Es darf gefragt werden, welche der FFH-Arten, für die das FFH-Gebiet Leipziger Auensystem ausgewiesen wurde, aussterben würde, wenn die Eiche „keine Chance“ mehr hätte, wie in einem Artikel der LVZ von einem Leipziger Wissenschaftler behauptet wurde. Die hier aufgeführten FFH-Arten sind doch vielmehr unabhängig von der Eiche, und eine Art braucht dagegen vielmehr sogar Eschen als Eichen?

Es ist übrigens davon auszugehen, dass die Eiche, selbst wenn man das gesamte FFH-Gebiet ohne menschlichen Einfluss belassen würde (was gar nicht möglich ist!) auch nicht aussterben würde. Gerade entlang der Weißen Elster ist eine hohe Anzahl naturverjüngter, auch mehrjähriger Eichen zu finden, und zwar genau da, wo sich diese Baumart auch in anderen Regionen Deutschlands von allein verbreitet.

Die Eiche verjüngt sich gern an Flussufern und vor allem auch in Hecken und Säumen entlang von Wegen, Waldrändern und Lichtungen aus dem Gebüsch heraus. Dornige Sträucher wie Hartriegel, Weißdorn und Schlehe stellen hierbei natürliche Verbiss-Schutze dar. Wo es keinen Mutterbaum gibt, sorgen Tiere wie Eichelhäher für Verbreitung.

Wir können an sehr vielen Stellen im Auwald natürliche Verjüngung von Eiche zeigen. Wir fanden bisher nicht, dass diese gefördert würde. Wenn man das Leipziger Auensystem als Ganzes betrachtet und mal aus dem Auto aussteigt, zu Fuß oder per Rad diese Landschaft durchquert, wird man aktuell an vielen Stellen so viele junge Eichen sehen, dass man sich keine Sorgen mehr macht um die Eiche.

Wolfgang Stoiber auf dem Stumpf einer gefällten Eiche. Foto: NuKLA e.V.
Wolfgang Stoiber, Vorsitzender des NuKLA e.V., auf dem Stumpf einer gefällten Eiche. Foto: NuKLA e.V.

Mangelnde Naturverjüngung an Eiche gibt es lokal im dichten Auwald, wo die Flussdynamik als auch große Weidetiere fehlen, welche in Wäldern von Natur aus und bis in die neuzeitliche Kulturlandschaft hinein eine wichtige ökologische Schlüsselrolle spielen. Diese beiden Schlüsselfaktoren würden sehr wahrscheinlich für Auflichtungen auch im dichteren Auwald sorgen, so sie dürften. Wo dies nicht genügt, werden Wind- und Eisbruch nachhelfen.

Zudem ist zu berücksichtigen, dass Eichen (im Gegensatz zu Spitzahorn!) Autoabgase und hohen Stickstoffreichtum nicht so gut vertragen. Unser moderner Lebensstil und die konventionelle Landwirtschaft sind somit zwei Faktoren, die dazu beitragen, dass sich gerade in den urbanen Bereichen der zudem trocken fallenden Aue eher bspw. der schnell wachsende Spitzahorn rascher verjüngt als andere Baumarten.

Es ist auch bekannt, dass Windwurf natürliche „Löcher“ in einen dichten Wald schafft, wo sich Eichen verjüngen können. Wichtig hierbei ist, das Totholz am Boden zu belassen, da übereinanderliegende Baumstämme und Astwerk ebenfalls als natürlicher Verbiss-Schutz dienen, aus dem heraus sich die Eichen an so mancher Stelle verjüngen können. Dickichte sind ja sogar besondere Lebensräume, welche es kaum noch gibt!

Schlussendlich gibt es auch Beobachtungen und Dokumentationen aus anderen Regionen, die belegen, dass Waldbeweidungskonzepte förderlich sind für die natürliche Auflichtung auf dichtbewachsenen Flächen – das ist nachvollziehbar, gehören doch große Pflanzenfresser von Natur aus in den Wald, insbesondere einen Auwald!

Auch viele andere, naturnahe und weniger invasive Konzepte zur Eichenverjüngung gäbe es zu erforschen und zu testen.

 

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar