Die Revolution fällt aus – mal wieder. Nachdem die neonazistische „Neue Stärke Partei“ (NSP) im vergangenen Jahr einen „revolutionären 1. Mai 2023“ in Leipzig angekündigt hatte, ist mittlerweile klar, dass diese Demonstration nicht stattfinden wird. Das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ möchte trotzdem in Bereitschaft bleiben. Zudem wollen DGB, rechtsoffene Friedensaktivist*innen und kommunistische Gruppen am „Tag der Arbeit“ auf die Straße gehen.

Noch im Januar hatte das sächsische Innenministerium auf eine Kleine Anfrage der Landtagsabgeordneten Kerstin Köditz (Linke) geantwortet, dass für den 1. Mai in Leipzig ein Aufzug der NSP geplant sei. Dieser sollte unter dem Motto „Kein Frieden mit System und Kapital“ stehen.

Nun hat die Stadt Leipzig auf Anfrage der Leipziger Zeitung (LZ) bestätigt, dass die Versammlung abgesagt wurde. Dies sei bereits am 8. März geschehen. Die Anzeichen für eine Absage hatten sich in den vergangenen Monaten verdichtet.

Turbulenzen bei der NS-Partei

Zum einen teilte die erst im vergangenen November gewählte Bundesvorsitzende Sara Storch im Februar mit, dass sie aus der Partei austrete und die Abteilung in Leipzig geschlossen werde; zum anderen kündigte die NSP kürzlich für den 1. Mai eine Demonstration in Rostock an. Dass eine solche Kleinstpartei mit wenigen Mitgliedern zwei Demonstrationen parallel durchführen möchte, war unwahrscheinlich.

In Leipzig war die NSP im vergangenen Jahr mehrmals bei Demonstrationen in Erscheinung getreten, die dem „Querdenken“-Milieu zuzurechnen sind. Laut Sächsischem Innenministerium bestand die lokale Abteilung aus etwa zehn Personen. Diese Einschätzung dürfte vor allem auf Beobachtungen bei Demonstrationen beruhen, wo sich eine solche Anzahl der teils mit Parteilogo auftretenden Gruppe zuordnen ließ.

Antifaschist*innen sagen geplante Demos vorerst nicht ab

Gegen die ursprünglich geplante Demonstration in Leipzig hatte das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ sechs Versammlungen angemeldet, darunter vier Aufzüge und zwei ortsfeste Kundgebungen. Sprecherin Irena Rudolph-Kokot teilte der LZ mit, dass diese Anmeldungen trotz NSP-Absage vorerst bestehen bleiben.

Hintergrund sind Befürchtungen, dass eine andere Neonazi-Partei den 1. Mai nutzen könnte, um in Leipzig zu demonstrieren. Anders als in den vergangenen Jahren gebe es bislang noch keine Ankündigungen für Nazidemos in Ostdeutschland durch Parteien wie „Der 3. Weg“ oder „Die Rechte“.

Nazis demonstrieren auch ohne Nazidemo

Zumindest am Abend des 1. Mai ist dennoch damit zu rechnen, dass Neonazis demonstrieren werden. Anlass dafür ist ein Aufzug der rechtsoffenen „Montagsdemo“, die wie gewohnt ab 19 Uhr über den Ring laufen möchte. In den vergangenen Wochen waren bei den Aufzügen unter anderem Reichsflaggen, eine Fahne der „Identitären Bewegung“ und der ehemalige NPD-Stadtrat Enrico Böhm zu sehen.

Wie schon im vergangenen Jahr sind außerdem zwei kommunistische Demonstrationen geplant. Das „Solidaritätsnetzwerk“ und damit verbundene Gruppen wollen vom Südplatz zum Rabet laufen und die Initiative „Soziale Kämpfe“, zu der unter anderem die „Rote Wende“ gehört, plant einen Aufzug vom Augustusplatz zur Sachsenbrücke.

Ebenfalls wie im Vorjahr: Der DGB will auf dem Marktplatz eine Kundgebung abhalten. Eine anarchistische Demo wird es diesmal am 1. Mai offenbar nicht geben. Stattdessen lädt die „Offene Anarchistische Vernetzung“ bereits am Vortag zu einer „bunten Demo für den 6-Stunden-Tag“ ein.

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