Die vielen friedlichen Proteste so vieler Bäuerinnen und Bauern zeigen nicht nur, dass Hass und Hetze in der Landwirtschaft keinen Platz haben. Sie machen  insbesondere deutlich, dass die seit Jahren ausstehenden Veränderungen in der Agrarpolitik endlich angepackt werden müssen. Anders sind die Ursachen der laufenden Proteste nicht in den Griff zu bekommen.

Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) e.V. begrüßt vor diesem Hintergrund die Initiative der Fraktionsspitzen am kommenden Montag mit den Bäuerinnen und Bauern über die längst notwendigen Veränderungen in der Agrarpolitik zu sprechen. Um welche Inhalte es bei diesem Gespräch gehen muss, hat die AbL in einem agrarpolitischen 6-Punkteplan konkret beschrieben.

1. Machen Sie es Milchbäuerinnen und -bauern endlich möglich, kostendeckende Preise für ihre Produkte zu verhandeln – setzen Sie    die Vertragspflicht vor Lieferung und mit festen Preisen zwischen Bäuer:innen und Molkereien um! (Artikel 148 der Gemeinsamen Marktordnung)

2. Unterstützen Sie die Bäuerinnen und Bauern beim Umbau der Tierhaltung – führen Sie eine Tierwohlabgabe ein!

3. Sorgen Sie für Ackerland in Bauernhand – wer bereits extrem viel Land besitzt, muss beim erneuten Landkauf eine erhöhte Grunderwerbsteuer zahlen!

4. Stellen Sie sicher, dass Bäuerinnen und Bauern mit Umweltschutz auch Geld verdienen können – Die Prämien der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP) für ökologische Leistungen müssen zum Betriebseinkommen beitragen!

5. Stärken Sie viele und vielfältige landwirtschaftliche Betriebe – sorgen Sie für eine gerechte und soziale Verteilung der Gelder der GAP!

6. Wenden Sie Einkommensverluste von den Höfen ab und sichern Sie gentechnikfreie Märkte – sorgen Sie für eine weiterhin strenge Regulierung der Gentechnik!

Die AbL weist darauf hin, dass das  geschnürte Maßnahmenpaket den Bundeshaushalt nicht weiter belastet, Bäuerinnen und Bauern wirtschaftlich stärkt und die notwendige Ökologisierung des Ackerbaus und den Umbau der Tierhaltung hin zu artgerecht und umweltverträglich gezielt voranbringt. Sollte es zum geplanten schrittweisen Abbau der Dieselrückvergütung kommen, ist für die AbL klar, dass dieser sehr viel sozial gerechter ausgestaltet werden muss als bisher vorgeschlagen.

Martin Schulz, Bundesvorsitzender der AbL und Landwirt in Niedersachen erläutert:

„Dass die Landwirtschaft ökologischer und die Tierhaltung artgerechter werden muss, ist zwischen uns Bäuerinnen und Bauern und den Vertreter:innen aus Umwelt- und Tierschutzverbänden spätestens seit den Empfehlungen der Zukunftskommission Landwirtschaft und der Borchert-Kommission geeint.

Dies gilt ebenso für den Punkt, dass diese anstehenden Veränderungen mit wirtschaftlichen Perspektiven für unsere landwirtschaftlichen Betriebe verbunden werden müssen. Weder die Ampel noch ihre Vorgängerregierung hat diese Empfehlungen nennenswert umgesetzt.

Auch die vollmundige Ankündigung von Minister Özdemir zu Beginn seiner Amtszeit, die Bäuerinnen und Bauern in ihren Preisverhandlungen mit den Molkereien, Schlachthöfen und Mühlen zu stärken, ist bis heute eine Worthülse geblieben.

Kanzler Scholz, Minister Özdemir, Minister Lindner und die Fraktionsspitzen der Ampel müssen die aktuellen Proteste zum Anlass nehmen, das Ruder in der Agrarpolitik endlich herum zu reißen und die Empfehlungen der Zukunfts- und Borchert-Kommission mit Leben füllen. Der ggrarpolitische Status Quo ist weder für die Landwirtschaft noch für den Umwelt- und Tierschutz eine Option.“

Martin Schulz ergänzt zu den Vorschlägen aus Teilen der CDU einen weiteren Gesellschaftsvertrag zur Zukunft der Landwirtschaft auszuhandeln:

„Wir haben in 16 Jahren CDU geführtem Landwirtschaftsministerium unter Ilse Aigner die Carta Landwirtschaft, unter Christian Schmidt das Grünbuch Landwirtschaft und unter Angela Merkel und Julia Klöckner die Zukunftskommission Landwirtschaft sowie die Ergebnisse der Borchert-Kommission ausgehandelt. Jetzt ist nicht die Zeit für einen Gesellschaftsvertrag 5.0. Was wir brauchen sind Politikerinnen und Politiker, die anpacken und die vorliegenden Empfehlungen endlich umzusetzen!“

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