„Wenn es sehr gut läuft, werden wir in diesem Jahr rund 100 Millionen Fahrgäste haben“, sagte LVB-Geschäftsführer Ulf Middelberg im Oktober im LZ-Interview. Das Ziel war sportlich und es wird wohl knapp werden, die 100 Millionen zu erreichen. Von den 104 Millionen aus dem Vorjahr ganz zu schweigen. Aber wenn die aktuellen Beförderungszahlen etwas zeigen, dann die Bedeutung des ÖPNV für all das, was wegen Corona schließen und ausfallen musste.

Eine belastbare Umfrage, wie viele Menschen wegen Corona ihre Verkehrsmittelwahl für den Weg zur Arbeit geändert haben, gibt es leider nicht. Ob dazu etwas in der Bürgerumfrage 2020 steht, wissen wir leider auch nicht. Die steckt noch irgendwo in den Arbeitsgängen des Rathauses fest.Man kann also nicht mal vage Vermutungen dazu anstellen, wie viele Leipziger/-innen aus Vorsicht lieber vom ÖPNV aufs eigene Auto ausgewichen sind.

Aber durchaus belastbar ist die Vermutung, dass den Leipziger Verkehrsbetrieben (LVB) vor allem all die abgesagten Großveranstaltungen, die langen Schließzeiten für die Gastronomie, das fast völlig zum Erliegen gekommene Nachtleben und auch das Fehlen von Festivals und Weihnachtsmärkten viele Millionen Fahrgäste gekostet hat. Wahrscheinlich sogar den Löwenanteil der 50 Millionen Fahrgäste, die gegenüber dem Vor-Corona-Jahr 2019 verloren gingen.

Denn ein Blick in die Bahnen und Busse im Alltag zeigt, dass die Fahrzeuge nach wie vor gut gefüllt sind, also die Hauptkundschaft der LVB auch weiterhin mit Bus und Straßenbahn zur Arbeit, zum Studium, zum Einkauf fährt.

Wachstum auf Pandemie-Niveau

Und die Zahlen im neuen Quartalsbericht zeigen, dass die Fahrgastzahlen sogar steigen. Auf Pandemie-Niveau, wohlgemerkt. Denn seit dem Abblasen aller Veranstaltungen im März 2020 sind die monatlichen Nutzerzahlen sämtlich unter die 30-Millionen-Marke gesunken.

Besonders stark natürlich im 2. Quartal 2020, als es den am Ende einzigen wirklich harten Lockdown gab. Da halbierten sich die Nutzerzahlen der LVB fast von 34 auf 18 Millionen Fahrgäste. Im zweiten und dritten Quartal berappelten sie sich dann auf fast 27 und fast 25 Millionen, sodass die LVB am Jahresende doch noch auf 104 Millionen Fahrgäste kamen.

Dass die LVB 2021 schwächer starteten als 2020, war logisch. Gerade einmal 20 Millionen Fahrgäste wurden im ersten Lockdown-Winter gezählt, der dann auch noch eine echte Unterbrechung durch den großen Schneefall im Februar mit sich brachte.

Dafür lagen die Fahrgastzahlen im zweiten Quartal mit 25 Millionen wieder deutlich über dem Vorjahr. Und mit 28 Millionen galt das auch fürs dritte Quartal. Um die von Ulf Middelberg angepeilten 100 Millionen zu schaffen, müssten im letzten Quartal noch einmal 27 Millionen Gäste mit den LVB fahren – drei Millionen mehr als im Vorjahr.

Aber mit diesen Pandemiezahlen wissen die LVB nun auch, wie viele Fahrgäste ungefähr mit dem Phänomen einer Großstadt in Verbindung stehen, in der es große Veranstaltungen, Kultur und unbeschränkt geöffnete Gastronomie gibt.

Das Amt für Statistik und Wahlen betont bei der Statistik zu den Fahrgästen auch noch extra: „nur Straßenbahnen und Busse der Leipziger Verkehrsbetriebe GmbH“. Denn obwohl die Mitteldeutsche S-Bahn seit 2014 längst einen wesentlichen Teil des Leipziger ÖPNV abdeckt, veröffentlicht sie keine eigenen Fahrgastzahlen für Leipzig.

Die letzte Zahl stammt sogar aus dem fernen Jahr 2017: „Insgesamt knapp 25 Millionen auf den S-Bahn-Linien.“ Aber wie viele davon in Leipzig unterwegs waren, ist genauso wenig bekannt wie die Fahrgastentwicklung der letzten Jahre, in denen einige Streckentakte schon deutlich verdichtet werden mussten, weil die Bahnen im Berufsverkehr überfüllt waren.

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