2015 gab es ein bisschen Stress für die Leipziger Kulturermöglicher, die sich 2012 einfach dachten: Nehmen wir uns ein bekanntes Vorbild, machen wir es genauso und ermöglichen Leuten, die sich teure Tickets nicht leisten können, einfach Besuche in Konzert und Theater. Aber das Marburger Vorbild fand das gar nicht gut. Und so haben sich die Leipziger jetzt umbenannt.

Seit Montag, 23. November, heißt die bis dato unter Kulturloge Leipzig firmierende Truppe aus Freiwilligen und Helfern KulturLeben Leipzig & Region. Die Homepage ist seitdem unter www.kulturleben-leipzig.de erreichbar.

Das ehrenamtliche Projekt des Soziokulturellen Zentrums “Die VILLA” vermittelt unverkauft gebliebene Tickets für Kultur- und Sportveranstaltungen an Menschen mit besonders geringen Einkommen. In den vergangenen reichlich drei Jahren konnten so 12.000 Menschen zusätzlich kulturelle Veranstaltungen erleben.

“Der Namenswechsel war notwendig geworden, nachdem sich ein selbsternannter Bundesverband in Marburg den Begriff als Marke eintragen lassen hat und mit einer Klage drohte”, zürnte bei der Gelegenheit VILLA-Geschäftsführer Oliver Reiner noch ein bisschen. “Darauf wollten wir uns nicht einlassen.”

Wer den Begriff Kulturloge verwenden will, muss sich von der Marburger Ur-Loge zertifizieren lassen. Man legt dort Wert darauf, dass Projekte unter dem Label alle nach denselben Standards arbeiten und sich auch regelmäßig begutachten lassen.

Die Frage stand auch für die Leipziger: Die ganze Prozedur mitmachen und sich so quasi in den Kreis der anerkannten Kulturlogen aufnehmen lassen – oder doch lieber einfach weitermachen und die Energie lieber in die Vermittlung von freien Plätzen in Theatern und Konzerten stecken?

Die emsige Mannschaft aus aktuell 30 ehrenamtlichen Kulturvermittlern des Soziokulturellen Zentrums “Die VILLA” setzt sich seit 2012 für das Grundrecht der kulturellen Teilhabe ein. Das Projekt hat sich damit in der Leipziger Kulturszene erfolgreich etabliert und wird nun unter dem neuen Namen seine Arbeit wie bisher fortsetzen, betonte die Truppe beim Start unter neuem Namen.

Immerhin war man gerade dabei, neue Spitzen in der Vermittlung freier Kulturplätze zu schaffen. Die Meldung gab’s dann zum Monatsende.

Die freiwilligen Helfer von KulturLeben Leipzig & Region. Foto: KulturLeben Leipzig & Region
Die freiwilligen Helfer von KulturLeben Leipzig & Region. Foto: KulturLeben Leipzig & Region

Über 1.000 Tickets konnte KulturLeben Leipzig im November kostenlos an Menschen mit besonders geringen Einkommen vermitteln.

“Das ist ein neuer Rekord für uns”, freut sich Oliver Reiner, der KulturLeben initiiert hat. “Damit werden wir in diesem Jahr insgesamt deutlich mehr als die 5.000 Tickets vom letzten Jahr schaffen.”

Wie kommt man an die unverkauft gebliebenen Tickets für Kultur- und Sportveranstaltungen? –  Potentielle Gäste melden sich dafür bei KulturLeben auf der Homepage oder direkt in der VILLA an. Ein Leipzig-Pass ist dafür notwendig.

Aber auch bei den angemeldeten Gästen freut sich KulturLeben über einen neuen Höchststand.

“Wir haben lange bei reichlich 900 Gästen in unserer Datenbank gependelt. Zwar melden sich pro Woche ca. 20 Leipziger neu an. Erfreulich viele haben in der Vergangenheit aber auch einen Job gefunden und konnten sich wieder abmelden”, beschreibt Oliver Reiner das Bild, das sich da ergibt. Immerhin schaffen solche Kulturerlebnisse für Menschen, die sonst kaum noch viel Kontakt mit dem brodelnden Leben der Stadt haben, auch wieder neue Kontakte. Anfang November konnte KulturLeben jetzt mit Carmen Thiel seinen 1.000 Gast registrieren. Die Alleinerziehende mit zwei kleinen Kindern freute sich über drei Tickets für den Leipziger Zoo. Insgesamt konnten bereits 2.500 Menschen (darunter 800 Kinder) von der ehrenamtlichen Arbeit von KulturLeben profitieren.

Die Initiative erhält dabei Unterstützung und Solidarität von zahlreichen Partnern. So stellen mittlerweile fast alle Leipziger Kultureinrichtungen ihre unverkauften Tickets KulturLeben zur Verfügung.

“Die Finanzierung ist allerdings immer wieder ein Balance-Akt”, betont Reiner noch. KulturLeben arbeitet komplett ehrenamtlich und finanziert sich über Spenden. Durch die zusätzlichen Kosten der Umstellung sind die laufenden Kosten in diesem Jahr noch nicht finanziert. KulturLeben hofft deshalb auf Spenden unter: http://www.betterplace.org/p27181

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar