Die Gewerkschaft ver.di ruft am Mittwoch, den 21. Oktober, erneut zu Warnstreiks im öffentlichen Dienst auf. Einen Tag vor der dritten Tarifverhandlungsrunde zwischen der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) und Gewerkschaften, die am Donnerstag und Freitag in Potsdam stattfinden soll, sind Beschäftigte in Kitas, Sparkassen, bei der Stadtreinigung, in der Stadtverwaltung, in Musikschulen und Co. angehalten, ihre Arbeit niederzulegen.

Die erneuten Streiks seien „ein Zeichen an die Arbeitgebervertreter aus Bund und Kommunen, das vorgelegte Angebot einer gründlichen Prüfung zu unterziehen“, so Sebastian Viecenz, ver.di-Bezirksgeschäftsführer für die Leipziger Region. Im Vorfeld zur Verhandlungsrunde am 22. Und 23. Oktober hatten die VKA und das Bundesinnenministerium den Gewerkschaften ein Angebot vorgelegt.

Darin wurden eine dreistufige Erhöhung der Entgelte um schlussendlich 3,5 Prozent über 36 Monate, eine Corona-Sonderzahlung von 300 € sowie die Verringerung der Arbeitszeit im Tarifgebiet Ost auf 39 Wochenstunden bis 2024 angeboten. Außerdem sollen Beschäftigte in Krankenhäusern und Pflege- und Betreuungseinrichtungen eine monatliche Zulage von 50 € erhalten.

„Angebot der Arbeitgeber – dreist, respektlos, provokant. Mehr Ausdruck fehlender Wertschätzung geht nicht!“, kommentiert der Leipziger Bezirksverband der Gewerkschaft das vorgelegte Angebot auf Instagram.

Ver.di setzt sich ein für die Erhöhung der monatlichen Entgelte um 4,8 Prozent, mindestens aber 150 Euro. Dies soll vor allem den Beschäftigten in niedrigen Einkommensgruppen zugutekommen. „Sie verdienen so wenig, dass sie ihr Gehalt aufstocken oder Nebenjobs annehmen müssen, um ihre Familie zu ernähren. Das muss sich dringend ändern“, so die Gewerkschaft. Weiterhin fordern die Gewerkschafter/-innen die Entgelterhöhung für Auszubildende und Studierende und Praktikant/-innen um 100 € monatlich. Für beide Forderungen soll jeweils eine Laufzeit von 12 Monaten gelten.

Der dritte Punkt, für den die Beschäftigten kämpfen, ist die Angleichung der Arbeitszeiten zwischen Ost und West. Auch 30 Jahre nach der Vereinigung Deutschlands gelten in den neuen Bundesländern Wochenarbeitszeiten von 40 Stunden, während im Westen 39 Wochenstunden veranschlagt sind. „Wir sagen: das geht gar nicht. Und fordern in den Tarifverhandlungen: Diese Ungleichheit der Arbeitszeiten muss endlich beendet werden. Doch die Arbeitgeber wollen das erst 2025 verwirklichen. Genau dagegen gehen die Beschäftigten jetzt auch auf die Straße!“, erklärt die Gewerkschaft.

Bereits in der vergangenen Woche fanden Warnstreiks im öffentlichen Dienst in Leipzig und etlichen anderen Regionen Deutschlands statt. Am Freitagmorgen hatten sich zahlreiche Menschen am Leipziger Völkerschlachtdenkmal zu einer Kundgebung eingefunden. Am Donnerstag, den 15. Oktober, hatten schon die Beschäftigten der hiesigen Verkehrsbetriebe die Arbeit niedergelegt. Bis 19 Uhr herrschte gähnende Leere auf den Anzeigetafeln von Leipzigs Bussen und Bahnen. Zwei Wochen zuvor streikten die Mitarbeiter/-innen der LVB bereits einen halben Tag lang.

Auch am 21. Oktober wird bundesweit gestreikt. Insgesamt 300 Aktionen sollen die Forderungen der Gewerkschaft verstärken. Zwischen 11 und 14 Uhr wird der Streiktag auch im Livestream dokumentiert. In Leipzig treffen sich die Beteiligten um 9 Uhr im Streikzelt am Volkshaus auf der Karl-Liebknecht-Straße zur Streikversammlung unter freiem Himmel.

In der Aufforderung zum Streik wies der ver.di-Landesverband für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gesondert darauf hin, dass der Aufruf an die Beschäftigten der Stadtverwaltung auch deren nachgeordnete Einrichtungen, wie Horte, Schulen und Kitas gelte. Welche Leipziger Kindertagesstätten und Horte geschlossen oder nur eingeschränkt geöffnet sind, ist hier nachzulesen

Wie ver.di beschreibt, hatten die Gewerkschaften die für den Herbst angesetzten Tarifverhandlungen zunächst aufgrund der Geschehnisse im Frühjahr rund um Corona auf das Jahr 2021 verschieben wollen. Die Arbeitgeberverbände hätten sich jedoch dagegen ausgesprochen; mit Berechnung, wie ver.di vermutet. „Das Kalkül: Die Beschäftigten werden mitten in der Pandemie nicht für ihre berechtigten Forderungen kämpfen. Die Chance, möglichst billig bei langer Laufzeit abzuschließen so die Gewerkschafter/-innen. Außerdem wird die Vorgehensweise der VKA kritisiert, die auch nach zwei Verhandlungsrunden kein Angebot vorgelegt hatten.

Wenn zurückgeklatscht wird: Die Systemrelevanten im Streik

Wenn zurückgeklatscht wird: Die Systemrelevanten im Streik + Video

Nächste Station: Streik! Beschäftigte der Verkehrsbetriebe legen mit Beginn der Frühschicht die Arbeit nieder

Nächste Station: Streik! Beschäftigte der Verkehrsbetriebe legen mit Beginn der Frühschicht die Arbeit nieder

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Es gibt 3 Kommentare

Busfahrer, die für das Busunternehmen Ryobi in Okayama (Japan) arbeiten, weigerten sich während eines Streits über die Arbeitsplatzsicherheit, Fahrpreise von Fahrgästen zu nehmen.
src: theguardian.com/cities/2018/may/11/no-ticket-to-ride-japanese-bus-drivers-strike-by-giving-free-rides-okayama

Ich bin im Wortsinne auch selbstständig. Und weiß, wie es ist, jeden Tag das eigene Geld verdienen zu wollen und zu müssen. Ich lebe aber auch davon, dass eine Bahn fährt, im Krankenhaus jemand für mich da ist, der Müll abgeholt wird und Kinder in Kitas und Schulen hoffentlich etwas lernen.

Im Zweifel habe ich also nichts dagegen, dass sich ein Gewerkschaftsfunktionär auf seine Arbeit konzentrieren kann und diese möglichst ohne Bestechlichkeit tut. Was also ist die Frage, Detlev?

Ver.di kann leicht fordern, die müssen es ja nicht bezahlen.
Was verdient man eigentlich, wenn man bei der Gewerkschaft angestellt ist? Und ich meine natürlich nicht die Bosse.

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