2020, als das Gesundheitssystem in Deutschland aufgrund der Corona-Pandemie bis zum Anschlag ausgelastet war, durften alle mal klatschen. Da stellten sich die Leute auf die Balkone und klatschten Beifall für Pflegepersonal und Ärzt/-innen. Aber an den miserablen Arbeitsbedingungen im Gesundheitssystem hat sich bis heute nichts geändert. Im Gegenteil: Der Druck auf die Beschäftigten ist weiter gewachsen. Und das zeichnet sich auch immer stärker in den Ausfallzeiten wegen psychischer Erkrankungen ab, wie die DAK meldet.
In Sachsen hatten Beschäftigte im Gesundheitswesen 2024 den meisten Arbeitsausfall wegen psychischer Erkrankungen. Bezogen auf 100 Beschäftigte verursachten Depressionen und andere psychische Erkrankungen in dieser Branche 488 Fehltage. Über alle Branchen hinweg waren es mit 350 Tagen deutlich weniger. Das sind zentrale Ergebnisse aus dem Psychreport der DAK-Gesundheit für Sachsen. Im Auftrag der Krankenkasse hat das IGES-Institut die Daten von rund 54.000 DAK-versicherten Beschäftigten in Sachsen ausgewertet. Demnach liegt Sachsen im Ländervergleich bei den Psych-Fehltagen leicht über dem bundesweiten Durchschnitt.
„Gerade im Gesundheitswesen stoßen die Beschäftigten zunehmend an ihre Belastungsgrenzen. Die hohe Zahl psychisch bedingter Ausfalltage stellt sowohl die Betroffenen als auch ihre Arbeitgeber vor eine zunehmende Herausforderung – nicht zuletzt wegen der häufig langen Fehlzeiten und der anhaltenden Stigmatisierung“, sagt Stefan Wandel, Landeschef der DAK-Gesundheit in Sachsen.
„Für die Stärkung der mentalen Gesundheit sollten wir frei von Tabus über Depressionen oder Angststörungen informieren und auf unterstützende Angebote im betrieblichen Gesundheitsmanagement hinweisen, denn Vorsorge ist das Wichtigste.“
Beschäftigte im Gesundheitswesen besonders betroffen
Wie stark Beschäftigte von psychischen Erkrankungen betroffen sind, hängt unter anderem mit der Branche zusammen, in der sie tätig sind. In Sachsen hatten diejenigen, die im Gesundheitswesen arbeiten, weit überdurchschnittlich viele Fehltage. 2024 waren es bezogen auf 100 DAK-versicherte Beschäftigte 488 Fehltage, also 138 Tage und somit rund 40 Prozent mehr als im branchenweiten Durchschnitt.
An zweiter Stelle standen Berufstätige in der öffentlichen Verwaltung, wo auf 100 Beschäftigte 425 entsprechende Fehltage kamen – hier schlagen zu Beispiel auch Lehrer/-innen und Kita-Erzieher/-innen zu Buche. Zum Vergleich: In vielen Branchen ist das Niveau eher unterdurchschnittlich. So weist die Studie etwa für Berufe in der Rechtsberatung und bei Unternehmensdienstleistungen nur 177 Fehltage auf 100 DAK-versicherte Beschäftigte aufgrund von psychischen Diagnosen aus.
Psychische Erkrankungen stehen in Sachsen auf Platz 3 der wichtigsten Erkrankungsarten. Nur Atemwegsprobleme und Muskel-Skelett-Erkrankungen bedingten 2024 noch mehr Arbeitsausfall. Mit Blick auf die Diagnosen waren Depressionen besonders auffällig: Hatten Depressionen bezogen auf 100 DAK-versicherte Beschäftigte im Vorjahr noch 148 Fehltage verursacht, waren es 2024 168 Tage. Das ist ein Zuwachs von 13 Prozent, so die DAK.
Psychisch bedingter Arbeitsausfall in Sachsen über dem Bundesniveau
Im Ländervergleich liegt Sachsen bei den psychisch bedingten Fehlzeiten über dem bundesweiten Durchschnitt mit 342 Fehltagen. Ein Zeichen dafür, dass hier der Druck auf die Beschäftigten in vielen Branchen höher ist als in anderen Bundesländern.
Die von der konservativen Bundesregierung angezettelten Diskussionen über härteres Vorgehen beim Bürgergeld und gegen einen höheren Mindestlohn, sind da geradezu die falschen Rezepte. Von der irrlichternden Debatte über die Deutschen, die zu wenig arbeiten würden, ganz zu schweigen. Diese Debatten sorgen eher für noch höheren Druck. Und zwar gerade bei jenen Erwerbstätigen, die man eigentlich als Wähler gewinnen möchte.
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