Forderungen sind immer gut. Erst recht, wenn man damit der politischen Konkurrenz zeigen kann, was für eine emsige Macher-Truppe man ist. Seit Montag, 11. Januar, ist ja Leipzigs CDU irgendwie in der Defensive. Die Begründungen, warum sie sich ganz offiziell nicht an der Lichterkette für Toleranz "Leipzig bleibt helle" beteiligt hat, klangen wenig überzeugend. Jetzt versucht Leipzigs CDU, sich mit fünf richtigen Forderungen wieder in eine starke Position zu spielen.

Sie begründet das so: “Die Leipziger Union sieht sich seit ihrer Ankündigung, nicht an der Lichterkette teilzunehmen, stetigen Anfeindungen aus dem linken Lager ausgesetzt. Insbesondere die Grünen haben mit einem Nazi-Vergleich auf Twitter für Empörung gesorgt.”

Die Twitter-Debatte am 11. Janua bei dei den Leipziger Grünen. Screenshot: L-IZ
Die Twitter-Debatte am 11. Januar bei  den Leipziger Grünen. Screenshot: L-IZ

Mit dem Nazi-Vergleich meint man augenscheinlich einen Tweet, der am 11. Januar auf dem Twitter-Account der Grünen veröffentlicht wurde: “Die CDU Leipzig ist Hofbereiter von Neonazis die in #Connewitz randaliert haben. #Kaltland #sachsen”. Der sorgte dann kurzzeitig für eine Diskussion mit einem emsigen CDU-Mann und mündete dann in die Frage, wer sich nun von was zu distanzieren habe. Keine wirklich erhellende politische Diskussion. Aber für den Kreisvorsitzenden der Leipziger CDU, Robert Clemen, Grund genug, sich noch einmal deutlich zu distanzieren: “Wenn unsere politischen Mitbewerber glauben, dass wir auf solche platten Angriffe allein mit theoretischen Aufsätzen antworten, dann täuschen sie sich gewaltig. Die CDU Leipzig wird sich auch in ihrer Rhetorik zu wehren wissen.”

Und so hat die Leipziger CDU auf ihrer Kreisvorstandssitzung am Montag, 11. Januar, intensiv über politische Forderungen diskutiert, die eine Reaktion auf die aktuellen Herausforderungen sein könnten.

Geeinigt hat man sich dann auf diese fünf Punkte:

1. Stärkung des Rechtsstaates – Einstellung von mehr Richtern, Polizisten und Staatsanwälten, um Verfahren zu Beschleunigen.

2. Verteidigung unserer freiheitlich-demokratischen Kultur – keinerlei Duldung respektlosen Verhaltens gegenüber Frauen.

3. Straftäter schnell und konsequent abschieben!

4. Beendigung des Dauerdemonstrationszustandes in Leipzig – Versammlungsfreiheit und Sicherheit in Einklang bringen.

5. Entziehung des Nährbodens für politische Extremisten – Strengere Überprüfung von Fördermittelvergaben in Leipzig.

Das klingt nicht wirklich nach einer Entschärfung der Diskussion, sondern nach rhetorischer Aufrüstung.

Irgendwie hat man in der Vorstandsrunde am Montag, 11. Januar, (da randalierten die Neonazis gerade in Connewitz) auch kein klärendes Gespräch geführt über die wirklichen Möglichkeiten, die die CDU Leipzig hat, Politik in Leipzig zu gestalten. Wenn man sich an öffentlichen Aktionen nicht beteiligt, was bleibt dann? Forderungen nach lauter Verboten?

Wahrscheinlich war man da am Montag noch viel zu verärgert über den öffentlich geäußerten Vorwurf, zu kneifen, wenn es um ein simples Zeichen für Toleranz und Weltoffenheit geht.

Robert Clemen: “Die Zeit, in der wir mit staatsmännischen Reden versucht haben, die Probleme kleiner werden zu lassen, ist vorbei. Wir brauchen konkrete Maßnahmen im Bund, im Freistaat und in Leipzig. Die CDU wird sich an der Debatte zur Umsetzung ihrer Forderungen rege beteiligen.”

Und als Hintergrund für die Haltung erläutert man das so: “Für die CDU gibt es einen bedauernswerten Zusammenhang zwischen verstärkter politisch extremer Gewalt und der Flüchtlingskrise. Diese habe viele Menschen radikal politisiert, da sie Vertrauen in die demokratischen Institutionen verloren hätten.”

Das nennt man dann schon, dem eigentlichen Thema auszuweichen. Statt wirklich zu erklären, warum man sich der Lichterkette nicht anschließt, nimmt man den Auftritt der Rechtsradikalen vom 11. Januar noch als Vorwand, wieder mal in beide Richtungen zu schießen: “Rechts- und Linksextremismus sind große Gefahren für unsere Demokratie, denen wir uns mit allen Mitteln entgegenstellen müssen. Auch aus diesem Grunde muss die Stadtverwaltung ihre Vergabe von Fördermitteln in Zukunft sehr genau überprüfen.”

Das ist ein Ablenkungsmanöver. Denn das steht ja in der Forderungsliste eindeutig zu lesen: Die Gefahr für die Demokratie beginnt, wenn man den Rechtsstaat kaputtspart. Mehr Richter, Polizisten und Staatsanwälte müssen nicht eingestellt werden, “um Verfahren zu beschleunigen”, sondern um erst mal die Arbeit zu erledigen, die anliegt.

Mit der personellen Grundausstattung könnte die sächsische CDU-Regierung ja mal anfangen. Alles andere dürfte an simplen Rechtsvorschriften scheitern. Oder es wäre – wenn man es umsetzte – eine weitere Aushöhlung unseres Rechtsstaates. Bleibt natürlich die Frage: Wie soll gerade so das Vertrauen in den Rechtsstaat wachsen?

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Es gibt 3 Kommentare

Punkt zwei schaffen die bei der CDU/CSU doch nicht mal in den eigenen Reihen. Das ist ja fast schon Satire.

Forderungen? Ich glaub, die sind in Sachsen die Regierungspartei. Fordern ist Sache der Opposition, so viel ich weiß.
Aber wahrscheinlich kriechen die jetzt hintenrum der PEGIDA wo rein, die hatten schon vor über 1 Jahr Forderungen, sogar noch viel mehr.
Und nicht mal ganz schlechte. Z.B. mit dem Rundfunkstaatsvertrag mal aufzuräumen. (Aber wohl eher auf polnische Art. -Würde der Frau Kudla auch gefallen.)

Wohl eher steht voran die Forderung Nr. 0:

0. Sofortige Auflösung der Ortgruppe CDU Leipzig.

>1. Stärkung des Rechtsstaates – Einstellung von mehr Richtern, Polizisten und Staatsanwälten, um Verfahren zu Beschleunigen.

Steht die CDU auf dem Boden der deutschen Rechtschreibung? (soviel zur Verteidigung von Kultur)

Ansonsten bei Herrn Ulbig nachfragen.

>2. Verteidigung unserer freiheitlich-demokratischen Kultur – keinerlei Duldung respektlosen Verhaltens gegenüber Frauen.

Die CDU hat sich jahrzehntelang gegen einen Straftatbestand “Vergewaltigung in der Ehe” gewehrt. Da war es irgendwie egal mit dieser freiheitlich-demokratischen Kultur.

Mal richtig gefragt: Weshalb soll man Respekt gegenüber Frauen zeigen? Und wie ist es bei Männern, bei Menschen überhaupt? Hm?

>3. Straftäter schnell und konsequent abschieben!
Wir haben immer noch einen Rechtsstaat, und es gibt gegen Verwaltungsentscheidungen immer noch einen Rechtsschutz für die Menschen, die in diesem Rechtsstaat leben.

>4. Beendigung des Dauerdemonstrationszustandes in Leipzig – Versammlungsfreiheit und Sicherheit in Einklang bringen.

Also Aushöhlung von Art. 8 GG.
Steht die Leipziger CDU auf dem Boden der Verfassung?

Demokratie ist nun mal teuer. Eine Diktatur ist billiger.

Aber das Geld für die Arbeit der Polizei, um Meinungsfreiheit abzusichern, ist in der Demokratie besser investiert.

Möchte die CDU nach freiem Geschmack entscheiden, wo und wann mal ein bisschen demonstriert (also kurz mit dem Taschentuch winken?) darf?

>5. Entziehung des Nährbodens für politische Extremisten

Zu diesem Nährboden gehört die Leipziger CDU. Definitiv. Gerne kann sie der örtlichen Parteienlandschaft entzogen werden.

Was ist eigentlich mit den Leuten aus der JU Leipzig? Warum kommt da kaum etwas? Es sind nette Leute dabei.

> Strengere Überprüfung von Fördermittelvergaben in Leipzig.

Da fangen wir mal mit der Leipziger CDU an: Darf sie, die die Forderung 4 aufstellt und damit gewillt ist, den Boden der Verfassung zu verlassen, noch Zuschüsse für die Wahlkämpfe erhalten?

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