Vom 29. September bis zum 2. Oktober treffen sich in Leipzig die Experten für Stimm-, Sprach- und Schluckerkrankungen und für kindliche Hörstörungen. Zur Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Pädaudiologie und Phoniatrie (DGPP) kommen dazu 150 Ärzt/-innen aus ganz Deutschland am Universitätsklinikum Leipzig zusammen.

Themenschwerpunkt sind zum einen die Stimme und das Schlucken nach der Therapie von Kopf-Hals-Tumoren und zum anderen die Zunahme von Sprachentwicklungsstörungen und zentralen Hörstörungen bei Kindern und Jugendlichen.

„Unser Fachgebiet ist seit Jahren mit einem Trend stetig steigender Patientenzahlen konfrontiert“, beschreibt Prof. Michael Fuchs die Herausforderungen, vor denen er und seine Kolleg/-innen stehen. Der Leiter der Sektion Phoniatrie und Audiologie am Universitätsklinikum Leipzig organisiert in diesem Jahr die Jahrestagung seiner Fachgesellschaft, die vom 29. September bis zum 2. Oktober am Universitätsklinikum Leipzig stattfinden wird.

Etwa 150 Expert:innen für Stimm-, Sprach-, Schluck- und kindliche Hörstörungen treffen sich dazu in der Messestadt. Dabei stehen zwei Themenschwerpunkte im Mittelpunkt. Einer davon beschäftigt sich mit den Folgen von Tumorerkrankungen im Kopf-Hals-Bereich und deren Auswirkungen auf die Fähigkeiten der Betroffenen, zu sprechen und zu schlucken. 

Sprachentwicklungsstörungen durch zu wenig Kommunikation 

Ein anderes zentrales Thema sind Hör- und Sprachprobleme bei Kindern. „Uns beschäftigt, dass wir eine weitere Zunahme von Sprachentwicklungsstörungen bei Kindern und Jugendlichen beobachten“, erklärt Prof. Peter Kummer vom Universitätsklinikum Regensburg, der Präsident der DGPP. Das unterstreichen auch aktuelle Zahlen der KKH Kaufmännische Krankenkasse, nach denen die Zahl der betroffenen 6- bis 18-Jährigen zwischen 2019 und 2021 um rund neun Prozent, bei den 15- bis 18-Jährigen sogar um fast 21 Prozent stieg.

Immer häufiger werden bei Kindern neben Hörstörungen oder genetischen Veranlagungen Sprachentwicklungsdefizite festgestellt, die nicht auf körperliche Faktoren zurückzuführen sind. „Die Ursachen sind auch gesellschaftlicher Art – die Kommunikationskultur in den Familien hat deutlich nachgelassen“, begründet Prof. Kummer. Es wird oft zu wenig mit den Kindern und auch miteinander gesprochen.

„Gemeinsame Mahlzeiten oder andere Gelegenheiten zum Sprechen sind auf dem Rückzug, gleichzeitig nimmt die Mediennutzung auch bei Kindern einen immer größeren Raum ein. Das ist ein Problem, denn Kinder brauchen sprachliche Anregung, um ihre Fähigkeiten auf diesem Gebiet entwickeln zu können“, so der Experte.

Zudem haben gerade bei den kleinen Kindern pandemiebedingte Hygienemaßnahmen wie Schutzmasken und Kontaktbeschränkungen den Spracherwerb im Vorschulalter erschwert. Die Folgen unerkannter und unbehandelter Sprachentwicklungsstörungen können bis in das Erwachsenenalter fortwirken und zu einer Beeinträchtigung sprachlicher und kommunikativer Kompetenzen in privaten und Berufsalltag führen. 

Verstehensprobleme durch zentrale auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen 

Aber auch ein zweiter Faktor spielt eine Rolle: unentdeckte zentrale Hörstörungen, die das richtige Hören und in der Folge das korrekte Sprechen und die Kommunikation erschweren.

„Hier gibt es eine wachsende Gruppe von Betroffenen, die mit dem peripheren Hörorgan zwar perfekt hören und im Hörtest mit Tönen keine Auffälligkeiten zeigen, dafür aber Probleme haben, sich Gehörtes zu merken, Sprache im Störschall zu verstehen und die Richtung zu erkennen, aus der der Schall kommt – sowohl bei Gesprächspartnern als auch zum Beispiel im Straßenverkehr.“, erläutert Prof. Fuchs.

Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung (AVWS) nennt sich dieses erst seit 15 bis 20 Jahren näher untersuchte und beschriebene Krankheitsbild, bei dem die Experten auch von einer hohen Dunkelziffer Betroffener bis ins Erwachsenenalter hinein ausgehen. In Leipzig gibt es auf diesem Gebiet einen deutschlandweit einzigartigen Forschungsschwerpunkt mit einem besonderen Netzwerk. Dazu gehören neben den Mediziner/-innen am UKL auch die älteste deutsche Förderschule für Hörgeschädigte, das Berufsbildungswerk Leipzig Hören-Sprache-Kommunikation und das Institut für Biologie (Allgemeine Zoologie und Neurobiologie) der Universität Leipzig.

„Dank dieses Netzwerks können wir unsere Patient/-innen optimal begleiten und so auch gemeinsam herausfinden, wie wir den Kindern und Jugendlichen am besten helfen können, einen selbstbestimmten Alltag leben zu können“, ist Prof. Fuchs überzeugt. „Wir freuen uns daher sehr, dass wir dieses Netzwerk mit seiner Beispielwirkung und die daraus gewonnenen Erkenntnisse bei der diesjährigen Tagung entsprechend präsentieren können.“

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