Die Georg-Schwarz-Brücken befinden sich in einem miserablen Zustand und müssen ab 2021 durch Neubauten ersetzt werden. Doch was dem Stadtrat jetzt vorgelegt wurde, war augenscheinlich die Vorplanung aus den 1990er Jahren. Sie atmet noch den Geist der verkehrstechnischen Großbauten mit hoher Bundesförderung. Aus Sicht des ADFC aber entspricht diese Planung nicht den verkehrspolitischen Zielen des STEP aus dem Jahr 2004 und seiner Fortschreibung 2015.

„Der vorliegende Entwurf sprengt sämtliche städtebaulichen Maßstäbe und vernachlässigt die Anforderungen an den öffentlichen Nahverkehr sowie den Fuß- und Radverkehr“, stellt Dr. Christoph Waack, Vorsitzender des ADFC Leipzig, mit Entsetzen fest, nachdem er sich die Stadtratsvorlage genauer angeschaut hat. Die neuen Brückenbauwerke würden in ihrer Dimension die Berliner Brücke im Leipziger Norden noch übertreffen.

Die Gesamtkosten des Projektes werden mit 50 Millionen Euro angegeben. Das entspricht laut Mittelfristprogramm des Verkehrs- und Tiefbauamtes (VTA) den Investitionen in Neubau und Erhalt inklusive Fördermittel, die dem VTA für mehr als ein Jahr überhaupt zur Verfügung stehen.

Im Vergleich zu den anderen Verkehrsbauten der Stadt Leipzig handelt es sich hier um eines der größten Vorhaben der letzten Jahrzehnte.

Das Problem, das auch schon der Ökolöwe kritisierte: Es wurden zwar vor 20 Jahren verschiedene Varianten untersucht. Der Stadtrat bekommt aber nur eine einzige vorgelegt, kann sich also überhaupt kein Bild über mögliche alternative Varianten machen.

„Es sollte eigentlich nach vielen Jahren intensiver und erfolgreicher Bürgerbeteilungsprozesse gelebte Verwaltungspraxis sein, dem Stadtrat und der Öffentlichkeit verschiedene Planungsvarianten vorzulegen, um sachgerechte und abgewogene Entscheidungen treffen zu können. Es ist erschreckend, dass hier der Stadtrat nach der Devise ‚Friß oder stirb‘ abgespeist werden soll“, stellt Dr. Christoph Waack fassungslos fest.

Der ADFC Leipzig hat daher eine eigene Variante mit Brückenneubauten entworfen, die sich am Bestand orientiert und dennoch die Leistungsfähigkeit für alle Verkehrsarten erhöht. Und auch hier schließt man sich der Kritik des Ökolöwen an: Die städtische Variante sehe ausschließlich eine Steigerung beim Kfz-Verkehr vor.

Die Georg-Schwarz-Brücken heute haben eine Breite von etwa 18 Meter. Geht es nach dem Willen der Stadt Leipzig, sollen die Brücken auf mehr als 40 Meter, das heißt um das Doppelte verbreitert werden. Und das vor allem, um mehr Fahrspuren für den KfZ-Verkehr zu gewinnen.

So könnte eine schlankere Brückenvariante aussehen. Projektskizze: ADFC Leipzig
So könnte eine schlankere Brückenvariante aussehen. Projektskizze: ADFC Leipzig

„Die Planung der Stadt ist nicht zielführend, weil sie trotz sehr hoher Kosten nicht die unterschiedlichen Mobilitätsbedürfnisse der Leipzigerinnen und Leipziger sichert”, sagt Dr. Christoph Waack.

Weitergehende Vorschläge des ADFC Leipzig zum Bau der Brückenbauwerke kurz aufgelistet:

– Die Straßenbahn wird nicht separiert und erhält ein Haltestellenkap mit angehobener Radfahrbahn.

– Die Anbindung der Heinrich-Heine-Straße für den Kfz-Verkehr entfällt. Die Zuwegung für Rad und Fußverkehr bleibt bestehen.

– Die Verknüpfung von S-Bahn und Straßenbahn wird vorrangig für den Fußverkehr mit hoher Aufenthaltsqualität gestaltet.

– Die Radverkehrsbeziehungen im Umfeld der Brücken werden berücksichtigt, beispielsweise der bahnbegleitende Radweg unter der großen Georg-Schwarz-Brücke, der zukünftig Rückmarsdorf mit Gohlis verbinden soll.

– Die beiden Knoten im Planabschnitt werden zu einem übersichtlichen und leistungsfähigen Knoten zusammengeführt.

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