Ein schönes Beispiel, wie sehr man bei all den Wasserstandsmeldungen zum Elster-Saale-Kanal durcheinanderkommen kann, bietet jetzt eine Kleine Einwohneranfrage für die Ratsversammlung am 24. August. K. Kühne möchte dort gern wissen, wie es um die „Anbindung Hafen Lindenau an Elster-Saale-Kanal“ steht. Sollte die nicht schon gebaut werden? Irgendwie stand das so in seiner Zeitung.

Und er hat „im Zusammenhang mit dem für September 2016 vorgesehenen Baubeginn des neuen Wohnviertels am Hafen Leipzig-Lindenau (…) folgende Frage: Mir ist erinnerlich, dass im vorigen Jahr in der LVZ verkündet wurde, dass die Anbindung des Hafenbeckens an den Elster-Saale-Kanal (ca. 35 m) für den Sommer 2016 vorgesehen ist und die dafür benötigten Mittel (mehr als 60 Mio Euro ?) bereitstehen.

  1. Wann beginnen die Bauarbeiten und wie lange dauern sie?

1.1. Hat eine mögliche Verzögerung der Anbindung an den Kanal Auswirkungen auf den für September vorgesehenen Beginn der Wohnbebauung am Hafen?

1.2. Für den Fall, dass die Bauarbeiten nicht wie angekündigt erfolgen, würde ich gerne den Grund dafür erfahren und wissen wollen wofür die geplanten finanziellen Mittel verwendet werden.

1.3. Ist für einen solchen Fall nicht mit dem Abspringen von Investoren für das Bauvorhaben Lindenauer Hafen und damit für das „Sterben“ des gesamten Bauprojektes zu rechnen?

Wenn das wirklich so in seiner Zeitung stand, war’s nicht ganz richtig. Beschworen wurde der Durchbruch vom zuständigen Kanalbürgermeister Heiko Rosenthal mehrfach. Ohne Durchbruch vom Lindenauer Hafen zum existierenden Teilstück des Elster-Saale-Kanals gibt es keine Weiterfahrt zur Saale.

Das ganze Kanalprojekt ist in mehrere Bausteine aufgeteilt, die jeder für sich umgesetzt werden. Das Wohngebiet am Lindenauer Hafen wird wahrscheinlich auch dann funktionieren, wenn es keine Weiterfahrt zu Wasser nach Halle gibt. Denn ein wesentlicher Teil zur Aufwertung ist ja schon passiert: 2015 wurde die 650 Meter lange Verbindung vom Karl-Heine-Kanal zum Lindenauer Hafen fertig. Für Paddler, Ruderer und die Fahrgastschiffe, die hier mit Genehmigung unterwegs sind, ist ein schönes Stück neuer Strecke entstanden.

Am Ende wurde es deutlich teurer als geplant – 19,2 Millionen Euro. Das hatte mit dem hoch belasteten Boden im jahrzehntelang als Industriestandort genutzten Hafengebiet zu tun und mit der deutlich teurer gewordenen Teilentschlammung des Lindenauer Hafens.

Um den Elster-Saale-Kanal bis zur Saale weiterzubauen, will Leipzig jetzt einen Zweckverband mit den westlich benachbarten Kreisen und Kommunen gründen, um damit auch Fördergelder einwerben zu können. Daran arbeitet man übrigens schon seit 2009 emsig. 106 Millionen Euro kostet das Projekt – 39,3 Millionen davon allein der Kanalbau, 37,9 Millionen das Schiffshebewerk, 10,9 Millionen Straßen- und Wegebau, 8,5 Millionen der Ingenieurbau (Brücken z.B.) und weitere 8,9 Millionen die notwendigen Naturschutzausgleichsmaßnahmen.

Das sind alles grob geschätzte Zahlen von 2011. Man darf nicht vergessen: Man hat sich auch noch nicht wirklich auf eine endgültige Trassenführung geeinigt.

Grobe Schätzungen waren auch die 45 Millionen Euro für wasserseitige Infrastruktur wie Häfen und Liegeplätze, die noch obendrauf kämen. Denn immer liegen den Wirtschaftlichkeitsberechnungen Erwartungen eines massiv zunehmenden Motorbootverkehrs zugrunde. Erst wenn viele Motorboote an den diversen Häfen und Liegeplätzen festmachen und sich dort auch feste Gastronomie etablieren kann und die Betreiber von Werkstätten und Betankungsanlagen verlässliche Umsätze generieren, kommen auch die ganzen Umsatzzahlen zusammen, die sich die Studienersteller 2011 so gedacht haben.

Wenn die Zahlen so nicht kommen, rechnet sich weder ein Restaurant am Schiffshebewerk (wo man schnell mal mit einer halben Million Schaulustiger im Jahr rechnet) noch der Betrieb einer Hafeninfrastruktur im Lindenauer Hafen.

Das aber ist der Baustein, den die Stadt eigentlich als nächsten bauen wollte: die Marina am Lindenauer Hafenbecken.

Vielleicht war es das, was K. Kühne so in Erinnerung hatte. 2013 hat das Leipziger Kanaldezernat dafür schon recht genaue Termine genannt. Aber wie das so ist: Was man nicht bezahlen kann, wird erst einmal nicht gebaut. Es verschiebt sich. In diesem Fall war zumindest von einer offiziellen Ausschreibung noch nichts zu hören.

„Für die MARINA Leipzig-Lindenau wurde die Planung bis zur HOAI-Leistungsphase 2 vorangetrieben”, hatte die Verwaltung 2013 mitgeteilt. “Es wurde die grundsätzliche medientechnische und infrastrukturelle Erschließung untersucht. Für die Errichtung der Slippanlage wurde eine Vorzugsvariante erarbeitet. Die weiteren Planungsschritte erfolgen in Verbindung mit einem Vermarktungskonzept. Die MARINA Leipzig-Lindenau soll bis 2017 ihren Betrieb aufnehmen.“

Dass sich dieses Entwicklungsprojekt am Nordende des Lindenauer Hafenbeckens verschoben hat, hängt auch mit Entwicklungsschritt 1 am Hafen zusammen: Der Vermarktung des Neubaugebietes, die sich am Ende dann doch um zwei Jahre länger hinzog als ursprünglich geplant. Veranschlagte Kosten für die Marina aus Sicht der Stadt: 2,7 Millionen Euro.

Aber K. Kühne hatte ja nach dem Durchbruch zum Elster-Saale-Kanal gefragt.

Seit 2013 gilt zumindest: „Die Gewässerverbindung Lindenauer Hafen – Saale-Elster-Kanal über eine Länge von 75 m ist für 2018 geplant, so dass weitere, schon heute fertiggestellte 11 km des  Saale-Elster-Kanals genutzt werden können. Die Planungen für diesen Verbund liegen bis zur HOAI-Leistungsphase 4 vor.“

2015 – mit Eröffnung des Kanalstücks zum Karl-Heine-Kanal – hatte Bürgermeister Heiko Rosenthal angekündigt, dass man diesen Durchbruch 2018 in Angriff nehmen wolle. 2013 war noch von Baubeginn 2017 die Rede. Dabei muss auch die Lyoner Brücke im Verlauf der Lyoner Straße neu gebaut werden. Die geschätzten Kosten für diesen Durchbruch liegen nicht bei 60 Millionen Euro – die auch nirgendwo schon in Reserve liegen. Es sollen – nach den Schätzungen von 2015 – rund 8,5 Millionen Euro werden.

Wenn die Stadt hier aber bauen will, muss das Projekt jetzt zwingend in der Haushaltsplanung für die Jahre 2017/2018 der Stadt Leipzig auftauchen.

Kostenschätzung zum Elster-Saale-Kanal von 2011.

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