Mit Erschütterung nehmen wir die Ereignisse des 11.01.2016 in Leipzig-Connewitz zur Kenntnis. Während tausende Menschen sich in der Leipziger Innenstadt friedlich gegen Rassismus, Hass und Faschismus stellten, ereignete sich in Connewitz "offener Straßenterror" im eigentlichen Sinne des Wortes.

Dazu Esther Bejarano, Auschwitz-Überlebende, Musikerin und Antifaschistin: “Es ist Zeit für einen Aufschrei von uns allen, einen unüberhörbaren, lauten Aufschrei, der bis in den letzten Winkel unseres Landes und der ganzen Welt widerhallt. […] Der Satz ›Wehret den Anfängen!‹ ist längst überholt! Wir sind mittendrin!”

Uns ist unverständlich, warum die Behörden, insbesondere der sächsische Verfassungsschutz im Vorfeld des Demonstrationsgeschehens so massiv vor Gewalt aus dem linken Spektrum warnten und währenddessen augenscheinlich die Überwachung radikaler rechter Kräfte so stark vernachlässigte. Dass solche Gewalttaten sogar mit Ankündigung durch faschistische Gruppierungen, wie etwa die Brigade Halle, geschehen konnten, ist unbegreiflich. Zwar ist positiv zu erwähnen, dass nahezu alle Gewalttäter*innen festgesetzt werden konnten, dennoch ist es wichtig und unbedingt notwendig das Verhalten und die Arbeit der Behörden, insbesondere des sächsischen Verfassungsschutzes zu reflektieren, zu überdenken und schärfste Konsequenzen aus den vergangenen Ereignissen zu ziehen. Es bleibt zu hoffen, dass die kommenden Ermittlungen und Verfahren die so oft geforderte “gesamte Härte des Rechtsstaates” mit sich ziehen!

Wir erleben heute einen gefährlichen Rechtsruck, der sich durch alle Schichten der Gesellschaft zieht. Gegen diesen gilt es Widerstand zu leisten! Tagtäglich werden rassistische, menschenverachtende, autoritäre, pressefeindliche und faschistische Ideen ohne Widerspruch artikuliert und durch rechte Gruppierungen wie PEGIDA und Politiker*innen salonfähig gemacht. Dass antidemokratische und menschenfeindlichen Meinungen durch die Zivilgesellschaft geduldet oder gar befürwortet werden, senkt nicht nur Hemmschwellen, sondern resultiert seit Monaten in dem hohen Anstieg an Gewalt gegen Asylbewerber*innen, deren Unterkünfte und alle die nicht ins völkisch deutsche Weltbild passen . Vor allem in Sachsen setzen viele links mit rechts gleich oder gehen sogar soweit Rechtes Gedankengut mehr zu tolerieren.

Untermauert wird dieses Denken durch eine längst als völlig falsch erwiesene Extremismustheorie. In einem Bundesland, in dem die Stadtverwaltungen und Behörden zu Dialogveranstaltungen mit rechten Vereinigungen, wie zuletzt in Dresden, Nationalisten in ihrem Handeln ermutigen und Gegenprotest teilweise komplett unterbunden und kriminalisiert wird, ist es nicht verwunderlich, wenn offene Gewalt folgt. Beispielsweise wenn Polizeidienststellen als “redaktionelle Vereinfachung” (http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=3578&dok_art=Drs&leg_per=6&pos_dok=1) rechtsradikale Vereinigungen als “rechtspopulistische” Vereinigungen verharmlosen.

Wollen wir in einem Land leben, in dem sich Menschen die nicht weiß-angloamerikanisch-mitteleuropäisch Aussehen oder Andersdenkende mancherorts nicht mehr auf die Straße trauen, wo rechtsextreme Parolen offen und ohne Konsequenz skandiert werden können und wo es bei einigen brennenden Mülltonnen einen Aufschrei gibt, aber zu über hundert brennenden Flüchtlingsunterkünften geschwiegen wird? Die Liste der Dinge, die in diesem Land nur mit Kopfschütteln oder Kopf-auf-die-Bank-schlagen aufgenommen können, ist lang.

Und deshalb fordern wir:

o einen breiten zivilgesellschaftlichen Protest gegen Faschismus und Rassismus
o ein klares Bekenntnis aller demokratischen Parteien zum Grundrecht auf Asyl und gegen faschistische, rassistische und sexistische Gewalt
o eine stärkere Unterstützung für zivilgesellschaftliches antirassistisches und antifaschistisches Engagement

Wir dürfen nicht tatenlos dabei zusehen wie Deutschland und Europa in nationalistische, autoritäre oder gar faschistische Zustände zurück schlittern!

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