Leipzig hat ja 2017 nicht nur einen Überschuss von stattlichen 57 Millionen Euro erwirtschaftet, es hat auch noch weiter seine Schulden abgebaut. Da gerät ja beinah aus dem Blick, dass Sachsens Kommunen nicht nur höchst knapp mit Finanzen ausgestattet sind – sie unterliegen auch seit Jahren einem strengen Haushaltsdiktat durch die Staatsregierung. Was eben auch bedeutet, dass Schuldenabbau Vorrang hat vor Neuinvestitionen.

Das Statistische Landesamt veröffentlichte jetzt wieder Zahlen zum unerhörten Fleiß der sächsischen Kommunen, ihre Schuldenberge abzutragen. Verglichen mit Kommunen in westlichen Bundesländern ist es zwar eher ein Witz, was die sächsischen Großstädte und Kreise an Kreditlast (denn darum geht es eigentlich) mit sich schleppen.

Auch das Bundesamt für Statistik hat entsprechende Zahlen veröffentlicht, und da sieht man, wo Sachsen steht: Unter den Bundesländern mit 381 Euro pro Einwohner sowieso ganz einsam an der Spitze. Der bis Dezember amtierende Finanzminister Georg Unland war ja geradezu stolz auf diesen Spitzenplatz, der eben auch bedeutete, dass Sachsen einerseits beim Personal kräftig sparte und andererseits viele, viele wichtige Investitionen verschleppte und unmöglich machte.

Denn wo Sachsen noch immer spart, als drohe gleich morgen die Insolvenz, haben andere Bundesländer weiter investiert. Deswegen ist Bayern mit 1.308 Euro Schulden pro Einwohner abgeschlagener Zweiter. Die meisten Bundesländer kommen eher auf 4.000 bis 7.000 Euro. Die Stadtstaaten freilich sind am höchsten verschuldet. Am stärksten Bremen mit über 30.000 Euro pro Einwohner.

Da klangen die Mahnungen zum Sparen in Sachsen immer geradezu bizarr.

Auch auf Kommunalebene.

Die Kommunen des Freistaates Sachsen konnten ihren Schuldenstand zum Ende des Jahres 2017 auf 2,8 Milliarden Euro bzw. 686 Euro je Einwohner senken, teilte das Statistische Landesamt mit. Das waren 145 Millionen Euro bzw. fast 5 Prozent weniger als am 31. Dezember des Vorjahres (721 Euro je Einwohner).

Das heißt: Während dutzende Gemeinden ihre Haushalte nicht mehr beschlussfähig machen konnten, haben andere Gemeinden Kreise und Großstädte – dem Haushaltsdiktat gehorchend – weiter Schulden abgebaut.

Den größten Anteil am Schuldenabbau leisteten dabei die Kreisfreien Städte und kreisangehörigen Gemeinden mit jeweils 76 Millionen Euro, das waren 9 bzw. 5 Prozent ihres Schuldenstands, erläutert das Statistische Landesamt. Die Landkreise konnten hingegen nur 3,6 Millionen Euro beitragen, das war weniger als ein Prozent.

Die drei Kreisfreien Städte Dresden, Leipzig und Chemnitz senkten ihren Schuldenstand von 840 Millionen auf 784 Millionen Euro. Dresden hatte ja vorher sowieso kaum Schulden – der Löwenanteil entfällt hier also eindeutig auf Leipzig, das seinen Schuldenstand von 626 auf 580 Millionen Euro weiter senkte. Also um 46 Millionen Euro.

Was dann nur noch 983 Euro pro Einwohner bedeutet.

Aber nach der bislang herrschenden Philosophie in Sachsen ist das auch noch zu viel. Die Staatsregierung hätte gern lauter Kommunen ohne Schulden, egal, wie eng dafür der Gürtel geschnallt werden muss. Deswegen unterbleiben nun lauter wichtige Zukunftsinvestitionen, denn seit 2013 steht das Neuverschuldungsverbot ja sogar in der Sächsischen Verfassung. Wo es eigentlich nichts zu suchen hat. Aber das sahen die tollkühnen Abgeordneten, die 2013 dafür stimmten, anders.

Ergebnis ist ein Land, in dem dutzende Kommunen nicht mehr atmen und gestalten können.

Komplett schuldenfrei war die Gemeinde Altmittweida (Landkreis Mittelsachsen), meldete das Landesamt für Statistik noch. Weitere 32 Gemeinden kamen 2017 zwar völlig ohne Kredite aus, haben jedoch andere Verbindlichkeiten.

Und ganz beiläufig erwähnen die Landesstatistiker noch, dass der Blick auf die Kommunalfinanzen immer nur die halbe Wahrheit ist. Denn: Von der jährlichen Schuldenstatistik werden auch öffentlich bestimmte Fonds, Einrichtungen und Unternehmen erfasst, darunter die kommunalen Eigenbetriebe und Eigengesellschaften, die sich zu 100 Prozent im Eigentum einer Kommune befinden. Bezieht man deren Schulden in die Betrachtung mit ein, ergibt sich für die Kommunen insgesamt am 31. Dezember 2017 ein Schuldenstand von 8,3 Milliarden Euro bzw. 2.034 Euro pro Einwohner.

Eigenbetriebe sind – wie auch in Leipzig – in der Regel Stadtwerke, Wasserwerke, Wohnungsgesellschaften und dergleichen. Und die haben auch in Sachsen allesamt noch mit dem Abbau des Investitionsstaus aus DDR-Zeiten zu tun. Und dazu muss man zwangsläufig auf Kredit bauen, es geht gar nicht anders, sonst schafft man nicht einmal den Erhalt der oft über 100 Jahre alten Substanz.

Aber da dem immer auch verlässliche Einnahmen gegenüberstehen, ist das in der Regel auch kein Problem. Die Kredite werden ja langfristig aufgenommen und der Kreditdienst in die Wirtschaftspläne eingepreist. Und die Kreditinstitute freuen sich, weil sie damit langfristig auch Geld verdienen. Das dann wieder als Kredit ausgereicht werden kann.

Über 10 Millionen Euro blieben übrig, weil Stellen nicht (schnell genug) besetzt werden konnten

Über 10 Millionen Euro blieben übrig, weil Stellen nicht (schnell genug) besetzt werden konnten

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Es gibt 3 Kommentare

Schulden sollten nie so hoch sein, dass sie die Luft zum Atmen nehmen und klar sieht eine schwarze “0” immer schöner aus als was mit einem – davor, aber man kann auch etwas “zu Tode” sparen. Ist es nicht sinnvoller eine Schule/Kita/öffentliches Gebäude etc. für 3m € zu sanieren, als irgendwie (mit Geld) am Leben zu erhalten und dann in x Jahren für 5m € neu bauen zu müssen? Schlechte Bsp. für die Spar- & Verzögerungspolitik der Stadt sind z.B. die verpassten Chancen sich Grundstücke für jetzt dringend benötigte Gebäude rechtzeitig zu sichern. Jeder Preis hätte dabei natürlich auch keinen Sinn gemacht, aber ein paar Flächen sind immer noch besser als teuer von Privatunternehme(r)n zu pachten/mieten. Außerdem schaffen Investionen ja auch immer einen Wirschaftskreislauf mit zu beauftragenden (lokalen) Baufirmen, Lieferanten (Rohstoffe, Wasser, Strom, Wärme etc.), gezahlten Steuern, Arbeitsplätzen und dadurch entstehende Rückflüssen in die Stadtkasse. Ist sicherlich in Umfang und Verhältnis zur investierten Summe limitiert, aber immer noch mehr als ohne Investitionen. Vom Mehrwert für die Stadt, die Bevölkerung, als Anziehungspunkt für die Wirtschaft etc. ganz zu schweigen.

Habe eine Weile suchen müssen, bis ich den Kommentar wieder gefunden habe und vielleicht hilft er: https://www.zeit.de/wirtschaft/2018-05/staatsverschuldung-investitionen-infrastruktur-fuenf-vor-acht

Vielleicht habe ich das falsche studiert, und verstehe deswegen das Problem nicht. Was ist falsch daran, die Schulden erstmal bzw. so nebenbei abzubauen und nicht zu erhöhen?
Ãœber den Turbokapitalismus von Firmen wie Amazon, Uber, Tesla, … regt man sich auf, jahrelang tief rote Zahlen, Investitionen in alles mögliche und am Ende vielleicht mal satte Gewinne. Vielleicht. Bei Amazon geht es aktuell auf, bei Uber sieht es aktuell nicht so aus, Tesla, mal sehen…
Nun ist mir auch klar, dass eine Stadt keine Firma aus dem Silicon Valley ist, aber mir ist auch klar, dass sich immer eine Investition finden wird. Und es gibt sicher auch immer einen Grund, warum die Investition nun unbedingt notwendig ist. Also wo hört man auf, wo fängt man an?

Ist es daher nicht erstmal sinnvoll, solange man es sich irgendwie leisten kann, einen einstelligen Prozentsatz zu tilgen? Das bedeutet doch nächstes Jahr weniger Zinslast, was wieder mehr Mittel für anderes frei räumt. Davon profitieren vielleicht erst unsere Kinder, oder wir selbst in 10, 20 Jahren. Solange der Schuldenabbau nicht so weit getrieben wird, dass der gesamte “frei planbare” Haushalt dafür verwendet wird, sehe ich persönlich da kein Problem drin.

Ich lese aus dem Artikel raus, dass es wohl besser wäre, weiter “auf Pump” zu handeln. Ich sehe darin nur den Vorteil, dann JETZT gute Straßen, neue Brücken, neue Schulen und Kitas etc. zu haben. Aber verlagern wir das Problem nicht dann auf später? Irgendwann MUSS das Geld doch mal zurück fließen, oder wartet man darauf, dass es sich durch Krieg, (Hyper-)Inflation oder sonstiges irgendwann erübrigt?

Kann mich jemand “erhellen”?

Wenn in einen Schwachsinn wie (angeblichen) Wassertourismus (den es in Wahrheit nicht gibt) investiert werden kann, ist immer noch zuviel Geld übrig. Viel zu viel…

Schreiben Sie einen Kommentar