Über die wachsende Zahl von Kraftfahrzeugen in Leipzig haben wir ja schon des Öfteren berichtet. „Erneut war die Anzahl der Kfz am Ende des Jahres 2021 in Leipzig so hoch wie nie“, stellt auch Lars Kreymann in seinem Beitrag zum Kraftfahrzeugbestand im neuen Quartalsbericht der Stadt fest. „Laut Zentralem Fahrzeugregister des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) nahm die Zahl der Kfz um 3.159 Fahrzeuge von 2020 zu 2021 zu – ein Anstieg um 1,7 Prozent.“

Und auf den ersten Blick sieht das so aus, als ob die Leipziger/-innen sich einfach weiter immer neue Autos kaufen würden – ohne Rücksicht auf den fehlenden Parkraum in der Stadt und die dramatischen Folgen für das Klima.

„Ebenso wie der Kfz-Bestand insgesamt nahm auch die Anzahl der Pkw zu. Ende 2021 betrug sie 234.323 und lag damit um 2.604 (0,7 Prozent) höher als im Vorjahr. Die Bevölkerungszahl stieg im Vergleichszeitraum um 0,7 Prozent. Der Pkw-Bestand in Leipzig hat seit 2013 um 12,9 Prozent zugenommen. Das Gleiche gilt für privat genutzte Pkw, deren Bestand von 2013 bis 2021 um 8,5 Prozent und von 2020 zu 2021 um 0,5 Prozent zunahm. Der Anstieg der Bevölkerungszahl lag zwischen 2013 und 2021 bei 13,1 Prozent“, schreibt Kreymann.

Und zeigt sich durchaus besorgt: „Die Zahl der Kfz steigt seit Jahren kontinuierlich an. Selbst ein nicht mehr ganz so starkes Wachstum der Bevölkerungszahl scheint sich nicht bremsend auf die Zunahme der Kfz auszuwirken. Die Anzahl der Kfz wächst also schneller als die Bevölkerungszahl. Der Kfz-Besitz je Einwohner nimmt zu.“

Immer mehr Nutzfahrzeuge im Straßenraum

Doch wenn man genauer hinschaut, dann bleibt der Pkw-Besatz gerechnet auf die Einwohnerschaft relativ stabil. Lag er 2013 noch bei 352 privaten Pkw auf 1.000 Einwohner, lag dieser Wert 2021 noch bei 338. Das bedeutet zwar trotzdem einen Zuwachs von über 16.000 privat gehaltenen Pkw im Zeitraum von acht Jahren, ein Zuwachs, der natürlich auch auf den zugeparkten Leipziger Straßen sichtbar ist.

Aber auffällig ist der Zuwachs in einer ganz anderen Kategorie: der der Nutzfahrzeuge, deren Zahlen von 16.158 Fahrzeugen im Jahr 2013 auf 21.480 angewachsen ist. Und auch da reicht der Blick in die Leipziger Straßen. Denn diese Nutzfahrzeuge stehen größtenteils eben nicht auf Betriebshöfen oder betriebseigenen Parkplätzen.

Sie gehören großenteils Subunternerhmern und Auftragnehmern, die in Leipzig eine immer hochtouriger laufende Logistik absichern. Die Fahrer sind oft im Auftrag größerer Unternehmen unterwegs – ihr Fahrzeug aber stellen sie in der Nähe ihrer Wohnung ab, sodass man – auch gern auf Kreuzungen und auf Gehwegen – immer öfter diverse Lieferfahrzeuge stehen sieht, die den Stellplatz belegen und in der Regel auch die Sicht in die Straße versperren.

„Ende 2021 waren 21.480 Nutzfahrzeuge in Leipzig gemeldet – ein Anstieg von 882 Fahrzeugen bzw. 4,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Seit 2013 hat der absolute Bestand an Nutzfahrzeugen in Leipzig um ein Drittel (32,9 Prozent) zugenommen. Der Nutzfahrzeugbestand je 1.000 Einwohner stieg im gleichen Zeitraum von 30 auf 32“, schreibt Kreymann, diskutiert das Problem dieser ausufernden Logistik aber nicht.

Autozuwachs insbesondere am Stadtrand

Etwas ausführlicher widmet er sich dem Pkw-Bestand am Stadtrand, wo ja nun in letzter Zeit immer öfter das Problem der fehlenden ÖPNV-Verbindungen diskutiert wurde.

„Es fällt auf, dass es sich bei den Ortsteilen mit den größten Zuwächsen an privaten Pkw um Ortsteile am Stadtrand und um jene Ortsteile handelt, in denen der Bestand an Privat-Pkw ohnehin bereits am höchsten ist“, schreibt er.

Übrigens ein Effekt, der direkt mit der Fertigstellung größerer Eigenheimsiedlungen in den Ortsrandlagen zusammenhängt. Mit jedem dieser Eigenheimbaugebiete, die die Stadt ausweist, wächst der Autobestand in Leipzig deutlich. „Die größten Zuwächse an Privat-Pkw je 1.000 Einwohner über 18 Jahre können in Baalsdorf (+27), Hartmannsdorf-Knautnaundorf (+21) und Grünau-Siedlung (+10) verzeichnet werden.

Es fällt auf, dass es sich bei den Ortsteilen mit den größten Zuwächsen an privaten Pkw um Ortsteile am Stadtrand und um jene Ortsteile handelt, in denen der Bestand an Privat-Pkw ohnehin bereits am höchsten ist.“

Während die Zahl der Kraftfahrzeuge also immer weiter wächst, gibt es zumindest bei den Antrieben derselben erste Hoffnungszeichen, stellt Kreymann fest:

„Der Anteil dieselbetriebener Pkw nimmt im Gegensatz zu den Vorjahren seit 2016 nicht mehr zu und verbleibt bei 24,6 Prozent Ende 2021. Der Anteil der Pkw mit Ottomotor ist ebenso leicht auf einen Wert von 69,1 Prozent am Ende des Jahres 2021 gesunken. Die übrigen Pkw werden rein elektrisch oder hybrid angetrieben (7,6 Prozent).

Der Anteil reiner ‚Stromer‘ hat sich fast verdreifacht und lag Ende 2021 bei 1,7 Prozent. Auch der Anteil sogenannter hybrider Antriebe (Strom- und Verbrennungsmotor) hat sich mehr als verdoppelt und lag Ende 2021 bei 5,9 Prozent. Ende 2021 waren in Leipzig 2.950 Fahrzeuge mit Elektroantrieb registriert. Dies entspricht einem Zuwachs von 103,4 Prozent, also einer Verdopplung, gegenüber dem Vorjahr. Davon waren 2.793 Pkw (+105,5 Prozent) und 157 (+72,5 Prozent) Nutzfahrzeuge.“

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Es gibt 8 Kommentare

@Lutz 70: Ich hatte Ihren Kommentar übersehen, deshalb so spät jedoch zu einer wichtigen Frage: ich bin regelmäßig in der Peripherie unterwegs – das bringt mein Job mit sich, allerdings mit dem Rad. Ich verstehe sehr gut, dass das nicht die Lösung für alle und alle Ecken Leipizgs ist.

Deshalb ja die gleichzeitige Forderung nach ÖPNV-, Car-Sharing und Radwegeausbau (generell) zum Rückgang der Pkw in Privatbesitz. Anders ändert sich nichts.

Dennoch stelle ich zunehmend fest, wie selbst erschlossene Strecken als schlecht beschrieben werden, weil zum Beispiel die S-Bahn-Verbindungen gar nicht bekannt sind (nur 1 Beispiel). Ich gehe demnach ebenso zunehmend davon aus, dass ich oft Ausreden zu hören bekomme, welche aus Bequemlichkeit geboren sind.

Sehr geehrterHr. Freitag.
Sehen Sie sich doch die Karte mal genauer an. Warum sollte ein Mensch in der Innenstadt andere Bequemlichkeiten haben wie an der Peripherie? In der Innenstadt kreuzen sich zig Lvb Linien. Die Leute kommen bequem von a nach b. Am Rande sieht es anders aus. Fahren Sie mal von Böhlitz Ehrenberg zu den nördlichen Gewerbegebieten wo Tausende Arbeitsplätze sind. Unter 1 1/2 Stunden mit dem ÖPNV geht nix und selbst mit dem Fahrrad ist es (aus Mangel an vernünftigen Radwegen) nicht ohne Risiko. Und Car Sharing hab ich bei uns noch nicht entdeckt…
Fahren Sie mal an die Peripherie und schauen Sie selbst. Und nicht wundern wenn die Straßenbahn Linie 7 mit 5 kmh langzuckelt. Das ist normal.

Nun, das Wort “Fahrradextremist” ist schon schwierig. Denn ja, es geht auch (hier mal weniger) um öffentlichen (Park)Raum, der bei den gestiegenen Zahlen halt an immer mehr Stellen nicht mehr kostenfrei sein kann. Ebenso wenig extremistisch ist es zu verlangen, dass da, wo durch die parkenden Autos für den fließenden Verkehr Probleme entstehen, eben die Parkstellen wegmüssen.

Aber interessanter ist hier eher die Debatte um die Arbeitswege. Denn zur angegebenen Strecke muss ich dann doch mal höflich nachfragen: Süd-Nord innerhalb von Leipzig ist mindestens eine S-Bahn-Route (S6 aus dem Süden bis Leipzig Nord) fahrbar, wobei man in 14 Minuten von Connewitz bis Leipzig-Nord kommt.

Nimmt man an, dass der “Rest” (also zu/vom S-Bahnhof) mit dem Rad gemacht wird, würde ich schon wetten wollen, dass je nach Wohn- und Arbeitsadresse Tobias das Rennen Auto vs. ÖPNV verliert.

@Michael Freitag
Hab mir das ÖPNV-Netz angesehen. Da gibt es sehr große Lücken und die meisten Car-Sharing-Angebote befinden sich da wo es eine gute Anbindung an den ÖPNV gibt und wenn morgens und abends 1000 Personen ein Car-Sharing Auto nehmen anstatt ein eigenes sind es trotzdem 1000 Autos die Rumstehen. Solange der ÖPNV nicht umfassend ausgebaut wird, wird sich daran nichts ändern.

Naja, @Lutz 70 hat schon recht. Wenn ich für eine Verbindung von Leipzig Süd nach Leizpig Nord eine Stunde mit den Öffis brauche, dann nehme ich halt lieber den eigenen PKW und brauche da nur 25 Minuten.
Akzeptabel für mich wäre mit den Öffis 35 Minuten für die Strecke, aber das geht halt nicht mit den Gegebenheiten in Leipzig.

PS: mein Auto hat einen Tiefgaragenstellplatz an der Wohnung und der Arbeitgeber hat ein Parkhaus.
Nur falls hier wieder irgendein Fahrradextremist was von öffentlicher Platzverschwendung faselt

Hauptsache, man hat für die eigene Bequemlichkeit immer eine Ausrede. Wenn man sich das ÖPNV-Netz anschaut (inkl. S-Bahn bitte) und existente Car-Sharing-Angebote hinzunimmt, ist die Aussage von Lutz 70 objektiv falsch. Mindestens stellt sie keine absolute Begründung für den weiteren Aufwuchs an privaten PKW dar.

Es geht um Gewohnheiten, weitergegebene, wie eigene. Und den brutalen Mangel an Bewusstsein: über die Treiber der Klimakrise, den Mangel an Parkraum und den Weg Leipzigs weg vom Auto.

Um es kurz fassen.
Am Stadtrand ist der ÖPNV nicht existent.
Baugebiete ausweisen, sich zu wenig Gedanken über die Mobilität zu machen und sich dann wundern, daß der PKW Bestand wächst. Ist halt Leipzig…

Schreiben Sie einen Kommentar