Forschung findet nicht nur in Laboren von Universitäten oder Instituten statt. Auch Laien führen eigene Studien durch und experimentieren zum Beispiel mit modernen biowissenschaftlichen Methoden. Das geht bis hin zu privaten Gentherapien. Was Privatpersonen dürfen und was nicht, ist dabei nicht immer komplett geregelt. Außerdem ist vielen Bürgerforscherinnen und -forschern die Rechtslage gar nicht bekannt.

Der Jurist und Biologe Dr. Timo Faltus von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) will daher in einem von der Fritz Thyssen Stiftung mit 190.000 Euro für zunächst zwei Jahre geförderten Projekt deutsche Citizen-Science-Vorhaben und die aktuelle Gesetzeslage analysieren.

Wenn Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Studien mit Menschen durchführen, gibt es dafür sehr klare Regeln. Neue Therapien oder Medikamente beispielweise müssen ausführlich getestet werden, bevor sie am Menschen angewendet werden dürfen. Außerdem entscheidet eine Ethikkommission, ob Rechte und Sicherheit der Studienteilnehmer gewahrt werden. So soll sichergestellt werden, dass Patienten nicht ungerechtfertigten Risiken ausgesetzt und beispielsweise auch datenschutzrechtliche Aspekte berücksichtigt werden.

Bei Citizen-Science-Projekten ist die Lage – zumindest teilweise – eine andere. „Mit der neuen CRISPR/Cas-Methode können Sie theoretisch am Küchentisch Gentechnik betreiben“, so Faltus. „Vor allem in den USA haben sich manche Leute schon alles Mögliche gespritzt.“ Besonders bekannt wurde der Biohacker Aaron Traywick, der sich selbst entwickelte und ungetestete Gentherapeutika spritzte. Es gebe beispielsweise auch Menschen, die sich in Onlineforen über die Programmierung von Insulinpumpen austauschen, um die Behandlung von Diabetes zu verbessern.

In dem neuen Projekt möchte Faltus sich nun zunächst einen Überblick über Citizen Science in Deutschland verschaffen. Den Fokus legt er dabei auf Vorhaben, die neue medizinische Therapien entwickeln oder bestehende Therapien verbessern wollen. „Das ist bislang noch nicht systematisch aufbereitet, weder in empirischer noch in forschungsethischer oder rechtlicher Sicht“, so Faltus. „Dafür müssen wir die Projekte zunächst identifizieren.“ Anschließend untersucht er, inwieweit diese Projekte bereits von den vorhandenen Gesetzen erfasst werden.

„Ich gehe davon aus, dass zumindest ein Teil dieser Projekte bereits rechtlich geregelt ist, aber die Leute das nicht wissen.“ Die Anwendung gentechnischer Methoden etwa sei ohne Genehmigung prinzipiell nicht erlaubt, findet in der Citizen-Science-Community jedoch breites Interesse. Auf Tagungen habe er erlebt, dass manche Personen ganz erstaunt gewesen seien, dass das, was sie machen, verboten ist, erzählt Faltus. „Viele berufen sich auf die Freiheit der Forschung, aber auch die unterliegt Regeln, die nicht auf die institutionalisierte Wissenschaft beschränkt sind.“

Andererseits hätten auch viele Bürgerwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler selbst Bedarf, dass die rechtlichen Voraussetzungen für ihre Studien geklärt werden. „Manche der Laienforscher fragen bei institutionalisierten Wissenschaftlern nach Regeln für ihre Forschung.“ Ein Ziel seines Projekts sei es daher auch, die rechtlichen Voraussetzungen für Laien verständlich zur Verfügung zu stellen. An manchen Stellen brauche Citizen Science aber möglicherweise auch andere Regeln als die klassische Wissenschaft. Auch solche Gesetzeslücken will Faltus mit seiner Forschung aufklären.

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