In der Nacht vom 29. auf den 30. Oktober werden die Uhren um zwei Uhr wieder um eine Stunde zurückgestellt. Es ist die sinnloseste Prozedur unter vielen sinnlosen Prozeduren, die mittlerweile Europa für seine Bewohner bedeutet. Und es ist wie bei den sturen Verhandlungen zu CETA: Der große bürokratische Apparat macht einfach immer weiter, obwohl die Mehrheit das ganze Uhrenumstellen für Blödsinn hält.

Sinn machte es mal im fernen, industriegeprägten Zeitalter, insbesondere in den 1970er Jahren, als mit dem Umstellen der Uhren auf Sommerzeit tatsächlich eine Menge Energie gespart werden konnte. Da arbeiteten die meisten Europäer noch in riesigen Fabriken, bei denen eine Stunde Stromersparnis natürlich noch ins Gewicht fielen. Heute kennen die meisten Europäer keine starren Fabrikarbeitszeiten mehr. Ihre Arbeitsfelder sind flexibel oder liegen als Dienstleistungsjobs sowieso außerhalb der üblichen Kernarbeitszeiten. Die DHL-Mitarbeiter auf dem Flughafen Leipzig-Schkeuditz können ein Lied davon singen.

Und nicht nur sie.

Drei von vier Deutschen halten den Wechsel von Sommer- auf Winterzeit für völlig sinnlos. Die Zahl der Befürworter geht seit Jahren zurück. Das zeigt eine aktuelle und repräsentative Forsa-Befragung im Auftrag der Krankenkasse DAK-Gesundheit. 24 Prozent der Befragten hatten schon gesundheitliche Probleme, weil die Uhren umgestellt werden.

Doch obwohl es ähnliche Umfragen nun seit Jahren gibt und wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass die ganze Uhrenumstellerei keinen ökonomischen Sinn mehr macht, bleibt das Prozedere in Kraft. Heute Nacht wird wieder umgestellt. Ab Sonntag, 30. Oktober, gilt wieder die Winterzeit.

Immer mehr Deutsche sind gegen die Zeitumstellung

In der aktuellen Befragung der DAK-Gesundheit halten sie nur noch 23 Prozent für sinnvoll –  2013 waren es noch 29 Prozent. Seitdem geht die Zustimmung kontinuierlich zurück. In diesem Jahr glauben mit 51 Prozent erstmals auch mehr als die Hälfte der Befragten, dass eine Abschaffung der Zeitumstellung realistisch ist. Im vergangenen Jahr waren es 47 Prozent.

Der Untersuchung zufolge sorgt die Zeitumstellung bei vielen Menschen auch für gesundheitliche Probleme. Die meisten der Betroffenen – 79 Prozent – fühlen sich müde oder schlapp. 60 Prozent hatten schon Probleme mit dem Ein- oder Durchschlafen. Jeweils ein gutes Drittel der Befragten gibt an, sich schlechter konzentrieren zu können oder gereizt zu sein. 13 Prozent erinnern sich sogar an depressive Verstimmungen. Jeder fünfte ist wegen der Zeitumstellung schon unpünktlich zur Arbeit gekommen.

Frauen sagen häufiger als Männer, von solchen Leiden betroffen zu sein. Das heißt aber nicht, dass sie empfindlicher sind, betont Elisabeth Thomas, Ärztin bei der DAK-Gesundheit.

„Frauen sind aufmerksamer, wenn es um körperliche Warnsignale geht“, sagt sie. „Viele Männer sind gerne hart zu sich selbst und ignorieren deshalb kleinere gesundheitliche Probleme.“ Unterschiede haben auch mit dem Alter zu tun. Jüngere und Ältere geben etwas seltener an, Schwierigkeiten mit der Zeitumstellung zu haben, als Befragte zwischen 30 und 60 Jahren. „In dieser Altersklasse sind die meisten Berufstätigen“, sagt Elisabeth Thomas. „Wer zur Arbeit muss, kann nicht einfach länger schlafen. Da machen sich Symptome eher bemerkbar.“

In Deutschland wurde die Sommerzeit im Jahr 1980 eingeführt, um das Tageslicht besser zu nutzen und so Energie zu sparen. Die Sommerzeit dauert jeweils vom letzten Sonntag im März bis zum letzten Sonntag im Oktober. Ab dann gilt wieder die eigentliche Normalzeit, die umgangssprachlich Winterzeit genannt wird.

Die Zahlen stammen aus einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage durch Forsa, die am 17. und 18. Oktober 2016 stattfand und 1.004 Befragte bundesweit umfasst.

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Die “Winterzeit” ist unsere NORMALZEIT und heißt schon lange Mitteleuropäische Zeit (MEZ). Wissen die Deutschen überhaupt was die Stunde geschlagen hat? mors certa – hora incerta, ja wann denn nun? Nach MEZ oder MESZ?

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