Eigentlich haben „Ortsunkundige“ mit dem Auto auf dem Burgplatz nichts zu suchen. Aber dennoch tauchen hier immer wieder Autofahrer auf, die mit ihren waghalsigen Manövern Fußgängerinnen und Radfahrer in Gefahr bringen. „Der Burgplatz im Schatten des Leipziger Neuen Rathauses und sein Umfeld sind oft Schauplatz von gefährlichen Situationen im täglichen Zusammenspiel verschiedener Verkehrsarten“, stellt die SPD-Fraktion aus dem Leipziger Stadtrat dazu in einer Anfrage fest, die die Verwaltung jetzt beantworten sollte.

„Als gemeinsam genutzte Verkehrsfläche ist ein erhöhtes Maß an Vorsicht und gegenseitiger Rücksichtnahme geboten, um Konflikte zu vermeiden“, formuliert die SPD-Fraktion den Anspruch. „Dennoch fällt auf, dass Ortsunkundige mit dem Auto von der Situation häufig überfordert sind, während Einheimische auch gern mal über ‚Schleichwegeden Ring abkürzen.

Durch ‚nur mal kurz am Straßenrand parken wird die Durchfahrt für alle unsicherer, während Lieferdienste und Gewerbetreibende kaum legale Kurzzeitparkplätze finden oder in den engen Gassen stecken bleiben.“

Was tut die Stadt da also?

Man spürt regelrecht das Achselzucken des Sachbearbeiters aus dem Mobilitäts- und Tiefbauamt. Denn eigentlich sollte man ja von Autofahrern erwarten dürfen, dass sie Verkehrszeichen lesen können. Und davon gibt es rund um den Burgplatz eine Menge. Unübersehbar.

„Der gesamte Burgplatz ist mittels Verkehrszeichen deutlich als verkehrsberuhigter Bereich ausgewiesen. Damit gelten klare Vorschriften in Bezug auf zulässige Höchstgeschwindigkeit, das mögliche Halten und Parken sowie das Verhalten von Verkehrsteilnehmern generell“, zählt das Mobilitäts- und Tiefbauamt (MTA) in seiner Antwort auf.

„Alle umliegenden Straßen (u.a. Lotterstraße, Markgrafenstraße, Ratsfreischulstraße, Burgstraße, Hugo-Licht-Straße) sind darüber hinaus Teil der sich über die Innenstadt erstreckende Tempo 20-Zonenregelung und damit bereits jetzt deutlich verkehrsberuhigt.“

Deswegen plane man hier auch aktuell keine weiteren Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung. Denn: „Die Bereiche sind bereits als Tempo 20-Zone bzw. verkehrsberuhigter Bereich ausgewiesen.“

Und die Lieferdienste?

Aber irgendwie ging es der SPD-Fraktion doch nicht nur um „verirrte Autofahrer“, sondern um diverse Lieferdienste, die hier ihre Ladungen loswerden wollen: „Gibt es für die umliegenden Straßen (Lotterstraße, Markgrafenstraße, Ratsfreischulstraße, Burgstraße, Hugo-Licht-Straße) bereits Pläne, weitere Kurzzeitparkplätze einzurichten, um Lieferdienste und Gewerbetreibende zu entlasten? Wenn ja, wo und wann? Wenn nein, warum nicht?“

Auch hier merkt man, wie der Sachbearbeiter im MTA wohl mit dem Kopf schüttelte: „Es ist nicht vorgesehen, weitere Kurzzeitparkplätze einzurichten. Das würde auch dem beschlossenen Konzept zur autoarmen Innenstadt widersprechen.

Lieferzonen werden überall dort angeordnet, wo entsprechender Bedarf besteht. In der Innenstadt, wo der bereits knappe verfügbare Platz vielen Interessen gerecht werden muss, sind zur Sicherstellung der Andienung bereits in größerem Umfang Anlieferbereiche ausgewiesen, die entsprechend genutzt werden können.“

Dazu kommt, dass die Anlieferzeiten in der Innenstadt möglichst in den Morgenstunden liegen sollen, sodass es also tagsüber von Lieferfahrzeugen eigentlich keinen Bedarf an Kurzeitparkplätzen geben dürfte. Und wie wäre es mit „sinnvollen Einbahnstraßenregelungen im Umfeld des Burgplatzes“, wollte die SPD-Fraktion noch wissen.

Aber warum das denn, muss sich der verzweifelte MTA-Sachbearbeiter gefragt haben. In enger Zusammenarbeit mit dem Stadtrat hat man doch völlig andere Lösungen ausgearbeitet, die auch funktionieren: „Die Verkehrsführung in der Innenstadt zielt bereits darauf ab, Kfz-Verkehr möglichst keinen Anreiz für die Einfahrt zu geben. Eine Durchfahrung ist nicht möglich. In jedem Fall muss eine ausreichende Erschließung gesichert sein.

Einbahnstraßenregelungen im Allgemeinen führen zu Umwegen für die Anlieger. Besonders auffällig ist, dass es in Einbahnstraßen zu erhöhten Geschwindigkeiten kommt, weil Gegenverkehr fehlt und geringere Konflikte erwartet werden. Ein höheres Gefährdungspotential wäre die Folge.“

In Summe ist es zumindest eine erstaunliche Anfrage aus der SPD-Fraktion. Als hätte man sich noch nie mit dem Verkehrskonzept für die Innenstadt beschäftigt. Und dem eh schon zähen Bemühen der Verwaltung, die Innenstadt „autoarm“ zu machen, damit Fußgänger wenigstens hier nicht permanent mit überforderten Kraftfahrern in Konflikte geraten.

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Keine Kommentare bisher

Ja, die Regeln hier sind eigentlich klar, werden aber konsequent von einigen Verkehrsteilnehmenden ignoriert (wie überall). Hier noch mehr Stellfläche für Kfz zu schaffen, ist völlig absurd.
Einst parkte mal ein Ungar im verkehrsberuhigten Bereich des Burgplatzes. Er hatte ein Knöllchen dran. Kurz gescannt und nachgeschaut: 10 Euro. War billiger als eine Etage tiefer. Solange das so gehandhabt wird, übrigens auch vorm Café Bigoti, werden “Lieferdienste und Gewerbetreibende” keine “legalen Kurzzeitparkplätze” finden. Auch die Bestatter parken ja wie sie wollen am Übergang zur Lotterstraße, “nur mal kurz” und “das machen wir schon immer so” versteht sich.

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