Die von der Antiprivatisierungsinitiative angeregte Diskussion zu einer "Privatisierungsbremse" hat jetzt Ergebnisse gezeigt. Im Netzwerk wurde nach umfangreichen Recherchen und Diskussionen beschlossen, ein Bürgerbegehren einzuleiten. Beim vorhergehenden im Jahre 2007 ging es um die geplante Teilprivatisierung der Stadtwerke Leipzig, die dann beim Bürgerentscheid am 27. Januar 2008 von den Leipzigern unterbunden wurde.

Zwar kam dann wirklich kein kommunales Unternehmen mehr auf den Verkaufstresen. Dafür wurden die Tochterunternehmen der Stadtwerke Perdata und HL komm 2012 komplett verkauft. Dazu kam 2012 auch noch die Stadtratsentscheidung zur Privatisierung des Städtischen Bestattungswesens. Nach wie vor geprüft wird der Verkauf des Wassergutes Canitz, das den Wasserwerken Leipzig gehört.

Aber zum Themenkomplex gehört auch der Umgang mit den Konzessionen für das Leipziger Stromnetz.

Doch die Damoklesschwerter sind nicht vom Tisch. Die Auflage der Landesdirektion Leipzig zum Wassergut Canitz war mit der Genehmigung der Kapitalausstattungsvereinbarung der Stadt für die Wasserwerke verbunden. Noch ist ja der Prozess mit den Banken nicht entschieden, die seinerzeit in die Geschäftspraktiken des Wasserwerke-Geschäftsführers Klaus H. verwickelt waren.

Was passiert, wenn die Summe auf einmal fällig wird? Wird dann verkauft, was nicht niet- und nagelfest ist?Ziel des neuen Begehrens ist es deshalb, Verkäufe von kommunalem Eigentum, von Immobilien über Kulturgüter, öffentliche Einrichtungen, Betriebe, Unternehmen und Unternehmensbeteiligungen zu verhindern.

Nicht komplett zu verhindern. Aber einfache Mehrheiten – und die zum Verkauf von Perdata und HL komm im Januar 2012 waren denkbar knapp – sollten dazu nicht mehr ausreichen.

Wenn der Stadtrat wirklich der Meinung ist, dass ein kommunales Gut verkauft werden soll, dann sollte er einen Beschluss mit einer Mehrheit von 2/3 der Ratsmitglieder fassen müssen. Nicht mit 37 zu 32 Stimmen wie im Januar 2012 im Fall HL komm. Schon das Ergebnis zeigt, dass fast die Hälfte der Stadtratsmitglieder den Verkauf eigentlich ablehnten. Eine 2/3-Mehrheit gäbe es im Normalfall, wenn alle 70 Ratsmitglieder da sind, ab 47 Stimmen. Das ist ein deutlicher Unterschied.

Mit einer solchen Zwei-Drittel-Quote solle Leipzigs kommunales Eigentum krisenfest verankert werden und nicht mehr Spielball kurzfristiger politischer Interessen und wechselnder Mehrheiten im Stadtrat sein, finden Mike Nagler und Wolfgang Franke, die auch bei diesem Bürgerbegehren wieder Initiatoren sind.

Ein erstes Mitmach- und Unterstützertreffen wird am Freitag, 18. Januar, um 19 Uhr im Haus der Demokratie (Bernhard-Göring-Straße 152) stattfinden. Dort soll neben der Verteilung von Unterschriftenlisten und Informationsmaterialien auch eine kreative Diskussion über die Verbreitung des Bürgerbegehrens geführt werden. Das APRIL-Netzwerk lädt alle Interessierten herzlich dazu ein.

Für einen Erfolg des Begehrens sind rund 25.000 Unterschriften notwendig. Unterschreiben können alle, die in Leipzig wahlberechtigt gemeldet sind.

Bereits 2007 war aus dem APRIL-Netzwerk die Initiative “Stoppt den Ausverkauf unserer Stadt” hervorgegangen, welche durch ein erfolgreiches Bürgerbegehren einen Bürgerentscheid erzwang. Damals nahmen 170.621 Leipzigerinnen und Leipziger an der Abstimmung teil und verhinderten so die Privatisierung kommunaler Unternehmen.

Die Initiative hat im Haus der Demokratie ein Büro eingerichtet, wo ab Freitag Unterschriftenlisten abgeholt werden können. Auf der Domain www.privatisierungsbremse.de werden die Informationen ab der kommenden Woche auch online zur Verfügung stehen.

www.april-netzwerk.de

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