Es ist zum ersten Mal überhaupt zu einem Diskussionsthema in der Stadt geworden, nachdem die Stadt im April angekündigt hatte, im neuen Stadtentwicklungsplan (STEP) Wohnbauflächen wieder Bauflächen für Eigenheime ausweisen zu wollen. Auch mit dem dezenten Hinweis darauf, dass Eigenheimbauer sonst die Stadt verlassen würden und anderswo ein Häuschen bauen würden. Was die Frage aufwarf: Wer zieht denn dann überhaupt aus der Stadt? Nur lauter Eigenheimbauer?

Eine Frage, die jetzt Andrea Schultz für den neuen Quartalsbericht 1/2022 etwas genauer unter die Lupe genommen hat. Auch wenn sie sich nie restlos beantworten lässt. Aber Wohneigentum spielt eine ganz zentrale Rolle bei der Suburbanisierung.

„Leipzig hat in den letzten Jahren zunehmend Einwohner/-innen an das Umland verloren. Allein 2021 verzogen gut 8.000 Leipzigerinnen und Leipziger in Gemeinden des Landkreises Leipzig, Nordsachsen oder des Saalekreises. Für dieses im Rahmen des Projektes interko2 definierte Umland erarbeiten die Wissenschaft und kommunale Akteure aktuell Grundlagen für ein integriertes Wohnbauflächenkonzept, wobei auch Wohnstandortentscheidungen und Wohnwünsche erfasst wurden“, schreibt Andrea Schultz.

Denn natürlich wollen die Leipziger Stadtplaner wissen, warum gerade jüngere Familien mit Kindern wegziehen aus der Stadt. Und die Planer in den angrenzenden Landkreisen wollen natürlich wissen, wer da kommt. Denn das betrifft ja auch die Planungen für Schulen, Kitas, Krankenhäuser, Straßen und – neu ausgewiesene Wohngebiete.

Aus Befragungen von Bewohnern der Region können die Statistiker nun ein gewisses Bild für die Leute zeichnen, die in den Leipziger Speckgürtel ziehen.

Demnach haben 91 Prozent der Suburbanisier/-innen vor ihrem Fortzug in einem Mehrfamilienhaus gewohnt. Nach dem Umzug sind es nur noch 26 Prozent, können die Statistiker/-innen nun feststellen. Was eben heißt: Nicht alle ziehen wegen eines eigenen kleinen Häuschens aus der Stadt, manche wohl auch, weil sie in der Stadt schlicht keine bezahlbare Wohnung mehr finden.

Aber letztlich bestätigt die Befragung doch, dass die meisten Suburbanisierer wegziehen, weil sie in Wohneigentum ziehen. Da wird die Umfrage nämlich sehr deutlich.

Während 4 Prozent der Suburbanisierer in der Stadt noch im Einfamilienhaus leben, sind es von den Weggezogenen schon 52 Prozent.

Aber es geht ja nicht nur ums Eigenheim.

„Betrachtet man die Leipziger/-innen, die aus einem Mehrfamilienhaus heraus ins Umland gezogen sind, ist auch das Einfamilienhaus mit 52 Prozent die beliebteste, aber nicht einzige neue Wohnform, stellt Andrea Schultz fest“, stellt Andrea Schultz fest.

„27 Prozent der ehemaligen Mehrfamilienhausbewohner wohnen auch jetzt im Umland in einem Mehrfamilienhaus. Weitere 10 Prozent sind in eine Doppelhaushälfte und 6 Prozent in ein Reihenhaus gezogen. Auf Sonderformen wie Herrenhaus, Bauernhaus, Mühle usw. entfallen die übrigen 6 Prozent.“

Was eben im Klartext heißt, dass 74 Prozent der Weggezogenen in irgendeiner Form des Eigenheims wohnen und das tatsächlich der hauptsächliche Grund des Wegzugs ist.

Anders wäre der Drang der Leipziger Stadtplaner, diese Gruppe mit neu ausgewiesenen Eigenheimflächen in der Stadt zu halten, nicht zu verstehen.

„Gleichwohl ist die klassische Vorstellung, Suburbanisier/-innen würden somit alle in ein Einfamilienhaus ziehen, nicht richtig“, meint Andrea Schultz. Was ja auch niemand behauptet hat. Aber die meisten tun es genau deshalb.

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