Ein Teilnehmer einer No-Legida-Kundgebung im Februar 2015 ist am Landgericht Leipzig vom Vorwurf der versuchten Körperverletzung und des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte freigesprochen worden. Das Amtsgericht hatte beides als erwiesen angesehen und sein Urteil auf Grundlage jeweils nur eines Zeugen gesprochen.

Für das Amtsgericht war die Sache klar: Paul K. hat am 16. Februar 2015 einen Legida-Teilnehmer, der sich auf dem Weg zur Kundgebung auf dem Augustusplatz befand, getreten und sich später einer Identitätsfeststellung durch Polizisten widersetzt. In der folgenden Woche zeigte er zudem einem der beteiligten Beamten den ausgestreckten Mittelfinger. Den letzteren Vorfall, den der Geschädigte, die Staatsanwaltschaft und das Gericht als Beleidigung einstuften, hatte K. schon während der Verhandlung am Amtsgericht eingeräumt – alle anderen Vorwürfe stritt er jedoch ab. Nach dem Urteil ging der heute 29-Jährige in Berufung. Am Dienstag fand am Landgericht der Prozess statt.

Richterin Gabriele Plewnia-Schmidt vernahm dabei insgesamt sechs Zeugen: zwei Personen, die gemeinsam mit K. gegen Legida protestiert hatten, und vier Polizisten, die nur für die Verhandlung aus Bayreuth und Lübeck anreisten. Die beiden Bekannten schilderten, einen Großteil des Abends gemeinsam mit K. verbracht zu haben und dabei nichts Auffälliges beobachtet zu haben.

Der Polizeibeamte Benedikt B. wiederum hatte K. ebenfalls „die ganze Zeit im Blick“, will dabei aber beobachtet haben, wie er einem Legida-Sympathisanten das Knie gegen das Bein rammte – oder es zumindest versuchte. Anschließend gab er eine Personenbeschreibung an seine Kollegen durch. Auffällig seien vor allem die Statur von K. und dessen Hose in Tarnfarben gewesen. „Das war ein eindeutiges Identifizierungsmerkmal“, schilderte B.

Die anderen Polizisten berichteten davon, wie sie K. in einigen Metern Entfernung ergriffen hätten. Nach Darstellung eines Polizisten wurde K. an den Oberarmen gepackt und auf eine polizeiliche Maßnahme hingewiesen. Daraufhin hätte sich der Angeklagte losgerissen, sei aber kurze Zeit später überwältigt worden. Nach dessen Darstellung wiederum hätte es eine solche Ansprache nicht gegeben. Stattdessen sei er von hinten geschubst worden, zu Boden gegangen und dort festgehalten worden.

Die Äußerungen der Polizisten klopfte Richterin Plewnia-Schmidt beharrlich auf Plausibilität und innerer Überzeugung ab. Das Ergebnis war offenbar nicht ausreichend für eine Verurteilung, denn am Ende stand für den Angeklagten in diesen beiden Punkten ein Freispruch. Ob das Knie wirklich jemanden traf oder nicht einfach nur im Getummel ziellos durch die Gegend sauste, war für das Gericht nicht zu erkennen. Ebenso sei nicht erwiesen, ob K., der die ihn verfolgenden Polizisten offenbar nicht sehen konnte, überhaupt wusste, wer ihn an den Arm griff und festhielt.

So blieb am Ende nur die Beleidigung übrig, die K. 200 Euro kosten wird. Am Amtsgericht war er zu einer Geldstrafe in Höhe von 650 Euro verurteilt worden. Das Urteil am Landgericht ist noch nicht rechtskräftig.

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