Heute wollten Bauern und Bรคuerinnen der Arbeitsgemeinschaft bรคuerliche Landwirtschaft Mitteldeutschland (AbL) mit ihren Traktoren den Schmรคhpreis โ€žHeuschrecke des Jahres 2019โ€œ an Markus Hercher, Autohausbesitzer und Agrarinvestor vor einem seiner Autohรคuser in Leipzig รผberreichen. Leider war er nicht vor Ort, lieรŸ aber die angemeldete Demo massiv durch Beschallung stรถren.

Die Heuschrecke des Jahre wird verliehen an auรŸerlandwirtschaftliche Investoren, die sich unter Umgehung des Grundstรผcksverkehrsgesetzes landwirtschaftliche Betriebe samt deren Flรคchen angeeignet haben, obwohl ihnen seit nunmehr 100 Jahren hierzulande der direkte Kauf dieser Flรคchen untersagt ist.

Der Autohรคndler Markus Hercher, Eigentรผmer etlicher Autohรคuser in Mitteldeutschland und mittlerweile auch von mindestens 8 landwirtschaftlichen GroรŸbetrieben in Sachsen-Anhalt und Thรผringen hat sich in diesem Jahr diesen Preis verdient, weil er im Gegensatz zu anderen Akteuren mit Landwirtschaftsbetrieben handelt, wie mit Gebrauchtwagen: er kauft und verkauft sie je nach Marktlage. Und das alles รผppig subventioniert aus Steuergeldern!

Verleihung der Heuschrecke des Jahres 2019 in Leipzig. Quelle: AbL Mitteldeutschland
Quelle: AbL Mitteldeutschland

โ€žWir wollten mit dieser Preisverleihung die Bevรถlkerung und die Politik auf die massive รœbernahme von Flรคchen durch auรŸerlandwirtschaftliches Kapital aufmerksam machen, weil dies eine existenzielle Bedrohung fรผr den Fortbestand einer bรคuerlichen und regional verwurzelten Landwirtschaft bedeutet. Hier muรŸ die Politik endlich einen gesetzlichen Riegel vorschieben!โ€œ, so Michael Grolm, Landesvorsitzender der AbL Mitteldeutschland.

Hierzu einige Hintergrundinformationen:

Landgrabbing ist auch in Mitteldeutschland ein Thema! Darauf machte die Arbeitsgemeinschaft bรคuerliche Landwirtschaft Mitteldeutschland (AbL) bereits mehrfach aufmerksam, insbesondere auch im vorletzten Jahr nach Bekanntwerden des Verkaufs der Terra e.G. in Sรถmmerda an die Sรผdzucker AG in Mannheim. Dabei wurde die โ€žAllee des Landraubsโ€œ angelegt, bei der fรผr jeden der 42 ehemaligen Genossen des Agrarbetriebs auf einem kommunalen, durch den Bewirtschafter รผberackerten Weg ein Obstbaum gepflanzt wurde.

Seit nunmehr 100 Jahren dรผrfen hierzulande ausschlieรŸlich Landwirte ร„cker und Wiesen kaufen, auรŸerlandwirtschaftlichen Investoren ist dies untersagt. Seit 2009 wird aber verstรคrkt ein Schlupfloch genutzt: der Kauf ganzer landwirtschaftlicher Betrieb bzw. groรŸer Teile davon, die sog. share deals. Damit wird ein auch ein immer wieder hรถchstgerichtlich bestรคtigtes Gesetzesziel unterlaufen: die gesunde Verteilung des Grund und Bodens.

Da diese Anteilskรคufe nicht reglementiert werden und landwirtschaftliche Betriebe unter anderem aufgrund steigender Bodenpreise, sowie รผppiger EU-Subventionen (Ausrichtung der GAP auf Flรคchenprรคmien) als sichere und lukrative Wertanlage gelten, steigen auch in Mitteldeutschland immer mehr Investoren in den Erwerb von landwirtschaftlichen Betriebsanteilen ein. Politisch findet das Thema mittlerweile im Gegensatz zum Jahr 2017 Gehรถr, ร„nderungen an den unzureichenden, gesetzlichen Rahmenbedingungen (Stichwort: Agrarstrukturgesetz) hatte dies bislang jedoch noch immer nicht zur Folge.

Die AbL Mitteldeutschland kรผndigte im vergangenen Jahr an, einen Schmรคhpreis, โ€ždie Heuschrecke des Jahresโ€œ, an den Investor des Jahres zu verleihen. Diesbezรผgliche Recherchen brachten jedoch einen ganzen Schwarm aktiver Investoren ans Licht. So tummeln sich unter anderem fรผnf der auf Bundesebene grรถรŸten Investoren (sie bewirtschaften bundesweit รผber 70.000 ha) hinsichtlich des Agrarbetriebs- und Flรคchenerwerbs auch in Mitteldeutschland.

Unter Ihnen finden sich neben der Lindhorst-Gruppe, der Steinhoff-Gruppe, der Sรผdzucker AG, der Deutschen Agrarholding und der Hercher Familie auch die Rรถsner-Mautby-Holding und Dr. Oetker. Unternehmen, deren Kerngeschรคft ursprรผnglich der Mรถbelhandel, die Lebensmittelproduktion, der Viehhandel oder das Versicherungsgeschรคft waren, befassen sich zunehmend mit dem Erwerb und der Verwaltung von Immobilien und Beteiligungen im Agrarsektor.

Dass dabei oft auch noch die Grunderwerbssteuer gespart wird, erhรถht die Attraktivitรคt natรผrlich weiter. So wechselten allein in Thรผringen seit der Jahrtausendwende รผber 20.000 ha (immerhin mehr als 3% der Ackerflรคche Thรผringens) in den Besitz ortsfremder, รผberregional bis international tรคtiger Konzerne. Mit Boreas scheint sich auch demnรคchst ein groรŸes Windkraftunternehmen in die Landwirtschaft einkaufen zu wollen.

Die AbL will einen รถffentlichen Diskurs anregen, ob diese Art der โ€œmodernenโ€ Landwirtschaft gesellschaftlich akzeptiert wird und diese uneingeschrรคnkt und gleichrangig mit lokal ausgerichteten bรคuerlichen Betrieben in den Genuss einer รถffentlicher Fรถrderung kommen soll. Hier ist die Politik lรคnderรผbergreifend gefordert!

Bezug nehmend auf die oben erwรคhnten Insekten lรคsst sich dabei resรผmieren: eine Heuschrecke richtet in der Agrarlandschaft keinen nennenswerten Schaden an, fรคllt jedoch ein ganzer Schwarm รผber die Flรคchen her, so kann dies grundlegende Folgen haben. Einzelne, historische Beispiele schafften es in vorindustrieller Zeit sogar bis in biblische Schriften.

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