Wenn man Stadträte übers Ohr balbieren will, dann kann man es auch so machen, wie es jetzt das Kulturdezernat mit der Vorlage "Leipziger Jubiläen des Jahres 2016" gemacht hat. Der Titel klingt läppisch. Feiert Leipzig eben 2016 mal die Todestage von Max Reger und Gottfried Wilhelm Leibniz. Doch dahinter stecken 29 Seiten Text, die zumindest bei Leibniz die Frage aufkommen lassen: Wird das wieder eine Klubveranstaltung für Eingeweihte?

Über die geplante Leibniz-Installation auf dem Johannisplatz, die wahrscheinlich schon 100.000 Euro von den fürs Leibniz-Jubiläum veranschlagten 150.000 Euro verschlingen wird, hat die L-IZ schon berichtet. Aber die Linke-Stadträtin Mandy Gehrt hat sich mit dem, was Leipzig eigentlich zum 300. Todestag des berühmtesten Leipziger Wissenschaftlers geplant hat, mal näher beschäftigt. Und das Ergebnis ist: Es ist eigentlich nichts geplant außer dieser seltsamen Installation.

Mandy Gehrt: “Mit dem Konzept zu den Jubiläumsfeierlichkeiten zum 300. Todestag Gottfried Wilhelm Leibniz soll durch eine Arbeit eines international renommierten Künstlers im öffentlichen Raum und wissenschaftliche Fachkonferenzen vor allem internationale touristische Aufmerksamkeit erregt und internationales Fachpublikum erreicht werden. Eine Einbindung der Leipziger Stadtgesellschaft geschieht nur durch die Öffnung von akademischen Sammlungen zur ‘Langen Nacht der Wissenschaften’.”

Da haben Leipzigs Kulturbeamte also wieder ganz hermetisch gedacht, so nach dem Motto: Wer was über Leibniz erfahren will, kann ja ins Lexikon gucken.

Eine lebendige Beschäftigung mit einem der größten Genies der Stadt aber sieht anders aus, findet Mandy Gehrt: “Es fehlt die Vermittlung der Bedeutung von Leibniz und seines Schaffens in die Stadtgesellschaft hinein. Hierzu sollte die Stadt Leipzig mit Akteuren der Freien Szene zusammenarbeiten und diese von vornherein als zivilgesellschaftliche Partner und erfahrene Multiplikatoren in das Konzept einbinden, denn nur so können städtische Jubiläen von der Stadtgesellschaft ‘miterlebt’ werden.”

Das Stichwort “Freie Szene” steht tatsächlich in dem 29-Seiten-Papier – es ist nur kein einziger Geldposten vorgesehen, die Freie Szene tatsächlich zu beauftragen. Augenscheinlich erwartet man, dass die freien Kulturschaffenden sich wieder für den reinen Spaß an der Freude ins Getümmel stürzen.

Deswegen landet am heutigen 20. Mai im Stadtrat zumindest ein Änderungsantrag von Mandy Gehrt auf dem Tisch zu den 150.000 Euro, die das Kulturdezernat generös fürs Leibniz-Jubiläum ausgeben möchte: “Davon werden 30.000 EUR für die Einbindung der Freien Szene zur Verfügung gestellt.”

Was, wenn es Zustimmung findet, zumindest die Hoffnung in sich trägt, dass sich ein Teil der Leipziger Stadtgesellschaft tatsächlich mal mit dem Universalgenie Gottfried Wilhelm Leibniz beschäftigt. Und eben nicht nur Sektreden von Leuten gehalten werden, die von einem Sektempfang zum nächsten tingeln.

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