Im Kommentar zu unserem Artikel Heile Welten, fehlende Gefühle und Menschen im effizienten Rattenmodus meinte „Leolo“, wir sollten doch auch einmal die Moschee in der Roscherstraße und ihren gestiegenen Zulauf thematisieren. Das würde in den Medien viel zu selten geschehen.

Genauer schrieb er: „Aber man muss ja nur mal in die Leipziger Roscherstraße gehen, um zu sehen, wie viele Flüchtlinge die dortige Moschee als eine Art ‚Heimatort‘ betrachten, obwohl und zum Teil wohl auch gerade weil dort alles gelehrt wird nur nicht Friede, Toleranz und Gleichberechtigung. Aber dazu liest man zu selten etwas – nur auf den einschlägigen rechtskonservativen Seiten, aber das ist (mir) zu wenig.“

Wobei schwierig ist, das Wort Heimatort hier in Gänsefüßchen zu setzen. Denn das würde unterstellen, dass die dort anzutreffenden Muslime eben nicht gläubig sind, sondern sich aus anderen Gründen treffen. Das ist nun leider ein Generalverdacht. Den wir auch nicht teilen. Im Gegenteil: Wenn so viele Menschen aus eindeutig muslimischen Ländern Zuflucht in Sachsen finden, kann man davon ausgehen, dass die Gläubigen auch bald nach einer Moschee und einer Gemeinde suchen, wo sie Anschluss finden können.

Und so viele Moscheen und Gemeinden gibt es in Leipzig nicht. Es ist also nachvollziehbar, dass auch in der Al Rahman Moschee in der Roscherstraße die Besucherzahlen steigen.

Die Moschee steht unter Beobachtung des Sächsischen Verfassungsschutzes. Aber nicht, weil sich hier gläubige Muslime zum Gebet versammeln, sondern weil hier der Schwerpunkt der sächsischen Salafisten ist. Das differenziert der Verfassungsschutz in seinem „Verfassungsschutzbericht 2017“ dann auch entsprechend. Mit der Zuwanderung aus arabischen Ländern ist zwar nach Einschätzung der Verfassungsschützer das islamistische Potenzial in Sachsen von 190 Personen im Jahr 2013 auf 390 Personen im Jahr 2017 gestiegen. Darunter sind aber auch noch Anhänger anderer islamistischer Strömungen, hauptsächlich mit Schwerpunkt in Dresden.

Rund 200 Personen rechnet der Verfassungsschutz dem salafistischen Personenpotenzial in Sachsen zu.

„Den Schwerpunkt salafistischer Bestrebungen in Sachsen bildet seit Jahren der Verein islamische Gemeinde in Sachsen – Al-Rahman-Moschee e. v . Die Anzahl der Besucher in der Al-Rahman-Moschee zum Freitagsgebet belief sich im Jahr 2017 regelmäßig auf bis zu etwa 1.000 Personen, nachdem sie in den Jahren 2015 und 2016 im Zuge der Migrationsströme stark angestiegen war. Es gehören jedoch nicht sämtliche Besucher dem salafistischen Personenpotenzial an“, heißt es im Verfassungsschutzbericht.

„Der Imam dieser Einrichtung, Hassan Dabbagh, ist ein überregional bekannter Vertreter des politischen Salafismus in Deutschland. In dieser Funktion verbreitet er die salafistische Ideologie, u.a. mittels der Freitagspredigten und dem wöchentlich mehrfach stattfindenden Unterricht. Auch Vortragsveranstaltungen und Seminare, die Dabbagh im Jahr 2017 als Referent in salafistischen Moscheen, u. a. in der El-Salam-Moschee in München und As-Sahaba-Moschee in Berlin, bestritt, wurden hierfür genutzt.“

Das Agieren Dabbaghs wird vom Verfassungsschutz augenscheinlich recht aufmerksam verfolgt. Was er auch begründet: „Auch wenn Dabbagh in seinen Äußerungen nicht explizit zur Gewalt aufruft, sind diese jedoch geeignet, eine Spaltung der Gesellschaft zu fördern, zur Bildung von Parallelgesellschaften außerhalb der freiheitlichen demokratischen Grundordnung beizutragen sowie mittelbar Hass und Gewalt zu schüren.“

Was auch schon zu einigen Streitfällen führte.

„Im Jahr 2017 wurde zudem ein seit Jahren andauernder Rechtstreit zwischen dem Verein Islamische Gemeinde in Sachsen – Al-Rahman-Moschee e. v . und dem Freistaat Sachsen beendet. Das Klagebegehren beinhaltete die Streichung von Ausführungen zum Verein und dem dort tätigen Imam Hassan Dabbagh im Sächsischen Verfassungsschutzbericht 2014 sowie die Unterlassung der Verbreitung dieser Passagen in gedruckter Form und im Internet.

Die Klage wurde vom Verwaltungsgericht Dresden mit Urteil vom 29. März 2017 abgewiesen, die Berichterstattung im Verfassungsschutzbericht damit für rechtens erklärt. Das Urteil ist rechtskräftig. Darin wurde ausgeführt, dass die Darstellung des Klägers zu den religiösen Lehren des Koran im Verfassungsschutzbericht keineswegs falsch interpretiert worden sei. Dabbagh selbst habe vor einer Anpassung an die pluralistische demokratische Gesellschaft gewarnt, die Vielehe befürwortet und außerdem gemahnt, man dürfe von der salafistischen Lebensweise nicht abweichen.“

Und auch die Stadt Leipzig hatte ihre Auseinandersetzung mit der Gemeinde.

„Um eine Indoktrinierung von Kindern mit salafistischem Gedankengut soweit möglich zu verhindern, wurde dem Betrieb einer Kindertagesstätte im Gebäude der Al-Rahman-Moschee seitens der zuständigen Behörden die Genehmigung versagt, wogegen der Antragsteller/Betreiber – eine Unternehmensgesellschaft, vertreten durch Hassan Dabbagh – den Klageweg beschritt. Das Verwaltungsgericht Leipzig kam im Jahr 2016 zu dem Schluss, dass die Versagung der Betriebserlaubnis im Jahr 2014 rechtmäßig gewesen sei. Die durch den Kläger hiergegen eingelegte Berufung beim Oberverwaltungsgericht Bautzen (OVG) wurde mit Beschluss vom 21. August 2017 nicht zugelassen.“

Aber nur, um das Bedrohungspotenzial durch Islamisten richtig einzuschätzen: Mit geschätzten 390 ist die Zahl zwar gewachsen. Aber das Potenzial von durchaus gewaltbereiten Rechtsextremen schätzt der Verfassungsschutz auf 2.600 Personen in Sachsen ein. Die – wie wir nun in Chemnitz sehen konnten – leicht mobilisierbar sind.

Mit den Reichsbürgern kommen noch einmal 1.300 nicht ungefährliche Personen hinzu.

Bei den Linksextremisten kommt der Verfassungsschutz auf knapp 800 Personen.

Selbst wenn man also annimmt, dass alle 200 vom Verfassungsschutz als gefährlich eingestuften Salafisten in die Al-Rahman-Moschee gehen, wird die Mehrheit der dort angebundenen Gläubigen auch von den Verfassungsschützern als friedlich eingestuft.

Die Zahl der dorthin pilgernden Personen ist also kein Indiz dafür, dass eine gefährlichere Lage entstanden ist. Aber im Verfassungsschutzbericht führt die Landesbehörde viele Gründe dafür an, die Sache weiter zu beobachten und darüber zu berichten.

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