Im Streit um ein Verbot des politisch rechts eingeordneten Compact-Magazins des Publizisten Jürgen Elsässer hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig am Dienstagmorgen seine Entscheidung verkündet: Das Verbot ist nicht rechtens und damit aufgehoben. Die 6. Kammer unter dem Vorsitzenden Richter Ingo Kraft kippte damit eine Entscheidung des Bundesinnenministeriums unter der damaligen Leitung von Nancy Faeser vor einem Jahr.
Vor fast einem Jahr hatte des Bundesinnenministerium (BMI) das Compact-Magazin des Verlegers Jürgen Elsässer aufgrund rechtsextremer, menschenfeindlicher und verschwörungstheoretischer Narrative verboten: Es sei ein „zentrales Sprachrohr der rechtsextremistischen Szene“ und hätte eine potenziell aufwiegelnde Wirkung gegen die verfassungsmäßige Ordnung, hieß es damals.
Eilentscheid gegen Verbot wurde bestätigt
Die Compact-Magazin GmbH war bereits im Dezember 2021 durch das Bundesamt für Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft worden. Mit dem Erlass des BMI mussten sowohl der Druck des Magazins als auch seine umfassende Online-Aktivität sofort gestoppt werden. Gegründet worden war es 2010, die Auflage soll zuletzt bei 40.000 gelegen haben.

Elsässer ging gegen das Verbot jedoch rechtlich vor und erreichte im August 2024 dessen vorläufige Aussetzung per Eilverfahren. Am Dienstag nun kippte der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig die Entscheidung auch in der Hauptsache: „Der Senat hat es sich in diesem Verfahren wahrlich nicht leicht gemacht“, betonte der Vorsitzende Ingo Kraft in der Begründung des Urteils.
Gericht sieht GmbH als Verein an
Zwar sei entgegen der von Elsässer und seinen Anwälten vorgetragenen Auffassung das Vereinsrecht anwendbar: Schließlich handele es sich bei den Klägern erwiesenermaßen nicht allein um ein Presse- und Medienunternehmen. „Vielmehr verfolgt der maßgebliche Personenzusammenschluss nach seinem eigenen Selbstverständnis eine politische Agenda, organisiert Veranstaltungen sowie Kampagnen und versteht sich als Teil einer Bewegung, für die er auf eine Machtperspektive hinarbeitet“, teilte das BVerwG mit.
Allerdings erfülle der „Elsässer-Kreis“ mit dem Magazin nicht die strengen Voraussetzungen des Sichrichtens gegen die verfassungsmäßige Ordnung als Verbotsgrund, heißt es.
Obwohl sich der Kläger beispielsweise sichtbar mit dem Konzept zur sogenannten Remigration des rechtsextremen Österreichers Martin Sellner identifiziere und dies als Indiz für ein Vereinsverbot gelten könne, seien in der Gesamtabwägung nicht alle Voraussetzungen erfüllt: „Diese Überzeugung hat sich der Senat durch die Sichtung und Würdigung des umfangreichen Materials aus den Compact-Medien und weiteren seitens der Beklagten vorgelegten Unterlagen verschafft. Dabei war bei der Deutung von Äußerungen zum Schutz der der Klägerin zustehenden Meinungsfreiheit die Bandbreite möglicher Aussagegehalte zu berücksichtigen.“
Problematische Äußerungen laut Senat „nicht prägend“
Während der zwei Prozesstage am Bundesverwaltungsgericht stritten sich Elsässer und seine Anwälte mit den Vertretern des Ministeriums im Kern kontrovers um die Grundsatzfrage, inwieweit die Meinungs- und Pressefreiheit noch für einzelne Äußerungen des Magazins zum Schutz herangezogen werden kann. Das BMI hatte im Verfahren Belegstellen auf 243 Seiten vorgelegt, welche als verfassungsfeindlich, teils rassistisch und antisemitisch gelten müssten.
Auch der Senat erkannte eine Reihe an verbotsrelevanten Äußerungen und Aktivitäten, die allerdings noch nicht prägend für die Vereinigung als Ganzes seien. So ließe sich eine Vielzahl an Belegstellen aus dem Magazin auch als überspitzte und polemische, aber rechtlich zulässige Kritik an der staatlichen Migrationspolitik lesen. Zudem gäbe es auch andere Themen wie den Ukrainekrieg und die Corona-Maßnahmen, die als zugespitzte Machtkritik unter den Schutz der Meinungsfreiheit fielen.
Senat weist Darstellung Elsässers zurück
Elsässer und dessen Ehefrau Stephanie hatten während des Prozesses einen Vereinscharakter der GmbH bestritten. Im Gegenteil stellte sich der 68-jährige Elsässer als „Diktator“ dar, der faktisch im Alleingang befehligt habe. Auch sei das Magazin hinsichtlich der Autoren breit aufgestellt und insgesamt nicht rechts oder rechtsextrem. Mit Bezug auf sein Verhältnis zu Martin Sellner schätze er diesen zwar persönlich, teile aber dessen Auffassung zur „Remigration“ nicht, sagte Elsässer.
Der Senat hielt dem eine ganze Reihe an Belegstellen entgegen, in denen Sellner und seine Strategien bewundert und verharmlost würden. Auch gäbe es personelle Überschneidungen, etwa zwischen dem Compact-TV-Chef und der „Identitären Bewegung“ oder in Form eines Autors, der als Pressesprecher der Partei „Die Heimat“ (früher: NPD) fungiere.
Insofern würden Fundstellen aus dem Magazin, die das „Remigrationskonzept“ zur massenhaften Auswanderung von Menschen aus Deutschland unter Zwang unterstützten, auch eine gemeinsame Vorstellungswelt des Personenkreises um Elsässer belegen. Gegenteilige Beteuerungen im Verfahren seien als bloße Prozesstaktik zu werten.
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