Am 19. Oktober 2011 wurde an der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig das Präventionsprojekt Dunkelfeld (PPD) eröffnet. Das Projekt bietet Menschen, die sich sexuell zu Kindern hingezogen fühlen, therapeutische Hilfe unter Schweigepflicht. Ziel ist die Prävention von sexueller Gewalt an Kindern sowie des Konsums von Missbrauchsabbildungen, so genannter Kinderpornografie. Seit dem Start haben über 500 Betroffene und Angehörige zum Projekt Kontakt aufgenommen, die überwiegende Mehrzahl dieser Anfragen stammte aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

„Die vorliegenden Zahlen machen deutlich, dass das Projekt die Zielgruppe erreicht und damit einen wichtigen Beitrag zur Prävention sexuellen Kindesmissbrauchs in Mitteldeutschland leistet“, so Prof. Dr. Peter Schönknecht, Leiter der Leipziger Forschungsambulanz, die zum bundesweiten Präventionsnetzwerk „Kein Täter werden“ gehört. Erste Untersuchungen am Berliner Standort zeigen, dass die Therapie geeignet ist, Risikofaktoren für das Begehen sexuellen Kindesmissbrauchs und der Nutzung von Missbrauchsabbildungen zu minimieren und auf diesem Wege sexuelle Gewalt zu verhindern.

Bei Betroffenen stößt das therapeutische Angebot der Leipziger Ambulanz auf Akzeptanz. Ein Therapieteilnehmer: „Vor der Therapie habe ich mir nicht vorstellen können, mit dieser sexuellen Präferenz ein normales und zufriedenes Leben führen zu können. Im Laufe der Therapie wurde mir klar, dass dies doch möglich ist. Mit dieser sexuellen Präferenz ist jedoch die große Verantwortung verbunden, niemandem Schaden zuzufügen. Diese Aufgabe begleitet mich mein Leben lang.“ Laut wissenschaftlicher Untersuchungen fühlen sich in Deutschland ca. 250.000 Betroffene zwischen 18 und 75 Jahren sexuell zu Kindern hingezogen. Übertragen auf den mitteldeutschen Raum ergibt dies eine Schätzung von ca. 26.500 Personen mit pädophiler Neigung.

Die Therapie integriert verhaltenstherapeutische und sexualmedizinische Ansätze, die die Möglichkeit einer medikamentösen Unterstützung beinhalten. Als Voraussetzung für die Teilnahme am Behandlungsprogramm gilt: Betroffene müssen hinsichtlich ihrer pädophilen Neigung über ein Problembewusstsein verfügen und aus diesem Grund von sich aus und ohne gerichtlichen Druck therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen wollen. Werden sie in das Projekt aufgenommen, können sie kostenlos und durch die therapeutische Schweigepflicht geschützt sowohl eine diagnostische Klärung ihres Problems als auch therapeutische Unterstützung in Anspruch nehmen. Von den 500 Betroffenen, Angehörigen und Institutionen, die sich bislang an den Leipziger Standort gewandt haben, nahm knapp ein Viertel der direkt Betroffenen eine diagnostische Beratung in Anspruch, der Mehrheit von ihnen wurde ein Therapieangebot unterbreitet.

Der Leipziger Standort wird als Drittmittelprojekt vom Sächsischen Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz unter Beteiligung der Stiftung Hänsel + Gretel finanziert. „Mit der Finanzierung leistet der Freistaat Sachsen einen enorm wichtigen Beitrag zur Prävention sexuellen Kindesmissbrauchs, für den wir sehr dankbar sind“, betont Projektleiter Peter Schönknecht. Die Anonymität und der Standort des Hilfeangebots haben zur Folge, dass sich auch Betroffene aus Thüringen und Sachsen-Anhalt melden. Im Sinne der Betroffenen und damit im Sinne des Kinderschutzes wäre daher eine gemeinsame, stabile Finanzierung durch die drei benachbarten Bundesländer eine wichtige Arbeitsgrundlage für die kommenden Jahre.

Weitere Informationen über das Präventionsprojekt Dunkelfeld sowie alle Kontaktdaten der Standorte des Präventionsnetzwerks in Deutschland finden Sie auf der Website des Projekts.

In eigener Sache – Wir knacken gemeinsam die 250 & kaufen den „Melder“ frei

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