarb A. laut Staatsanwaltschaft über einen Mittelsmann bei dem Leipziger Pharmahändler Peter-Philipp F. (33), der rund vier Tonnen der freiverkäuflichen Substanz aus der Schweiz importiert hatte.

“Wir waren das ganze Verfahren über bestrebt, zu überprüfen, ob es eine legale Verwendung für Chlorephedrin gibt”, berichtete Boris M.. Der Kriminaloberkommissar observierte für das Bundeskriminalamt diesen und andere konspirative Deals, die sich zwischen den Geschäftspartnern abgespielt haben sollen. “Es gab keine.”

Ein Video zeigt, wie Lina B. am 1. Oktober auf dem Parkplatz am Zentralstadion das Chlorephedrin von einem Fahrzeug in ein anderes verlädt. Mit der Chemikalie fuhr die Kurierin zu einem Parkplatz im Ortsteil Burghausen. Weil der Pkw mit der Drogenlieferung auf der A9 in eine Zollkontrolle geriet, kam es an jenem Tag nicht zur Übergabe. Lina B. und ihr Mitangeklagter, der die Kurierfahrt von einem zweiten Fahrzeug aus abgesichert haben soll, wurden nicht auf frischer Tat festgenommen. “Wir waren noch nicht soweit”, erläuterte Boris M. Die Ermittler entschieden sich, das Drogennetzwerk noch einige Wochen im Verborgenen auszuspähen. Außerdem hatten sie eine Vielzahl von Erkenntnissen aus umfangreichen Ermittlungsmaßnahmen zusammenzuführen. Am 5. November klickten die Handschellen.

Nun ist die Studentin gewiss nicht die Drogenkurierin aus dem Bilderbuch. Ein Brief, den das Gericht am Montag verlas, ließ Rückschlüsse auf ihr Motiv zu. “Wir wollten alle Schulden bezahlen”, schrieb sie. Außerdem habe sie die Zahnbehandlung ihrer Mutter finanzieren wollen. Der Plan ging mächtig in die Hose. Wenngleich der Haftbefehl zwischenzeitlich aufgehoben worden ist und sie mit einer milden Bewährungsstrafe rechnen darf, bleibt Lina B. die Erfahrung, rund ein halbes Jahr im Gefängnis verbracht zu haben. Hinzu kommen im Falle einer Verurteilung horrende Verfahrenskosten. Der Prozess wird fortgesetzt.

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