Mitte Juli vergangenen Jahres verstarb ein 39-jähriger Mann nach einer gewaltsamen Auseinandersetzung auf der Eisenbahnstraße. Ein Verdächtiger wurde zwar gefasst, die Hintergründe des Geschehens scheinen aber bislang völlig offen. Am Donnerstag begann vor dem Landgericht der Prozess gegen den mutmaßlichen Täter, der seinen Kontrahenten erstochen haben soll. Der 52-Jährige verteidigt sich schweigend.
In der Nacht auf den 14. Juli 2024 erreichte die Leipziger Polizei ein verzweifelter Notruf. Die aufgezeichnete Sequenz wurde am Donnerstag im Leipziger Landgericht abgespielt: „Hier liegt eine Person blutend auf der Straße. Wir brauchen ganz dringend Hilfe. Der blutet aus dem Mund, an den Armen“, ruft eine Frau in die Leitung.
Rätsel um das Tatmotiv
Doch für das Opfer kam jede Hilfe zu spät: Der 39-jährige Albaner verstarb nach Polizeiangaben etwa eine Stunde später trotz medizinischer Sofortmaßnahmen in einer Klinik. Neun Monate danach steht ein Landsmann des Getöteten seit heute wegen Totschlags vor dem Landgericht Leipzig.
Staatsanwältin Vanessa Fink warf dem 52 Jahre alten Luan E. in ihrer Anklageschrift vor, am Tatabend um etwa 23:31 Uhr vor einer Bar in der Eisenbahnstraße mit einer Messerklinge in die Brust des Geschädigten gestochen und ihn so getötet zu haben. Dies sei als Totschlag zu werten. Angaben zu einem möglichen Tatmotiv enthält die Anklage nicht.
Und ob sich daran etwas ändert, bleibt zumindest zweifelhaft, denn zumindest Luan E. nutzt sein Recht, als Angeklagter zu schweigen: „Mein Mandant wird auf meinen Rat hin derzeit keine Angaben machen“, sagte sein Verteidiger Curt-Matthias Engel zum Beginn des Prozesses.
Kritik der Verteidigung
Dafür übte Engel Kritik, dass die Nebenkläger bereits umfassende Einsicht in Ermittlungsakten gehabt hätten: Dies gefährde die Erforschung der Wahrheit und könne auch das Sicherheitsgefühl des Angeklagten beeinträchtigen, so der Verteidiger.
Grundsätzlich gilt eine Akteneinsicht in der rechtlichen Praxis als Abwägungsfrage: So haben Nebenkläger ein berechtigtes Informationsinteresse zu Ermittlungen, andererseits sollen auch Tatverdächtige und deren Familien geschützt werden, etwa vor möglicher Nachstellung oder Vergeltung.
Seitens der Nebenklage-Anwältinnen wurde unter anderem entgegnet, dass es keineswegs unbeschränkte Akteneinsicht für sie gegeben habe.
Zeuge gibt Hinweis an Polizei
Inwieweit die Vorwürfe der Anklage nun aufgehellt werden können, wird der weitere Gang der Gerichtsverhandlung zeigen. Noch am Donnerstag sollten die ersten Zeugen angehört werden.
Am Tag nach der Gewalttat hatte sich bereits ein junger Mann bei der Polizei gemeldet und den Beamten einen Hinweis auf einen Gehstock gefunden, welcher noch vor Ort lag und dem Täter gehören könne.
Das Gericht unter der Vorsitzenden Antje Schiller hat vorerst Verhandlungstermine bis 21. August anberaumt.
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