In DDR-Zeiten wurde das agra-Messegelände als Schauplatz für die Landwirtschaftsausstellungen aus dem Boden gestampft. Dafür wird es schon seit Jahrzehnten nicht mehr gebraucht. Einige Verbraucherveranstaltungen finden hier in den letzten Jahren noch statt. Aber wirklich gebraucht wird das Ausstellungsgelände von der Stadt Leipzig nicht mehr. Doch die Stadt sitzt das Thema lieber aus, als Visionen zu entwickeln. Das nervt jetzt die Grünen.

“Die guten Tage des agra-Geländes sind immer dann, wenn das letzte Wochenende des Monats ansteht oder wenn Pfingsten sich die Welt zum schwarz-mittelalterlichen Spektakel versammelt. Hin und wieder gibt’s noch eine kleine Fachmesse in einer der noch verbliebenen Ausstellungshallen. Ansonsten ist es schon zu lange viel zu ruhig. Für das agra-Messegelände muss durch die Stadt als Flächeneigentümerin endlich ein Konzept vorgelegt werden”, fordert der bündnisgrüne Stadtrat Norman Volger.

Die derzeitigen Nutzer und Veranstalter würden gern langfristig bleiben und bräuchten langfristige Zusagen, beispielsweise für Investitionen, meint er. Auch der ganze Stadtteil Dölitz könnte von einem Konzept für die agra profitieren, was dringend nötig wäre.

Am Mangel an guten Konzeptideen könne es nicht liegen, die wurden bei einem großen Workshop schon 2011 entwickelt, so Volger. Damals wurde die schlummernden touristischen Potenziale und die natürliche Schönheit des Gesamtgeländes im Zusammenhang mit dem agra-Park gewürdigt und als schützenswert erklärt.

Weiterhin sollte die Stadt Leipzig aus dem Workshop mitnehmen, dass das agra-Gelände zukünftig Erlebnispark und Präsentationsfläche für Möglichkeiten der traditionellen und alternativen Energiegewinnung und der Anbieter dieser Technologien werden könnte. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sieht hier einen tatsächlichen Bedarf, diese Wettbewerbsidee weiterzuverfolgen.

Grünen-Stadtrat Norman Volger: “Jeder könnte sich Kenntnisse zur Energiegewinnung und zu den Auswirkungen seines Energieverhaltens vor Augen führen. Die Anbieter hätten auf dem agra-Gelände viele Möglichkeiten, ihre Technologie zu präsentieren und für sich zu werben. Das wäre eine innovative Neuorientierung. Eigentlich erwarte ich, dass der Wirtschaftsbürgermeister dies zu seinem persönlichen Anliegen macht. Gebündeltes Wissen und Kompetenzen könnten hierher gezogen werden – aktive Wirtschaftsförderung für private und gewerbliche Interessenten.”

Ein ähnliches Konzept propagiert die EnergieCity Leipzig GmbH, die aber ebenso glücklos versucht, einen Informationskubus in der Nähe des Hauptbahnhofs zu platzieren.

Die Stadt selbst hat zu dem Thema überhaupt kein Konzept und denkt lieber noch ein Weilchen nach.Der aktuelle Stand sei leider noch ungenügend, so Volger. Die Verwaltung prüfe noch – insbesondere Kostenkonflikte wären noch auszuräumen.

So antwortete auf eine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Leipzigs Wirtschaftsbürgermeister Uwe Albrecht in der Ratsversammlung am 18. Juli: “Haushaltsrechtliche Fragen sowie Fragen der praktischen Umsetzung des Konzeptes bedürften noch einer weiteren Betrachtung bzw. Abstimmung sowohl innerhalb der Verwaltung als auch mit handelnden Akteuren, Umweltverbänden, Bürgervereinen, Wirtschaftsinitiativen und betroffenen Bürgern vor Ort.”

Ein Problem beim agra-Park ist seine Zersplitterung. Der einst 190 Hektar große Herfurthsche Park ist heute geteilt zwischen den Städten Leipzig und Markkleeberg. Das teilt nicht nur die beiden Erholungsflächen mit dem Süd- und dem Westteil des Herfurthschen Parks auf Markkleeberger Flur und dem Dölitzer Holz und dem Goethepark auf Leipziger Flur, es teilt auch das einstige Ausstellungsgelände in einen größeren Leipziger Teil von 40 Hektar und einen kleinen Markkleeberger Teil der ehemaligen agra.

“Unabhängig vom Wave-Gotik-Treffen, welches in jedem Fall auch künftig auf der agra stattfinden soll, bemüht sich die Stadt Leipzig um eine sinnvolle ganzheitliche Nachnutzung des ehemaligen Ausstellungsgeländes und lässt derzeit hierzu ein Nachnutzungskonzept erarbeiten”, heißt es dazu auf der Website der Stadt Leipzig. “Bestandteil dieses Konzeptes wird u.a. die behutsame Erweiterung der Auenlandschaft in Ergänzung des bestehenden Auwaldes sein. Die Erweiterung der Auenlandschaft soll die geplante Erhaltung und weitere Aufwertung des zwischen der B2 und der Mühlpleiße gelegenen Teils des agra-Parks sinnvoll ergänzen, der mit dem Herfurth-Park ein Denkmalschutzgebiet umfasst und Bestandteil des Landschaftsschutzgebietes ‘Leipziger Auenwald’ ist.”

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Im vierten Quartal 2012 habe man nun das Ziel, ein Konzept zur Beschlussfassung vorzulegen, weiß Volger zu berichten. “Ob bei diesem Konzept die genannten Akteure erneut beteiligt werden, blieb auch auf Nachfrage im Unklaren”, so Volger. Ebenso ob das Ziel erreicht werde.

Nachdem die Entwicklung des Geländes schon so lange dauert, dürfe man zumindest zweifeln. “Die unendliche Geschichte um die Entwicklung des agra-Geländes muss aber endlich ein Ende haben, auch um den derzeitigen Veranstaltern Aussagen zur mittel- oder langfristigen Nutzung gegenüber machen zu können, um sie nicht irgendwann zu verlieren”, so Volger.

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