Die Staatsanwaltschaft Leipzig hat die Ermittlungen gegen zahlreiche Teilnehmer einer Sitzblockade am 2. Mai dieses Jahres eingestellt. Dies betrifft jedoch nicht alle – mindestens eine Person hat kürzlich eine Vorladung der Polizei erhalten, weitere werden wohl folgen. Unterdessen klagt die antifaschistische Kampagne „A monday without you“ vor dem Verwaltungsgericht – sie möchte am kommenden Montag in der Nähe der Kanzlei des Rechtsanwalts Arndt Hohnstädter eine Kundgebung abhalten.

Die Staatsanwaltschaft Leipzig hat die Ermittlungen gegen zahlreiche Teilnehmer einer Sitzblockade am 2. Mai dieses Jahres eingestellt. Davon berichten Betroffene, die in den vergangenen Tagen ein entsprechendes Schreiben erhalten haben. Die Staatsanwaltschaft bestätigte den Sachverhalt auf Anfrage und stützt sich dabei auf Paragraph 153 der Strafprozessordnung, wonach von der Verfolgung abgesehen werden kann, „wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht“.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft betrifft dies etwa zwei Drittel der 160 Fälle. Das Ordnungsamt muss nun prüfen, ob bei diesen Personen zumindest eine Ordnungswidrigkeit vorliegt. Zu den Gründen der Einstellung heißt es: „Maßgeblich in diesen eingestellten Verfahren war, dass sich zwar der strafrechtliche Vorwurf des Verstoßes gegen Paragraph 22 des sächsischen Versammlungsgesetzes durch das Errichten einer Verhinderungsblockade und die damit erzwungenen Streckenveränderungen bestätigt hat, im Rahmen einer einzelfallbezogenen Prüfung unter Berücksichtigung der bisherigen Straffreiheit beziehungsweise geringen strafrechtlichen Vorbelastung der Beschuldigten und der Schwere der durch diese hervorgerufenen Einwirkungen auf die Durchführung des Legida-Aufzugs die Schuld dieser Beschuldigten nach Auffassung der Staatsanwaltschaft insgesamt noch als gering anzusehen und eine strafrechtliche Ahndung auch unter Berücksichtigung des insoweit zu prüfenden öffentlichen Interesses noch nicht geboten war.“

Am 2. Mai war es aus einem Aufzug von „Leipzig nimmt Platz“ heraus zu einer Sitzblockade auf dem Martin-Luther-Ring gekommen. Mehrere hundert Menschen besetzten damals beidseitig die am späteren Abend für Legida vorgesehene Route. Das Ordnungsamt erlaubte jedoch lediglich eine Spontanversammlung auf der inneren Seite des Rings. Die Polizei nahm daraufhin von 160 Personen, die sich auf der äußeren Seite befanden, die Personalien auf. Da Legida über eine Seitenstraße an der Sitzblockade vorbeigeführt werden konnte, gab es bereits damals Kritik am Vorgehen von Polizei und Staatsanwaltschaft.

18:15 Uhr bei NoLegida auf dem Augustusplatz: Jürgen Kasek zeigt sich empört über Neonazi-Gewalt in Plauen. Foto: L-IZ.de
Rechtsanwalt Jürgen Kasek berät Teilnehmer der Sitzblockade. Foto: L-IZ.de

In etwa einem Drittel der Fälle laufen die Ermittlungen gegen Teilnehmer der Sitzblockade weiter. In einer der L-IZ vorliegenden Vorladung der Polizeidirektion Leipzig heißt es, dass der betroffenen Person eine Rechtsverletzung vorgeworfen werde: Beteiligung an einer Sitzblockade. Es sei beabsichtigt, sie „zum Tatvorwurf zu vernehmen beziehungsweise anzuhören“. Staatsanwältin Jana Friedrich erklärt hierzu: „Ob und – wenn ja – in welchem Umfang gegen diese Beschuldigten eine Verfahrenseinstellung in Betracht kommt oder die Erhebung der öffentlichen Klage angezeigt ist, wird im Ergebnis einer jeweils erfolgenden Einzelprüfung beurteilt werden.“

Dass in der Vorladung der Polizei keine konkrete Straftat benannt wird, ist laut Rechtsanwalt und No-Legida-Aktivist Jürgen Kasek „unüblich, aber zulässig“. Er rät dazu, bei der Polizei keine Angaben zu machen und stattdessen den sogenannten Ermittlungsausschuss im „Linxxnet“ aufzusuchen. In jenen Fällen, in denen die Ermittlungen eingestellt wurden, sei nun mit einem Schreiben des Ordnungsamtes zu rechnen. Ein mögliches Bußgeld wegen unerlaubter Ansammlung könnte laut Kasek etwas mehr als 100 Euro betragen. Um dieses zu verhängen, müsse den Teilnehmern der Sitzblockade jedoch nachgewiesen werden, dass sie dreimal dazu aufgefordert wurden, den Ort zu verlassen. „Das wird schwierig“, vermutet Kasek.

Einen Rechtsstreit gibt es derweil auch rund um die Demonstration der antifaschistischen Kampagne „A monday without you“. Diese möchte am kommenden Montag – anlässlich der Legida-Kundgebung, die diesmal vor dem Naturkundemuseum stattfinden soll – erneut rechte Akteure und Netzwerke aufzeigen und dabei Szeneanwalt Arndt Hohnstädter ins Visier nehmen. Dieser vertritt vor Gericht unter anderem NPD-Funktionäre und Legida.

Auch Rechtsanwalt Arndt Hohnstädter ist unter den Teilnehmern. Foto:L-IZ.de
Noch immer eng mit Legida verbunden: Rechtsanwalt Hohnstädter (bis März 2016, mit Austragung lt. Vereinsregister im Mai 2016, Vorstandsmitglied bei Legida), hier auf der Kothaufen-Demo im April. Foto: L-IZ.de

Ursprünglich wollte die Initiative, deren Demo um 18 Uhr im Rabet beginnen soll, eine Zwischenkundgebung vor Hohnstädters Kanzlei in der Stephanstraße abhalten. Nach eigenen Angaben ist dies jedoch von der Versammlungsbehörde verboten worden. Das Ordnungsamt dementiert: „Einer Änderung der Routenführung einschließlich der Örtlichkeit der Zwischenkundgebung in Entfernung zu der in Rede stehenden Kanzlei stimmte die Anmelderin im stattgefundenen Kooperationsgespräch zunächst zu.“

Laut Aussage einer Kampagnensprecherin hat man zwei Standorte fĂĽr eine Zwischenkundgebung vorgeschlagen, die sich jeweils etwa 100 Meter von der Kanzlei entfernt befinden sollen. Dies habe das Ordnungsamt jedoch abgelehnt. Stattdessen sei lediglich eine Zwischenkundgebung auf dem mehrere hundert Meter entfernten Johannisplatz erlaubt worden. Gegen diese Entscheidung ist die Initiative nun vor das Verwaltungsgericht Leipzig gezogen. Mit einer Entscheidung sei noch im Laufe des Tages zu rechnen. Aus Kreisen der Antifa-Kampagne war mittlerweile zu vernehmen, dass man sich offenbar mit der Stadt auĂźergerichtlich geeinigt hat: Demzufolge soll die Zwischenkundgebung auf der Kreuzung Stephan-/BrĂĽderstraĂźe stattfinden.

Direkt vor Hohnstädters Kanzlei ist zudem eine weitere Kundgebung angemeldet – diese jedoch aus Solidarität zu dem Rechtsanwalt. Das Motto der Kundgebung lautet: „Demokratischer Spaziergang gegen Behördenwillkür und inzestuöse Beziehungen zwischen sächsischer Justiz und Antifa“.

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Es gibt 2 Kommentare

Die inzestuösen Beziehungen zwische sächsischer Justiz und Antifa sind ein feuchter Traum der Rechten, ein angstschweißfeuchter Alptraum.
Denn wenn man mal so die Fälle anschaut wie mit Linken verfahren wird, ich sag da nur Pfarrer König!!!, und dann den Kuschelkurs Rechts betrachtet, dann hat jemand die Beseutung des Wortes inzestuös nicht kapiert.

“… inzestuöse Beziehungen zwischen sächsischer Justiz und Antifa“

Echt jetzt?
Gibts bei denen denn wirklich niemanden, der wenigstens halbwegs Intelligenz vortäuschen kann?

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