So langsam verlieren auch die großen Fraktionen im Stadtrat die Geduld mit den zähen Verhandlungen um das geplante Schulgrundstück auf dem Gelände des ehemaligen Bayerischen Bahnhofs. Die CDU-Fraktion hatte nicht nur ausgelotet, ob man vielleicht an der Fockestraße eine Schule bauen könnte. Sie hat auch nachgefragt, warum es am Bayerischen Bahnhof seit zwei Jahren klemmt. Und es klemmt weiter, teilt nun das Wirtschaftsdezernat mit.

„Fester Bestandteil der Planungen zum Schulhausbau ist seit langer Zeit der Standort rund um die Semmelweisstraße am Bayerischen Bahnhof“, hatte die CDU-Fraktion noch einmal nüchtern festgestellt, nachdem im Vorjahr die Linksfraktion schon sehr enerviert nach dem Stand der Verhandlungen gefragt hatte. „Seit einiger Zeit wird davon gesprochen, dass die Verträge mit den Eigentümern ausgehandelt, aber noch nicht unterzeichnet seien. Angesichts der Schülerzahlentwicklung, gerade im Leipziger Süden, liegt es auf der Hand, dass zeitlicher Verzug bei Schulneubauten vermieden werden muss.“

Und so lauteten die ersten beiden Fragen logischerweise: „Woran liegt es, dass die Verträge mit dem Grundstückseigentümer bisher nicht abschließend zustande kamen? Welches Dezernat ist für die Verhandlungen und Vertragsabschlüsse zuständig?“

Die Frage nach dem zuständigen Dezernat war nur zu berechtigt, denn bislang hatte die CDU-Fraktion in diesem Fall am liebsten über das Planungsdezernat geschimpft. Aber das ist für Grundstücksverhandlungen der Stadt nun einmal nicht zuständig, sondern das Liegenschaftsamt, das in den vergangenen Jahren immer wieder im Mittelpunkt der Kritik stand. Und das gehört zum CDU-geführten Wirtschaftsdezernat.

Wirtschaftsbürgermeister Uwe Albrecht: „Bei dem Vorgang handelt es sich um ein laufendes Grundstücksgeschäft. Wir können deshalb zu dem Vorgang keine Stellung nehmen. Die Federführung für Grundstücksgeschäfte liegt im Liegenschaftsamt und somit im Dezernat Wirtschaft und Arbeit.“

Pech für die Stadt: Sie hat sich das attraktive Gelände direkt am Bayerischen Bahnhof nicht gesichert und muss nun mit dem privaten Erwerber, der Stadtbau AG, darüber verhandeln, zu welchen Konditionen sie die Grundstücke bekommt, die sie für zwei wichtige Schulbauten zur Versorgung des Leipziger Südens dringend braucht. Und gerade in der Südvorstadt hat sie eigentlich keine Flächen mehr, die für die notwendigen Schulneubauten geeignet sind.

So war denn die Frage der CDU-Fraktion auch eher rhetorisch: „Kann es sich die Stadt Leipzig leisten, Zeitverzug beim Schulneubau auf diesen Flächen in Kauf zu nehmen?“

Logische Antwort aus dem Wirtschaftsdezernat: „Nein. Die Verhandlungen werden fortgeführt und (wir werden den, d.Red.) Stadtrat nach Abschluss über das Ergebnis informieren. bzw. entsprechend der Hauptsatzung werden die notwendigen Vorlagen zur Beschlussfassung in die Gremien gegeben.“

„Warum wird sich nicht darauf orientiert, Grundstücksentwicklung und Schulneubau direkt in eine Hand zu geben, die auch eine private sein kann?“, wollte die CDU-Fraktion noch wissen. Dabei hatte man in der Februar-Sitzung ja gemeinsam mit anderen Fraktionen beschlossen, dass sich Leipzig alle drei Optionen beim Schulbau offen hält: selber zu bauen, die stadteigene LESG zu beauftragen und bei Bedarf auch Private zu beauftragen.

Darauf wies dann auch das Wirtschaftsdezernat hin, mit wichtigem Hinweis, was oft vergessen wird, wenn man vom zügigen Bauen privater Bauherren schwärmt: „Gemäß Ratsbeschluss A-2138 vom 24.02.2016 orientiert die Stadtverwaltung nun für den Schulneubau auch auf schlüsselfertige Übergabe durch Dritte. Dabei ist zu beachten, dass dafür ein europaweites Vergabeverfahren vorgeschrieben ist.“

Aber am Bayerischen Bahnhof stockt es ja nicht, weil man den Bauauftrag nicht loswird, sondern weil sich die Verhandlungen hinziehen wie Gummi. Wofür auch die CDU-Fraktion keinerlei Verständnis hat. Logische Frage: „Wie soll künftig ein derartiger Zeitverzug bei Vertragsverhandlungen mit Grundstückseigentümer und Bauherren vermieden werden?“

Und da zumindest lässt das Wirtschaftsdezernat spüren, dass die Stadt eigentlich auch über Instrumente nachdenken kann, den privaten Eigentümer zum Einlenken zu zwingen – ob sie es tatsächlich tut, ist natürlich eine andere Frage. Aber der Druck aufs Leipziger Schulnetz wächst – und mittlerweile klemmt es gleich an drei geplanten Schulstandorten, an denen private Käufer den Zuschlag erhalten haben: auf der Westseite des Hauptbahnhofs, auf dem Jahrtausendfeld und am Bayerischen Bahnhof.

Und so benennt denn auch das Wirtschaftsdezernat, dass Leipzig bei entsprechend gewachsener Not auch rechtliche Mittel hat, seinen Bedarf zu sichern: „Neben dem Weg der freiwilligen Verhandlungen gibt es für die Stadt gegebenenfalls auch andere Wege der Grundstückssicherung für den Bau von Schulen. Führt der Weg der freiwilligen Verhandlungen nicht zum Ziel, sind nach Prüfung der rechtlichen Möglichkeiten der Stadt je nach Lage des Einzelfalls auch andere Mittel anzuwenden (planungsrechtliches Instrumentarium, städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen, Umlegungsverfahren bis hin zu Enteignungsverfahren auf unterschiedlichen Rechtsgrundlagen).“

Aber das klingt alles nach sehr zeitaufwendigen Schritten, die Jahre dauern können. Dabei geht es mittlerweile um einen wachsenden Bedarf, der schnelle Lösungen braucht. Da müssen in wenigen Monaten Lösungen gefunden sein.

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