Auf dem Landesparteitag der sächsischen FDP in Neukieritzsch hat der Landesvorsitzende Holger Zastrow wieder mehr politische Entscheidungskraft, die Akzeptanz der Meinungsvielfalt und mehr Gemeinsinn in Europa gefordert. „Den kleineren ost- und mitteleuropäischen Staaten muss man mit Respekt auf Augenhöhe begegnen und sie ernst nehmen. Hätten Helmut Kohl und Hans-Dietrich Genscher damals in Europa so agiert wie Bundeskanzlerin Merkel und ihr Außenminister Steinmeier heute, dann wäre es nie zur Deutschen Wiedervereinigung gekommen“ sagte Zastrow.

Er übte starke Kritik an der chaotischen Flüchtlingspolitik und den nationalen Alleingängen der Bundesregierung. „Diese Politik gefährdet Europa. Es gibt keinen Plan, kein Konzept. Und es gibt auch kein Vertrauen mehr, dass diese Bundesregierung eine langfristige Lösung hinbekommt“, sagte Zastrow. Die Bundeskanzlerin habe europäische Lösungen durch die deutschen Alleingänge nachhaltig gefährdet. Jetzt liefere man sich weitgehend der Türkei aus. „Das ist hochriskant. Ich bin schockiert, in welche gefährliche Lage uns die politisch Verantwortlichen in diesem Land bringen“, so Zastrow. „Wenn man so weiter mache, richte man nachhaltigen Schaden im gesellschaftlichen Zusammenhalt an. „Große Koalitionen schaffen keine großen Lösungen.“ Das zeige sich einmal mehr in aller Deutlichkeit.

Zastrow betonte, dass Deutschland endlich ein Einwanderungsgesetz brauche. Dabei müsse man klar zwischen Asyl und Einwanderung trennen und offen über das bestehende Asylrecht diskutieren. „Die Menschen sind bereit, über Belastungsgrenzen hinaus zu helfen, aber es gibt trotzdem irgendwann Grenzen“, so der Landesvorsitzende. Deshalb brauche man funktionierende Strukturen, die echte Integration ermöglichen. „Das ist nicht der Ruf nach noch mehr Förderprogrammen oder zusätzlichem Geld. Es geht vor allem darum, echte Chancen zu schaffen: auf Arbeit, gesellschaftliche Teilhabe und einen echten Neuanfang für diejenigen, die bei uns tatsächlich ihre Zukunft gestalten möchten“, betonte Zastrow. Nur mit gelungener Integration gäbe es eine echte Bereicherung für die Gesellschaft.

Mit Sorge blickte Zastrow auf den Ruf des Freistaates Sachsen. „Ja, wir haben ein Problem mit Rechtsextremismus. Das wurde viel zu lange weggeredet. Aber auch noch nie wurde ein Bundesland so pauschal an den Pranger gestellt“, so Zastrow. Man müsse berücksichtigen, dass Ostdeutschland seit der Wende einen dramatischen Transformationsprozess hinter sich habe. Und Sachsen habe in den vergangenen Jahren beispielsweise in der Bildungspolitik durch den Fokus im Unterricht auf Technik und Naturwissenschaften die gesellschaftspolitische Bildung vernachlässigt. „Wir müssen dringend mehr soziale und politische Kompetenz vermitteln. Wissen und Begegnung hilft immer“, betonte der Liberale und forderte den Ausbau von Angeboten beim internationalen Schüler- und Jugendaustausch sowie die Förderung von internationalen Projekten

Wichtig sei auch, nicht über jedes Stöckchen von Pegida und AfD zu springen und auf jedes Detail einzugehen. „Ich werde immer für die Meinungsfreiheit kämpfen, für die ich 1989 auf die Straße gegangen bin. Dazu gehört eben auch, dass jemand den größten Unfug erzählen darf. Aber man muss Pegida nicht größer machen als es ist. Entscheidend ist, dass wir eigene Antworten und Lösungen haben, die jeglichem Populismus die Wirkung nehmen“, so Zastrow. Ein noch stärkerer Staat mit mehr Überwachung und Verboten sei keine Lösung. „Wir müssen die Köpfe erreichen und die Herzen gewinnen statt überzuregulieren und einzuengen“, betonte Zastrow.

Kritik übte Zastrow auch an der aktuellen sächsischen Landesregierung. „Sie kümmert sich schlicht nicht, ob nun aus Unfähigkeit oder Unwilligkeit. Ich frage mich, wo der Wirtschaftsminister ist, wenn es um tausende Arbeitsplätze in diesem Land geht“, so Zastrow mit Blick auf die Situation bei Vattenfall in der Lausitz oder bei Bombardier. „Ein Wirtschaftsminister darf kein Gewerkschaftsminister sein und sich nur zu Showterminen bei Betriebsräten zeigen.“

An die Delegierten appellierte er, vor Ort wieder stärker in die Offensive zu gehen und überall den Stachel in die Wunde zu legen. „Es sind keine leichten Zeiten für uns Freie Demokraten, wenn Populisten von beiden Seiten unterwegs sind. Aber die Zeit danach wird uns brauchen.“

Zu Beginn des Parteitages erinnerte Zastrow mit bewegenden Worten an Guido Westerwelle und dessen enge Verbindung zu Sachsen. „Wir verlieren einen großen Staatsmann und einen sehr guten Freund. Guido Westerwelle hat Sachsen geliebt und uns immer die Treue gehalten“, betonte Zastrow. Ohne ihn wäre der Neuanfang der Partei 1999 nicht gelungen. Seinen Kampf für Freiheit und Eigenverantwortung werde man fortführen und diese Werte immer verteidigen.

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