Es gibt viele Wege, das Finanzierungsdilemma der Leipziger Kulturhäuser wenn schon nicht zu lösen, dann aber doch zumindest zu lindern. Einer ist der solidarische Weg, den die Leipziger für ihre Muko, die Musikalische Komödie in Lindenau, nun schon seit 13 Jahren praktizieren: Mit jedem gekauften Ticket geht ein Euro in den Reparaturtopf des hundertjährigen Hauses. Begonnen hat die Aktion, als eine der vielen Schließungsdebatten um das "Haus Dreilinden" entbrannte.

Damals – im Jahr 2001 – ging es mal nicht um Einsparungen im großen Kulturetat der Stadt, sondern um die Frage, wie lange der alte Saal noch ohne eine umfassende Sanierung und Modernisierung bespielbar sein würde. Die verfügbaren Gelder reichten nicht einmal zu den dringendsten Reparaturen. Damals sprang der Förderverein in die Bresche, organisierte Solidaritäts- und Benefizkonzerte, rüttelte die Öffentlichkeit wach, die eigentlich im Fall Muko nie wachgerüttelt werden muss. Viel wichtiger war es, die Stadträte von der Brisanz des Hauses zu überzeugen.

Das dauerte ein Weilchen. Aber am Ende stimmte der Stadtrat dann auch einem Vorschlag zu, der dem Haus wenigstens aus der ärgsten Reparaturklemme helfen musste, so lange im Haushalt der Stadt nicht die nötigen 10 Millionen Euro verfügbar wären, um eine größere Sanierung zu starten. Das war der Muko-Euro. Diesen Zuschlag auf jede Eintrittskarte beschloss der Stadtrat zuletzt auch wieder mit der Eintrittsregelung von 2012. Er sollte eigentlich bis 2015 begrenzt sein. Aber wirklich geändert hat sich die Lage nicht.

Noch immer stauen sich zu viele Sanierungsprojekte auch beim Kulturdezernat in der Warteschlange. Bei Oper und Gewandhaus sieht man nach fast zehn Jahren diverser Teilsanierungen inzwischen so etwas wie Licht am Horizont und einen Punkt, an dem man sagen kann, dass die in DDR-Zeiten erbauten Häuser die nächsten Jahrzehnte wieder problemlos bespielbar sind. Doch beim Theater der Jungen Welt stehen Erweiterungen an, die neue kleine Spielstätte des Schauspiels steht auf der Tagesordnung, das Naturkundemuseum schreit geradezu nach einer Lösung. Bis 2020 jedenfalls scheint die Muko einfach noch nicht dran zu sein.

“Mit Instandhaltungsmitteln aus dem laufenden Budget der Oper Leipzig können im Wesentlichen nur erforderliche Wartungen an technischen Anlagen und Notreparaturen durchgeführt werden”, betont nun das Kulturdezernat in seiner Vorlage zur Fortsetzung des Muko-Euro bis 2020. “Für die Erhaltung der Spielstätte ‘Musikalische Komödie’ wurde deshalb – zuletzt befristet bis zum 31.07.2015 – ein zweckgebundener Zuschlag auf die Eintrittspreise erhoben und damit zusätzliche finanzielle Mittel für Instandhaltungen und Investitionen in Zuschauerbereichen aufgebracht.”

Aber das Dezernat ist spät dran mit seiner Vorlage. Im Juli und September soll sich der Betriebsausschuss Kulturstätten mit der Vorlage beschäftigen. Am 16. September soll der Stadtrat seinen Beschluss dazu fassen.

“Die jährlichen Einnahmen aus diesem Zuschlag betragen ca. 50.000 Euro. Seit der Einführung 2001/2002 wurden die Einnahmen für die Sanierung der Besuchertoiletten, die Errichtung eines Behinderten-WC, die Erneuerung des Parkettfußbodens, die Restaurierung der Wandbereiche im Zuschauersaal sowie die Modernisierung und Instandsetzung der Foyers und Sicherheitsbeleuchtungsanlage verwendet. Außerdem wurden dringend benötigte Musikinstrumente angeschafft und eine Beschallungsanlage installiert, ohne die keine Musical-Aufführungen möglich wären”, zählt das Kulturdezernat die vielen Wohltaten auf, die erst durch den Muko-Euro möglich wurden. Doch die Liste dessen, was getan werden muss, ist viel länger: “Investiert werden muss dringend in Bühnentechnik (betrifft insbesondere die Erneuerung Hauptvorhang, Hebebühne, Orchestergraben Hubpodium) sowie in Beleuchtungs- und Tontechnik. Die zukünftigen Einnahmen aus dem zweckgebundenen Zuschlag auf die Eintrittskarten sollen deshalb vorrangig für Maßnahmen verwendet werden, die die Qualität der Vorstellungen erhöhen, was sich wiederum positiv auf die Spielstätte und damit auf die Auslastung der Einrichtung auswirken sollte.”

Und so lautet zumindest der Formulierungsvorschlag für den Beschluss, der im September getroffen werden soll: “Die Erhebung eines zweckgebundenen Zuschlages auf Eintrittskarten der Musikalischen Komödie in Höhe von 1,00 € pro Eintrittskarte wird vom 01.08.2015 bis zum 31.07.2020 fortgeführt. Der Zuschlag wird auf alle Eintrittskarten erhoben, ausgenommen sind Schülergruppen, Juniorcard-Inhaber sowie Besucher, für die die Sonderregelung für ALG II-Empfänger gilt. Die Einnahmen aus diesem Zuschlag sind zweckgebunden für die Durchführung dringender Instandhaltungsmaßnahmen und Investitionen der Musikalischen Komödie zu verwenden.”

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Keine Kommentare bisher

Wenn die MuKo an diesem Standort auch bleibt und nicht actorimäßig ab- oder umgewickelt wird, zahle ich herzlichst gerne den Baueuro drauf.

Aus Hintergrundgeräuschen vernehme ich aber, dass die langfristige Umlagerung der MuKo in Richtung Innenstadt (als Sparte in der Oper oder ins aktuelle Schauspielhaus(!)) noch nicht vom Tisch ist.

Jedenfalls: wenn die MuKo auch technisch (gleiche Bühne, gleiche Probenräume etc.) zu einer Sparte am Augustusplatz wird, kann man sie auch gleich ganz schließen. Leipzig verlöre dann halt ein Alleinstellungsmerkmal mehr, was natürlich überhaupt nix machen würde, denn Leipziger Allerlei wird es auch dann weiterhin in den Restaurants und Tunnels geben…

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