In Leipzig lernen Sportwagenbauer von Sportwissenschaftlern: Mitarbeiter des Leipziger Porsche-Werks können ihre Kompetenz im Hinblick auf die Ergonomie am Arbeitsplatz stärken. Möglich macht das eine Kooperation des Instituts für Gesundheitssport und Public Health der Universität Leipzig mit dem sächsischen Automobilhersteller Porsche Leipzig. Nach Beendigung des zweijährigen Gemeinschaftsprojektes zur Gesundheitsförderung ist die Ausbildung im Porsche-Trainingscenter um einige Facetten reicher.

Institutsleiterin Prof. Dr. Petra Wagner und ihre Mitarbeiter und Studierenden konnten in allen Bereichen der Produktion Impulse setzen, vom Karosseriebau und der Lackiererei bis hin zur Montage. Den Schwerpunkt bildete das Thema Ergonomiekompetenz. „Wir haben die Porsche-Mitarbeiter darin trainiert, ihre eigenen Bewegungsabläufe zu beobachten und selbst flexibler zu gestalten“, sagt Petra Wagner. „In der Fachsprache nennen wir das ‚innere Rotation‘. Sie kann die ‚äußere Rotation‘, also den Wechsel im Team, sinnvoll ergänzen – und so dazu beitragen, einseitige und krankheitsfördernde Belastungen zu reduzieren. Denn Muskel-Skelett-Erkrankungen gehören in der Automobilbranche zu den häufigsten Gründen für einen Ausfall von Mitarbeitern.“

Beispiele für diese Belastungsdynamik und den Belastungsmix sind Bewegungsabläufe vom Rundrücken zum aufrechten Rücken, die Verlagerung des Körperschwerpunktes durch Beinvariation und die unterstützende Verwendung der zweiten Hand. „Dabei ist für die Motivation ganz wichtig, dass die Mitarbeiter selbst ihre eigenen Varianten für sich entwickeln und nicht von außen Varianten vorgeschrieben bekommen. Ihnen wird lediglich ein Repertoire an Möglichkeiten aufgezeigt“, sagt Petra Wagner.

Mit kleinen Änderungen im Verhalten eine große Wirkung erzielen, das ist das Credo der Sportwissenschaftlerin. Positive Rückmeldungen der Porsche-Mitarbeiter zeugen davon, dass das funktioniert. „In unsere werkseigene Trainigscenter-Ausbildung wurden Ergonomie-Inhalte eingebunden, die dann an unserem sogenannten ‚Ergonomieturm‘ oder der Modellkarosse geübt und in den Linienalltag übernommen werden“, berichtet Thomas Riediger, Leiter der Planung bei Porsche Leipzig. „Das Kooperationsprojekt ist aus unserer Sicht ein voller Erfolg und kommt vielen Mitarbeitern zugute. Einer Fortsetzung der Zusammenarbeit stehen wir offen gegenüber.“ Innerhalb der ersten drei Quartale des Jahres wurden bereits 800 Mitarbeiter aus allen Gewerken in den Grundfertigkeiten und Schwerpunkttrainings im Bereich Ergonomie geschult. Parallel erfolgte die Ausweitung der Schulungen auf die Auszubildenden. Ziel ist es hierbei, die ergonomischen Verhaltensweisen und Bewegungsabläufe so zeitig wie möglich im Arbeitsalltag zu integrieren.

Bei dem Projekt sei zudem eine sehr gute Verknüpfung mit der Ausbildung der Studierenden möglich gewesen. „Wir haben Studierende für ihre spätere Berufspraxis fit gemacht. Sie waren eingebunden in die Kommunikation, in die Umsetzung des Konzepts und der Strategien und in die Evaluation vor Ort“, erläutert die Professorin. „Dazu zählte beispielsweise, das Setting und den Status Quo mithilfe eines einwöchigen Bandpraktikums zu analysieren. Zudem haben die Studierenden Lösungen für eine methodisch-didaktische Umsetzung im Rahmen von Workshops entwickelt.“

Auch in wissenschaftlicher Hinsicht habe man einiges erreicht. „Es war uns wichtig, unsere Methodik auf Werksebene implementieren und weiterentwickeln zu können. Wir können nun noch besser zeigen, wie sinnvoll es ist, Ergonomiekompetenz im Arbeitsprozess zu stärken.“

Das Institut für Gesundheitssport und Public Health der Universität Leipzig versteht sich als Forschungs- und Lehrzentrum für wissenschaftliche Fragen und Anforderungen einer Gesundheitsförderung durch Bewegung. Im Mittelpunkt des Interesses von Forschung und Lehre steht die gezielte und theoriebasierte Entwicklung, Anwendung und Evaluation von praxisgerechten didaktisch-methodischen Konzepten einer spezifischen Bewegungs- und Gesundheitsförderung.

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