Zu den Stadträten, die den Antrag unterzeichnet haben, das Umbauprojekt für die Georg-Schumann-Straße zwischen Huygensplatz und S-Bahnhof zu stoppen, gehört auch Andreas Geisler, Mitglied der SPD-Fraktion und selbstständiger Bäckermeister. Für ihn sind die Probleme rings um die Georg-Schumann-Straße noch nicht gelöst. Seit 2012 soll eigentlich die neue B6, die nördlich der Georg-Schumann-Straße gebaut wurde, den Durchgangsverkehr aufnehmen.

Diese Entlastung der Georg-Schumann-Straße ist die Voraussetzung für den Umbau der Magistrale und eine deutliche Aufwertung der Straßenräume mit besseren Bedingungen für die umweltfreundlichen Verkehrsarten.

Aber so richtig zum Freudentaumel regt die neue B6 (Neue Hallesche Straße, Travniker Straße/Max-Liebermann-Straße) Andreas Geisler nicht an. Für den Bäckermeister aus Lindenthal ist die Nordroute über die B6 eigentlich “täglich Brot”. Und täglich Ärger. Denn an entscheidenden Knotenpunkten fließt der Verkehr nicht, sondern sorgt für Frust.

“Besonders an den beiden Knotenpunkten Virchow-/Liebermann-Straße und Essener-/Delitzscher Straße zeigt sich jeden Tag, dass diese eben nicht funktioniert, denn dort ist ständig Stau, besonders natürlich im Berufsverkehr, aber auch oft einfach so, denn es ist meine Strecke als Stadtrat ins Rathaus.”

Augenscheinlich sieht auch das zuständige Verkehrs- und Tiefbauamt Handlungsbedarf. So wurde es, so Andreas Geisler, auch im Fachausschuss Wirtschaft und Arbeit thematisiert. Nur stehen die beiden Kreuzungen in keiner Prioritätenliste der Stadt vorn und es gäbe somit auch kein Geld für den Umbau der beiden Knotenpunkte. Beide befinden sich außerhalb des bis 2012 vom Verkehrs- und Tiefbauamt beplanten Bereichs der B6. Dazu gehörten damals nicht nur die Umbauten in der Max-Liebermann-Straße, sondern auch die Aufhebung der Stellflächen zwischen Landsberger Straße und Virchowstraße. Man hat also im westlichen Teil der Straße das Fahren wie versprochen beschleunigt und Hindernisse aus dem Weg geräumt für die Kraftfahrer, die dann durch die beiden Kreuzungen Virchowstraße und Delitzscher Straße wieder ausgebremst werden.

Das Urteil von Andreas Geisler: “So lange aber eine Ausweichroute solche Engstellen hat, funktioniert sie nicht. Und die Weiterfahrt über die B2 ist auch oft genug ein einziger Stau, weil auch dort Ampeln kaum abgestimmt schalten. Darüber könnte man gern auch mal ein paar Worte verlieren.”

Da wird für manchen Autofahrer die Fahrt über die Georg-Schumann-Straße doch wieder zur Alternative und der Wunsch, es möge da weiterhin flott bleiben, entsprechend groß.

“Ich verstehe, dass Fahrgastrat oder die im Magistralenmanagment organisierten Anlieger die Vorlage gut finden, aber wir brauchen Lösungen für die ganze Stadt, die auch die Wirtschaft im Auge behält, denn die kleinen Unternehmen fahren in der Regel nicht zum Spaß Auto, sondern als Handwerker, Dienstleister, Pfleger usw. für unser Wohlbefinden und als ihren Beruf”, sagt Geisler. “Eine kluge Abwägung der Interessen ist da der Schlüssel. Und wenn wir nicht zufällig Stadträte mit Sitz sowohl im VA als auch im FA W/A hätten, wäre die Verwaltung überhaupt nicht auf die Idee gekommen, das mit den Wirtschaftsstadträten zu besprechen, denn wir kamen in der ursprünglich geplanten Beratungsabfolge nicht vor.”

Mittlerweile aber scheint sich der Wirtschaftsausschuss zu einer Art UFO zu entwickeln. Weder Linksfraktion noch SPD-Fraktion tragen die Haltung ihrer Stadträte aus dem Wirtschaftsausschuss mit, wollen am 17. Juni hingegen für den Umbauvorschlag der Stadtverwaltung stimmen. Und auch die Gewerbetreibenden aus der Georg-Schumann-Straße fühlen sich durch den Einspruch des Wirtschaftsausschusses verstört. Immerhin trägt der Umbau der “Schumi” nach 25 Jahren erstmals die Chance der Revitalisierung der Magistrale in sich.

Eher scheint der Wirtschaftsausschuss mittlerweile recht kompakt das Gefühl zu haben, dass sich die Aufwertung der Straßen, die auch mit Neuaufteilungen des Straßenraumes für ÖPNV und Radverkehr einher geht, gegen den Wirtschaftsverkehr richtet.

Carsten Schulze vom Pro Bahn e.V. macht ein wenig auch die Stadtverwaltung selbst für dieses Gefühl mit verantwortlich. “Die Stadt gibt viel zu wenige Zahlen heraus”, sagte er am Freitag, 12. Juni, bei einem Pressetermin an der “Schumi”. “So kann sich kein Mensch eine Vorstellung machen, wie sich der Verkehr in Leipzig wirklich im Einzelnen verändert hat. Damit schießt sich die Verwaltung selbst ins Knie, obwohl sie die Zahlen hat. Überall im Straßennetz sind Zählschleifen im Asphalt eingelassen. Die Stadt hat die Zahlen – kommuniziert sie aber nicht.”

So dass sich alle Teilnehmer in der Leipziger Verkehrsdiskussion immer nur auf ihr Bauchgefühl und die vage Einschätzung beim eigenen Straßenbesuch verlassen können. Egal, ob es die Zahlen zum motorisierten Verkehr sind, zum Radverkehr oder zur ÖPNV-Nutzung. Und – das ist ja nun seit der STEP-Diskussion offensichtlich – auch zum Wirtschaftsverkehr. Der hat in einer wachsenden Stadt mit ebenso wachsenden Verkehrsteilnehmerzahlen natürlich auch Probleme. Die Frage ist nur: Sind es eher Fragen der Geschwindigkeit und der Durchlässigkeit der Hauptstraßen?

Schulze streitet das ab und verweist auf die Karl-Liebknecht-Straße, die Wurzner Straße. Selbst die Bornaische Straße könnte man nennen.

Andreas Geisler sieht – durch den CDU-Antag zum  STEP Verkehr begründet – den Erhalt der Leistungsfähigkeit des Hauptstraßennetzes in Gefahr. “Ich möchte mal den Aufschrei sehen, wenn wir schon eine schmale Straße daraus machen und sie angeblich nicht mehr als Hauptverkehrsstraße brauchen, wenn dann mal einer die Abstufung der Straße und die Erhebung von Ausbaubeträgen in Betracht gezogen würde, wie wir es in den Randgemeinden regelmäßig erlebt haben, ob dann noch alle so freudig dafür wären”, sagt er.

Nur seine Mitstreiter in der SPD-Fraktion sehen es nicht so. Eine Herabstufung der Georg-Schumann-Straße ist nicht geplant.

Vielleicht ist es wirklich an der Zeit für den versprochenen Runden Tisch Wirtschaftsverkehr und eine Thematisierung der Straßengestaltung für die lokale wirtschaftliche Entwicklung. Möglicherweise stelt sich dann heraus, dass der Wirtschaftsverkehr in Leipzig ganz andere Probleme hat – fehlende Ladezonen zum Beispiel, fehlende Parkplätze für Handwerker, Pflege- und Lieferdienste.

Was nicht heißt, dass man die Bremsknoten in der Max-Liebermann-Straße nicht beseitigen kann.

Dafür prüfe er gerade weitere Schritte, sagt Andreas Geisler.

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Soweit ich mich “akustisch” erinnern kann, wurde das Problem dieser Bremsknoten schon 2012 bei einem Diskussionsabend zum großen (und letztlich gescheiterten) Bürgerwettbewerb “Stadtverkehr” benannt. Der seinerzeitige Diskussionsgast, der heute eine wichtige Rolle im Verkehrsamt innerhat, wird es aber wieder vergessen haben…

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