Da kannte André Schollbach, Landtagsabgeordneter der Linken, nichts: Wenn schon über einen mit 4 Millionen sächsischen Euro gesponserten Katholikentag in Leipzig diskutiert wird, dann müssen auch die anderen staatlichen Fördergelder für Sachsens große Kirchen auf den Tisch. Vier Anfragen stellte er dazu. Und kann nun feststellen: Die Staatsleistungen des Freistaates Sachsen an die Katholische Kirche und die Evangelischen Kirchen haben im Jahr 2014 ein Rekordniveau erreicht.

Seit der erstmaligen Zahlung von Staatsleistungen an die Kirchen in Sachsen im Jahr 1993 haben sich die jährlichen Zahlungen nahezu verdoppelt. Damals bekamen die Evangelischen Kirchen 25 Millionen DM (12.782.297,03 Euro) und die Katholische Kirche 1 Million DM (511.291,88 Euro).

Im Jahr 2014 die Evangelischen Kirchen nun nach Auskunft der zuständigen Ministerin Brunhild Kurth 22.894.987,23 Euro (Jahr 2013: 21.717.386,20 Euro) und die Katholische Kirche 915.799,41 Euro (Jahr 2013: 868.695,32 Euro) aus dem Staatssäckel.

„Die massive Finanzierung der Kirchen durch den Freistaat Sachsen ist kritisch zu betrachten. Denn indem der Staat einen wesentlichen Teil der Kirchenfinanzen bereitstellt, wird die verfassungsrechtlich garantierte Trennung von Staat und Kirche ausgehöhlt”, erklärt Schollbach dazu. “Weiterhin fehlt es der öffentlichen Hand vielfach an notwendigen Geldern zur Erfüllung sozialer und kultureller Aufgaben. Gleichzeitig werden aber unhinterfragt Jahr für Jahr enorme Summen an die Kirchen gegeben. Daher bedarf es einer kritischen Prüfung der staatlichen Kirchenfinanzierung.“

Zu bemerken ist, das diese Staatsleistungen nicht alles sind, was die beiden christlichen Kirchen in Sachsen an Subventionen und Förderungen erhalten – dazu kommen die Kirchensteuern, die einen wesentlich größeren Beitrag zur Kirchenfinanzierung leisten. Die Staatsleistungen gehen noch auf eine gesetzliche Regelung der Weimarer Republik aus dem Jahr 1919 zurück. Seit damals aber steht auch die (endgültige) Ablösung dieser Staatsleistungen im Raum, wobei sich die Staatsrechtler streiten, ob diese Leistungen durch die seither erfolgten Zahlungen schon abgegolten sind oder noch eine Einmalzahlung notwendig ist, um die Ablösung zu vollenden.

Deutschlandweit werden jährlich rund 460 Millionen Euro an Staatsleistungen an die beiden Kirchen gezahlt. Im Freistaat Sachsen hat sich das Ganze im Lauf der 22 Jahre, die diese Staatsleistungen gezahlt wird, schon zu einem erheblichen Sümmchen addiert, wie André Schollbach nun aus den Anfragen zu den Jahresschreiben seit 1993 ersehen kann.

So hat der Freistaat Sachsen von 1993 bis 2014 insgesamt 403.180.331,28 Euro an die Kirchen gezahlt – 403 Millionen Euro. So erhielten die Evangelischen Kirchen insgesamt 387.673.395,65 Euro und die Katholische Kirche insgesamt 15.506.953,63 Euro aus der Staatskasse.

Die Die Zahlungen an die Evangelische Kirche 1993 bis 2013 als pdf zum Download.

Die Die Zahlung an die Evangelische Kirche 2014 als pdf zum Download.

Die Die Zahlungen an die Katholische Kirche 1993 bis 2013 als pdf zum Download.

Die Die Zahlung an die Katholische Kirche 2014 als pdf zum Download.

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Es gibt 5 Kommentare

Hallo Herr Julke,
nun haben Sie mich gezwungen, mich doch etwas mit der Finanzierung der Kirchen zu beschäftigen. Das habe ich im Schnelldurchlauf getan. Eine recht komplizierte Thematik, da die Ansprüche oftmals sogar aus früheren Jahrhunderten resultieren.

“Im Jahr 2014 die Evangelischen Kirchen nun nach Auskunft der zuständigen Ministerin Brunhild Kurth 22.894.987,23 Euro (Jahr 2013: 21.717.386,20 Euro) und die Katholische Kirche 915.799,41 Euro (Jahr 2013: 868.695,32 Euro) aus dem Staatssäckel.”

Hier sind tatsächlich nur die Zuschüsse aus dem Staatssäckel gemeint. Es gibt scheinbar noch eine große Anzahl weiterer Fördertöpfe (z.B. Lottomittel). Was die Kirchen tatsächlich erhalten bzw. erhalten haben , ist demzufolge nur aus deren Buchhaltung ersichtlich.

Nun ist das bei Geldbeträgen eine verrückte Sache. Einer findet sie zu hoch, ein anderer zu niedrig, für einen dritten sind es Almosen und für einen vierten ist es Geldverschwendung. Nach meinen wenigen Recherchen handel es sich bei diesen rd. 24,0 Mio. € vorwiegend um Zuschüsse für die Sanierung von Kirchen bzw. als Investitionszuschüsse für Krankenhäuser, Pflegeheime u.s.w. Der überwiegende Teil wird wahrscheinlich die Sanierung von Kirchen betreffen. Wenn Besucher aus aller Welt nach Sachsen kommen, dann sind die Kirchen in Dresden und Leipzig oftmals fester Bestandteil des Besuchsprogramms. Damit verbunden sind für die Kirchen sicher recht ansprechende Spendengelder, die im Kirchenbeutel landen. Der überwiegende Teil des Geldes, welches die Besucher verkonsumieren, kommt jedoch vielen anderen Gewerben zu gute (Hotels, Einzelhandel). Ein Teil davon wiederum fließt als Steuern an die Haushalte zurück. Ist es da nicht gerechtfertigt, dass auch die Kirchen davon etwas ab bekommen? Mir war diese Höhe der Zahlungen an die Kirchen nicht bekannt. Für mich sind diese Beträge angemessen. Es bedarf tatsächlich riesiger Beträge um die Kirchen in Schuss zu halten. auch wenn einige für die Ewigkeit gebaut sind. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass gerade in den neuen Bundesländern bei der Sanierung von Kirchen ein großer Nachholebedarf vorhanden ist. Damit beziehe ich mich lediglich auf die sogenannte Leuchttürme. Von den Rest der Kirchen ganz zu schweigen.

Was die Bemerkung von JG betrifft kurze Hinweise. Ein Vermögen setzt sich aus mehreren Positionen zusammen, was beispielsweise Ländereien (also Grund und Boden) sein können. Auch ein Millionär hat meines Wissens Anspruch auf Kindergeld. Weshalb solle also die Kirchen keine Anspruch auf Zuschüsse haben?

27 Diözesen gibt es in Deutschland.
Von Augsburg, Rottenburg, Freiburg, Würzburg oder auch von Dresden-Meißen, gibt es leider noch keine Zahlen.
Aber die Diözese Köln, die sprach Klartextet.
Allein sie hat ein Vermögen von 3,3 Milliarden Euro.
Ich weiß, jetzt einfach mal 27 wäre falsch, aber die Größenordnung wird klar und es wird dem dümmsten klar, dass der Staat seine Zuwendungen gefälligst anders als bisher auszurichten hat.
Das bisherige Vorgehen brauch eine STOP!

Dass Sie sich da mal nicht täuschen, lieber Herr Pötzsch,

diese Gelder gibt’s alle extra vom Staat. Die Kirchen werden hier genauso behandelt wie alle anderen freien Träger auch.

Wenn etwa über Freie Schulen debattiert wird, sind auch immer die Schulen in freier Trägerschaft derf Kirchen gemeint.

Krankenhäuser finanzieren sich über Krankenkassenbeiträge plus Landesgelder. Auch die kirchlichen. Pflegeheime und Kinderheime genau dasseelbe.

Wenn Sie mal Lust und Zeit haben, können Sie ja diese ganzen Gelder mal zusammenrechnen.

Mein Tipp: Sie landen im mindestens einstelligen Milliardenbereich.

Ich habe mich mich mit dieser Problematik noch nicht weiter beschäftigt.

“Die massive Finanzierung der Kirchen durch den Freistaat Sachsen ist kritisch zu betrachten. Denn indem der Staat einen wesentlichen Teil der Kirchenfinanzen bereitstellt, wird die verfassungsrechtlich garantierte Trennung von Staat und Kirche ausgehöhlt”, erklärt Schollbach dazu.”

Diese Bemerkungen sind mir zu vorschnell. Man muss sich erst einmal konkret damit befassen, was sich hinter diesen Ausgaben verbirgt. Meines Wissens wird es sich dabei zu einem großen Teil um Ausgaben handeln, die ebenfalls der Daseinsfürsorge zuzurechnen sind, die jedoch nicht vom Staat sondern von den Kirchen erbracht werden, Auf die Schnelle fallen mir dabei kirchliche Krankenhäuser, Kindergärten, Pflegeheime, Schulen, Kinderheime und Einrichtungen zur Freizeitbetreuung von Jugendlichen ein.

Schreiben Sie einen Kommentar