„Auch in unserer Stadt gibt es Menschen, die wohnungslos sind und für die eine tägliche Dusche, ja nicht einmal das tägliche Waschen, keine Selbstverständlichkeit ist. Nicht alle dieser wohnungslosen Menschen können oder wollen eine Einrichtung aufsuchen, in der sie diesem grundlegenden Bedürfnis nachkommen können.”

So hieß es in der Rede am 9. Juli 2020 in der Ratsversammlung bei der Abstimmung über den Antrag der Fraktion Freibeuter „Ein Duschbus für Leipzig“.

Beschlossen wurde an diesem Tag die Prüfung der Inbetriebnahme eines Duschbusses für Obdachlose in Leipzig nach Hamburger Vorbild. Übrigens: 2022 wurde Dominik Bloh, der Initiator des Hamburger Duschbusses, für sein Engagement mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

Selbstverständlich ist die Hygienefrage nur ein Mosaikstein in der Hilfe für wohnungslose Menschen. Die Angebote in Leipzig sind vielfältig, ob nun Angebote der Stadt, der freien Träger oder solche von Initiativen. Diese sollen hier nicht unerwähnt bleiben, die Frage ist: „Werden Maßnahmen wie der Duschbus zusätzlich gebraucht?“

Ein Jahr später

Etwas über ein Jahr später fragte die Fraktion nach dem Prüfergebnis und ob die Stadtverwaltung sich mit dem Verein GoBanyo, der in Hamburg den Duschbus betreibt, in Verbindung gesetzt hat.

Die Antwort erfolgte am 13. Oktober 2021 und die Verwaltung führte aus:

zu 1. Wie ist der Stand der Prüfung zur Einführung eines Duschbusses in Leipzig?

Die Prüfung ist abgeschlossen. Der Ratsbeschluss vom 09.07.2020 wurde am 07.12.2020 in der AG Recht auf Wohnen diskutiert. Im Anschluss wurde am 08.12.2020 durch das Sozialamt eine Abfrage an die Mitglieder der AG versendet. Deren Rückmeldungen sind in das Prüfergebnis eingeflossen.

Die Anzahl potentieller Nutzer/-innen wird sowohl von den freien Trägern der Wohnungslosenhilfe als auch vom Sozialamt als sehr gering eingeschätzt. Zudem stoßen die vorhandenen Hygieneangebote (Tagestreffs und Notunterbringung) derzeit nicht an ihre Kapazitätsgrenzen. Insofern wird der Einsatz eines Duschbusses derzeit als nicht notwendig angesehen.

Die Stadtverwaltung hat sich zum Ziel gesetzt, in den bestehenden Angeboten für wohnungs- und obdachlose Personen die Sanitäreinrichtungen auszubauen. Im Zuge der Sanierung des Übernachtungshauses in der Rückmarsdorfer Straße werden die Sanitäreinrichtungen erneuert und im Standard verbessert (u.a. abschließbare Duschkabinen). Derzeit finden außerdem Gespräche mit der Bahnhofsmission statt, ob dort eine Duschmöglichkeit eingerichtet werden kann.

Zu 2. Hat die Stadt Leipzig Kontakt mit dem duschbusbetreibenden Verein GoBanyo in Hamburg aufgenommen?

Aufgrund der Einschätzung des Sozialamtes und der in der AG Recht auf Wohnen vertretenen freien Träger der Wohnungslosenhilfe, dass die Inbetriebnahme eines Duschbusses in Leipzig derzeit nicht notwendig ist, wurde kein Kontakt zu anderen Vereinen, die bereits einen Duschbus betreiben, aufgenommen.

Stand 2023 – es bleiben Fragen

In Leipzig wächst die Anzahl der wohnungslosen Menschen, also auch derer, die nicht in Einrichtungen der Stadt oder der freien Träger gehen. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Viele Einrichtungen nehmen keine Haustiere (meist Hunde) auf, psychische Erkrankungen oder auch Suchtprobleme führen oft dazu.
Wir haben also beim Sozialamt der Stadt Leipzig nachgefragt.

„Sehr geehrte Damen und Herren, in Beantwortung der Anfrage VII-F-06319-AW-01 am 13.10.2021, zur „Einführung Duschbus für Leipzig”, führten Sie aus: „Die Stadtverwaltung hat sich zum Ziel gesetzt, in den bestehenden Angeboten für wohnungs- und obdachlose Personen die Sanitäreinrichtungen auszubauen. Im Zuge der Sanierung des Übernachtungshauses in der Rückmarsdorfer Straße werden die Sanitäreinrichtungen erneuert und im Standard verbessert (u.a. abschließbare Duschkabinen). Derzeit finden außerdem Gespräche mit der Bahnhofsmission statt, ob dort eine Duschmöglichkeit eingerichtet werden kann.”

Frage 1 In welchem Umfang wurden Sanitäreinrichtungen in bestehenden Angeboten ausgebaut?

Im Zuge der Sanierung des Übernachtungshauses für wohnungslose Männer in der Rückmarsdorfer Straße 5 – 7 erfolgte der Ausbau der sanitären Einrichtungen. Vor der Sanierung gab es im Objekt insgesamt 12 Duschen und 10 Toiletten. Mit Abschluss der Sanierung stehen 20 Duschen, 18 Toiletten und 7 Urinale zur Verfügung.
In allen anderen Notschlafstellen ist die sanitäre Ausstattung für die dort untergebrachte Anzahl an Nutzern/-innen ausreichend. Eine Unterausstattung wäre bauordnungsrechtlich auch nicht zulässig.

Frage 2 Gibt es Ergebnisse der Gespräche mit der Bahnhofsmission? Bis heute gibt es dort kein Angebot.

Der Bedarf an Sanitäreinrichtungen in der Bahnhofsmission ist uns bekannt. Dort gibt es bislang eine Toilette für die Nutzer/-innen der Einrichtung. Die Bahnhofsmission ist nur Mieter der Räumlichkeiten innerhalb des Hauptbahnhofes und kann selbst keine bauliche Erweiterung der Sanitäranlagen vornehmen. Gemeinsam mit Vertretern der Bahnhofsmission wurden durch das Sozialamt Gespräche mit dem Centermanagement und der Deutschen Bahn zur Erweiterung der Sanitäranlagen geführt. Weder das Centermanagement noch die Deutsche Bahn wollen der Bahnhofsmission größere Räumlichkeiten, die die Erweiterung der Sanitäranlagen ermöglichen würde, zur Verfügung stellen.

Parallel dazu hat das Sozialamt versucht, beim Betreiber der kostenpflichtigen Toiletten innerhalb des Hauptbahnhofes Jetons anzukaufen, damit diese Toiletten auch von obdachlosen Menschen genutzt werden können. Unsere Anfrage wurde leider abschlägig beantwortet.

Um die Situation für alle Leipzigerinnen und Leipziger insgesamt zu verbessern, plant die Stadt Leipzig an verschiedenen Standorten im Stadtgebiet zusätzliche öffentliche Toiletten zu errichten. Einer der Standorte wird das Umfeld des Hauptbahnhofes sein.

Als Beispiel aus dem Stadtgebiet kann auf die Medieninformation der Stadt Leipzig vom 1. November 2023 bezüglich der Eröffnung einer öffentlichen Toilette im Lene-Voigt-Park verwiesen werden.

Frage 3 Sind die Sanitäreinrichtungen, bei steigender Anzahl wohnungsloser Menschen, weiterhin ausreichend?

Die Sanitäranlagen in den Einrichtungen sind ausreichend.

Fazit: Für Wohnungslose Menschen in Leipzig, die aus verschiedenen Gründen nicht zum Übernachten in Einrichtungen gehen, gibt es in Leipzig den Tagestreff „Insel“, in dem sie duschen können.

Seit der Antwort von 2021 wurden zusätzlich acht Duschen im Übernachtungshaus für wohnungslose Männer (Rücke) gebaut, die allerdings für die dort übernachtenden Menschen vorgesehen sind.

Ging das Sozialamt bereits 2021 nur anfangs auf die Frage nach Möglichkeiten für Menschen, die die Angebote zum Übernachten nicht nutzen, ein und konstatierte „Die Anzahl potentieller Nutzer/-innen wird sowohl von den freien Trägern der Wohnungslosenhilfe als auch vom Sozialamt als sehr gering eingeschätzt“, so war von diesen Menschen in der Antwort auf unsere Anfrage keine Rede.

Allerdings, wenn es nur sehr geringen Bedarf gibt, warum wurde dann überhaupt mit der Bahnhofsmission, dem Centermanagement und der Deutschen Bahn verhandelt?

Es bleibt die Frage offen: Brauchen wir weitere Angebote oder vielleicht sogar doch einen Duschbus?

Wie eingangs geschrieben: Hygiene ist ein Stück Menschenwürde.

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