Es knirscht im Gebälk unserer Demokratie. Und es knirscht auch deshalb, weil viele Dinge nicht mehr ineinandergreifen. Die vielen Jahre des Sparens zeigen ihre Folgen. Und die wachsende Stadt Leipzig bekommt sie an unerwarteten Stellen zu spüren. Etwa bei der Umsetzung des Projekts Lindenauer Markt. 2017 hätte hier eigentlich schon die Umgestaltung beginnen sollen.

Aber dann passierte nichts. Im Frühjahr 2018 fragten die Grünen nach und konnten auf diese Weise erfahren, dass noch gar nichts geplant war. Sogar die Vorplanungen standen noch aus, obwohl eigentlich schon 550.000 Euro für die Umgestaltung der Nordseite des Lindenauer Marktes zu einer Fußgängerzone bereitgestellt waren. Erst Ende 2018 sollten diese Vorplanungen beginnen.

Was ja eigentlich heißt, dass nun 2019/2020 tatsächlich gebaut werden müsste. Aber als die Grünen den Entwurf zum Leipziger Doppelhaushalt 2019/2020 mit der Lupe durchforschten, fanden sie diese 550.000 Euro nicht wieder. Als hätten sie sich in Luft aufgelöst. Wenn aber in den beiden Jahren nichts passiert, werden seit der ersten Befassung mit dem damaligen Antrag des Stadtbezirkbeirats Leipzig-Altwest fünf satte Jahre vergangen sein, ohne dass etwas passiert. Oder sechs, wenn 2021 erst die Fördergelder kommen.

Man wird ziemlich seltsam im Kopf, wenn man diese Zeiträume sieht, in denen Kinder geboren werden und in die Schule kommen …

Man wagt gar nicht dran zu denken. Bei Schulen hat Leipzig ja dieselben Planungsvorläufe. Die Beschlüsse und die Umsetzungen dehnen sich zeitlich immer mehr – die Wahrwerdung von Politik wird für die Bürger immer ungreifbarer. Auch wenn sich so langsam herumspricht, dass es auch hier am Geld liegt – Geld, mit dem man rechtzeitig Planungspersonal hätte einstellen können, das dann auch die Schulbaupläne und die zum Lindenauer Markt schon vor Jahren fertig fabriziert hätte.

Aber es wurde nicht rechtzeitig eingestellt. Stattdessen musste der Stadtrat erst jahrelang nachbohren, woran es eigentlich liegt, dass Leipzig mit allen, wirklich allen Bauplanungen fünf Jahre hinterherhinkt. Und nebenbei auch gleich noch investive Ausgabereste von 260 Millionen Euro angehäuft hat. 260 Millionen Euro, die nicht verbaut wurden, weil mal die Planungen nicht rechtzeitig fertig wurden, dann die Förderzusagen zu spät kamen – und dann gab’s auf einmal keine Baufirmen mehr.

So dysfunktional war Deutschland lange nicht.

Planungspersonal soll die Stadt ja nun langsam vermehrt einstellen, sodass der Planungsrückstand vielleicht nach und nach abgebaut wird, sodass daraus ein schöner Antragsstau für die Fördermittel werden kann.

Aber der Lindenauer Markt ist ja nicht wirklich ein Großprojekt. Und die Grünen gehen davon aus, dass die Planungen im Frühjahr fertig sind. Und dann könnte eigentlich losgebaut werden. Wenn das Geld da ist. Und weil sie es in den Unterlagen zum Doppelhaushalt nicht finden konnten, beantragen sie jetzt, diese Gelder wieder einzustellen: „Die Stadt sichert die Ausfinanzierung der Maßnahmen gemäß Vorlage 3256 in Höhe von bis zu 550.000 € einschließlich Fördermittel ab.“

Die Begründung geht dann freilich auf die Unsicherheit ein, ob man nicht vielleicht doch was übersehen hat. Vielleicht steckt das Projekt inzwischen ja auch schon in der Tabelle mit den investiven Ausgaberesten: „Von den Maßnahmen der im Frühjahr 2017 einstimmig beschlossenen Vorlage ist leider noch nichts umgesetzt. Damit die Umsetzung in 2019 und 2020 nicht am Geld scheitert, soll dieser Antrag die Finanzierung sicherstellen, falls diese nicht bereits im Haushalt dargestellt ist.“

Den wirklich wirksamen Umbau des Lindenauer Marktes soll es erst ab 2020 geben

Den wirklich wirksamen Umbau des Lindenauer Marktes soll es erst ab 2020 geben

 

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