Die Polizei hat am Donnerstagabend die linke Stadträtin und Landtagsabgeordnete Juliane Nagel abgeführt und einer Maßnahme unterzogen. Sie soll einen Polizisten tätlich angegriffen haben. Der Vorfall ereignete sich am Rande einer Demonstration, die von Nagel selbst angemeldet und geleitet wurde.

22:16 Uhr: Feierabend

Wir beenden diesen Liveticker. Sicherlich wird es morgen weitere Stimmen zu dem Vorfall geben.

22:03 Uhr: Statement von Nagel

„Rabiat und massiv“ sei das Polizeiaufgebot während der Demo gewesen, so Juliane Nagel. Sie habe eine Maßnahme beobachtet, sei von einem Polizisten angerempelt und von diesem dann auch des „tätlichen Angriffs“ beschuldigt worden.

21:55 Uhr: Polizei beschwichtigt

Angesprochen auf die polizeiliche Maßnahme gegen Linken-Landtagsabgeordnete und Versammlungsleiterin Juliane Nagel beschwichtigt Polizeisprecher Chris Graupner auf LZ-Nachfrage: „Das war alles nicht so schlimm, auch wenn die drei Sekunden Video auf Twitter so aussehen.“ Der Vorwurf gegen Nagel lautet „tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte“.

Laut Graupner, der im Führungsstab der Polizei Leipzig sitzt und nicht vor Ort war, hat Juliane Nagel „mit einer Hand auf einen Beamten geschlagen“. Ob eine Anzeige gefertigt wird, werde derzeit noch geprüft.

Graupner betont, dass es keine Festnahme von Nagel gegeben habe. „Der Begriff der Festnahme ist ein streng rechtlicher Begriff, das ist hier nicht der Fall gewesen.“ Nagel sei weder in Gewahrsam noch festgenommen worden, sondern lediglich als Teil einer polizeilichen Maßnahme festgehalten und wenige Minuten später wieder entlassen worden.

Dass die Berliner Beamten die Landtagsabgeordnete Juliane Nagel, die seit Jahren regelmäßig als Versammlungsleiterin linker Demos in Leipzig fungiert, auf derart ruppige Weise in eine Maßnahme genommen haben, findet Graupner nicht verwunderlich. Nicht jeder Beamte kenne alle Abgeordneten aller anderen Bundesländer.

Auf den Hinweis, dass Nagel die Beamten mehrmals auf ihre Position hingewiesen haben soll, entgegnet Graupner, dass solch eine Angabe erst überprüft werden müsse. „Wenn jemand ruft, ich bin der und der, dann muss ich als Beamter das überprüfen, wenn ich es nicht weiß.“

Die Demo verlief nach Einschätzung von Polizeisprecher Graupner „im Rahmen“, „bissl Gerufe und Geheule gibt es immer.“ Es wurden nach Angaben Graupners rund zehn Anzeigen (Stand 21.30 Uhr) gefertigt, unter anderem wegen Verstößen gegen das Versammlungsrecht – darunter unter anderem der Vorwurf der Vermummung – und wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte. In der Spitze besuchten laut Polizei 170 Menschen die Demonstration.

21:41 Uhr: Linke beklagen Kriminalisierung

Die vorübergehende Festnahme der Landtagsabgeordneten (ein kurzes Statement folgt in Kürze) sorgt weiter für massive Kritik. „Die Behörden scheinen kurz vor dem 3. Juni komplett durchzudrehen“, schreibt das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ auf Twitter. „Versammlungsfreiheit wird beschnitten und Demonstrierende kriminalisiert.“

Fridays for Future, Teil der Demo-Orga, sprach von einer „unfassbar friedlichen Demo“, die „massiv mit Repressionen überzogen“ worden sei. Die Aggressionen seien eindeutig von der Polizei ausgegangen – insbesondere jener aus Berlin.

Wie viele Menschen insgesamt von Polizeimaßnahmen betroffen waren, ist bislang nicht bekannt.

21:29 Uhr: Demonstration anlässlich des Kindertags

Die Demonstration fand anlässlich des Kindertags beziehungsweise des „Tag der Jugend“ statt. Aufgerufen hatten antifaschistische, kommunistische und klimapolitische Gruppen: die Aktion Antifa Leipzig, die „Rote Wende“-Jugendorganisation „Jugend im Kampf“ und Fridays for Future.

21:24 Uhr: Fassungslosigkeit in der Linkspartei

Es gibt weitere Reaktionen aus der Linkspartei. Stadtrat Michael Neuhaus schreibt auf Twitter: „In Sachsen sind nun wirklich alle Dämme gebrochen. Die Staatsmacht dreht durch.“

Henriette Quade, Landtagsabgeordnete in Sachsen-Anhalt, fordert eine Aufarbeitung der Maßnahme: „Es ist eine unglaubliche Entgleisung, wenn eine Demo vom Kids so unverhältnißmäßig behandelt wird, gewählte Abgeordnete und Versammlungsleitung vermutlich rechtswidrig abgeführt werden und Polizei politische Macht demonstrieren will.“

21:17 Uhr: Linken-Fraktionsvorsitzender verurteilt Vorgehen der Polizei

Auf Twitter hat sich Rico Gebhardt, der Fraktionsvorsitzende der Linken im Landtag, zu Wort gemeldet: „Ich hoffe, dass die Polizei Sachsen ihren Kolleginnen und Kollegen mal erklärt, wie man mit einer Landtagsabgeordneten umgeht. So nicht. Soweit ich informiert bin, war sie die Versammlungsleiterin einer angemeldeten Versammlung. Gewalt ging von Juliane Nagel noch nie aus.“

Mittlerweile befindet sich Nagel wieder auf freiem Fuß. Wir bemühen uns um ein Statement.

21 Uhr: Landtagsabgeordnete Juliane Nagel in Polizeimaßnahme

Warum genau Nagel festgenommen wurde, ist bislang nicht bekannt. Nach unseren Informationen wird ihr „tätlicher Angriff“ auf Polizist*innen vorgeworfen. Laut einem LZ-Reporter, der die Demo vor Ort begleitete, war sie zuvor in eine Rangelei mit der Polizei verwickelt. Anlass war offenbar eine Maßnahme gegen einen Demoteilnehmer. Mehrere Polizist*innen brachten Nagel anschließend in einen Polizeiwagen, der kurz darauf wegfuhr.

Der Journalist Marco Santos, der mit Nagel auch privat bekannt ist, hat die Demonstration begleitet und auch die Festnahme von Juliane Nagel gefilmt. Hier seine Einschätzung gegenüber der LZ:

„Die Demo wurde super eskalativ von der Polizei begleitet, obwohl sie friedlich war. Die Polizei hat sich eskalativ verhalten, hat die Demo sehr nah begleitet, es waren super viele Polizeikräfte im Einsatz, es wurde mehrfach aufgestockt. Es kam zu Gewaltanwendung gegen Demoteilnehmer*innen in der Kolonnadenstraße aufgrund einer Konfettikanone. Dabei haben die Beamt*innen das Front-Transpi runtergerissen und in die Menge reingeschlagen. Nach Abschluss der Kundgebung auf der Sachsenbrücke haben sich die Teilnehmer*innen nach und nach verteilt.

Wir haben mitbekommen, dass es eine polizeiliche Maßnahme Richtung RB-Stadion gibt, da sind wir hin, ungefähr 50m vom Versammlungsort entfernt. Dort war eine schwarze Person, die zuvor an der Demo teilgenommen hatte, von Polizeibeamt*innen in Handschellen über ein Fahrzeug gelehnt, sie hat geschrien vor Schmerzen und darum gebeten, die Handschellen sollen gelockert werden. Der Grund für die Maßnahme soll Beleidigung gewesen sein.

Juliane Nagel hat sich mehrfach als Landtagsabgeordnete ausgewiesen und die Beamt*innen angesprochen und gefragt, warum für eine Identitätsfeststellung Handschellen notwendig seien. Der Beamte war super unfreundlich und hat pampig sinngemäß geantwortet: Das ist ja wohl unsere Sache. Dann kam es zu Wortgefechten und zur Situation, dass sie mitgenommen wurde. Die Beamten haben nach dem Motto gehandelt: Wir wissen ganz genau, wer Sie sind, aber das kratzt uns nicht.

Die schwarze Person habe ich aus dem Auge verloren. Neben der Person war ein kleines Mädchen, der, glaube ich, Vermummung vorgeworfen wurde.“

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