Viele kennen wahrscheinlich diese Instagram-Reels oder TikTok-Videos, in denen eine dunkelhaarige Frau hinter einem Tresen sitzt und, egal was der Kunde, Patient oder sonst wer will, mit „Der Computer sagt: Nein“ antwortet. Klingt lustig, manchmal lacht man darüber. Aber was hat das mit KI zu tun?

Disclaimer: Der Autor ist ein Fan von Digitalisierung und auch nicht per se gegen KI, obwohl ich lieber von Maschinenintelligenz, in Abgrenzung zur komplexeren menschlichen Intelligenz, spreche. Worum geht es? Es geht um die Technikgläubigkeit, hier im Zusammenhang mit Digitalisierung und KI. Die nachfolgenden Ausführungen richten sich weniger gegen die Akteure beim konkreten Fall, es geht um das generelle Problem.

Unbesetzte Lehrerstellen in Baden-Württemberg

Eine der Meldungen der letzten Tage war: „1.440 Lehrerjobs in BW jahrelang unbesetzt – Kultusministerin will Stellen schnell besetzen“, mit dem Zusatz „Ministerium spricht von Computer-Panne“. Kurz gesagt: Vor 20 Jahren gab es einen, bis vor kurzem unentdeckten, Computerfehler, der dazu führte, dass vorhandene Stellen nicht besetzt werden konnten.

Um das deutlich zu machen: Zwei Jahrzehnte bekamen Referendarinnen und Referendare auf die Frage nach einer Festanstellung eventuell die Antwort „Der Computer sagt: Nein“ – es wären keine Stellen frei. Schulen, die nach mehr Lehrpersonal fragten, bekamen eventuell die Antwort: „Der Computer sagt: Nein“ – das gäben die Stellenpläne nicht her.

Vielleicht wurden in dieser Zeit sogar neue Stellen für Lehrpersonal im Landeshaushalt geschaffen.

Gehen wir zurück in die Meldung, da stehen die interessanten Sätze: „Über 20 Jahre lang hat das Kultusministerium in Baden-Württemberg unwissentlich hunderte Lehrerstellen nicht besetzt, obwohl das Geld dafür im Haushalt eingeplant war“ und „Sowohl im Finanz- als auch im Kultusministerium kann man sich nicht erklären, warum das über die Jahre nicht auffiel.“

Was war im Finanzministerium los?

Es entstanden zwanzig Jahre lang Haushaltsausgabereste in erheblicher Höhe im Bereich der Personalausgaben des Kultusministeriums, da hat niemand gefragt: „Wie kommen die zustande?“

Vielleicht hat man ja nachgeschaut, ob es unbesetzte Stellen gibt und das Ergebnis erhalten: „Der Computer sagt: Nein“ – alle Stellen wären besetzt.

Die Ausgabereste wurden akzeptiert und verbucht, wie und wohin wäre aufzuklären.

Hätte eine KI das Problem gelöst?

„Der Computer sagt: Nein“, eine KI arbeitet mit den Daten, mit denen sie gefüttert wird. Sind diese fehlerhaft, dann bringt sie ein falsches Ergebnis. Ein large language model (LLM) fände, bei fehlerhafter Datengrundlage zwischen voll besetzten Stellen und nicht ausgegebenen finanziellen Mitteln, vielleicht nur eine sinnvoll erscheinende verbale Begründung für die Differenzen.

Sind die Daten falsch, hilft am Ende auch die KI nicht.

Die Gründe für das Problem

Ja, es gab einen Programmierfehler, vielleicht auch einen Eingabefehler, das wird sich herausstellen. Der eigentlich wichtige Grund lag aber wahrscheinlich darin, dass niemand die Aussage „Der Computer sagt: Nein“ infrage gestellt hat. Der Computer hatte im Zweifelsfalle recht.

Fazit: Der Fall sollte uns daran erinnern, dass digitale Lösungen, insbesondere KI-Lösungen, immer Menschen brauchen, die diese Technik beherrschen, Ergebnisse hinterfragen und überprüfen können. Gerade dieser, Lehrkräfte betreffende, Fall ist dafür exemplarisch.

Wir brauchen mit fortschreitender Technisierung gut ausgebildete Menschen, die das auch leisten können. Sonst heißt es irgendwann, egal was wir fragen „Der Computer sagt: Nein“.

Im (aufgrund des an den Tag gelegten Aktionismus der betroffenen Ministerien) unwahrscheinlich erscheinenden Fall, dass es sich um einen Softwarefehler beim aktuellen Update handelt, bleiben die Schlussfolgerungen dennoch gültig.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

“Computer sagt Nein” ist aus Little Britain. Die Serie lief im BBC von 2003 bis 2006 und war von Matt Lucas und David Walliams. Die beiden haben auch alle Hauptcharaktere gespielt, u.a. auch Carol Beer, die den Satz in jeder Folge mindestens einmal sagt. Fürs deutsche Fernsehen haben Kalkofe und Welke die Rollen synchronisiert. Friedrich Schoenfelder war mit seinen damals schon gut 90 Jahren der Sprecher.

Schreiben Sie einen Kommentar