Leipzig hat zu tun. Die Unterbringung der Flüchtlinge, die als Asylbewerber an die Stadt überwiesen werden, stellt diese vor Herausforderungen, die in einem enger werdenden Wohnungsmarkt nicht leicht umzusetzen sind. Am Montag, 23. Februar, veröffentlichte das Sozialdezernat die neuesten Zahlen zur Leipziger Flüchtlingsunterbringung.

Dabei betonte es extra noch einmal, dass 2015 ein ungewöhnliches Jahr war: „Die Zahl der Asylsuchenden, die der Stadt Leipzig zugewiesen wurden, ist in den letzten Jahren sprunghaft angestiegen. Im Jahr 2014 waren es mit 1.243 Personen viermal so viele wie noch 2011 (285 Personen). 2015 wurden 4.230 asylsuchende Personen durch die Stadt Leipzig aufgenommen.“

Es war – wie ja der gewöhnliche Fernsehzuschauer auch verfolgen konnte – eine erwartbare Situation, seit sich Ende 2014 die europäische Abschottungspolitik am Mittelmeer endgültig als gescheitert erwies. Die Flüchtlinge aus den kriegsversehrten Ländern Syrien, Irak und Afghanistan ließen sich nicht mehr „jenseits der Außengrenzen“ zurückhalten und dort unter prekären Lagerbedingungen festsetzen. Der Druck auf Griechenland wuchs, im Sommer kamen die Flüchtlinge in Mitteleuropa an. Und statt sich vorzubereiten, hatten die meisten Bundesländer lieber im alten Trott weitergemacht. Was in Sachsen ja dazu führte, dass quasi über Nacht aus ehemaligen Kasernen, Baumärkten, Sporthallen neue Erstaufnahmeeinrichtungen gemacht werden mussten.

Und auch Städte wie Leipzig waren nicht wirklich vorbereitet, denn der Bau von Unterkünften hätte viel früher beginnen müssen. Schon 2014 hatte das Sozialamt große Schwierigkeiten dabei, neue Wohnungen für unterzubringende Asylbewerber zu finden. Das wurde im Herbst, als dann das Land tatsächlich die ersten Kontingente an die Stadt überwies, nicht besser.

Und so hängt Leipzig auch im Februar bei der dezentralen Unterbringung von Asylbewerbern hinterher: „Von den Personen, die im Januar 2016 Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhielten (5.324), lebten im Januar 71 % in einer Gemeinschaftsunterkunft einschließlich Pensionen und in einem Übergangswohnheim sowie dem Übernachtungshaus für Wohnungslose. 29 % lebten in einer eigenen Wohnung außerhalb einer Gemeinschaftsunterkunft. Davon hatten 49 % einen eigenen Mietvertrag und 51 % lebten in einer Gewährleistungswohnung.“

Andere sächsische Städte – auch Dresden – konnten über 60 Prozent der Asylbewerber in eigene Wohnungen einweisen.

Und dabei steht auch 2016 eine große Aufgabe vor der Stadt: „Der Freistaat Sachsen rechnet damit, dass 2016 insgesamt 51.000 Asylbewerber in Sachsen aufzunehmen sind. Für die Stadt Leipzig beträgt der Anteil davon 6.895 Personen.“

Und das wird keineswegs leicht, stellt die Verwaltung fest: „Alle verfügbaren Platzkapazitäten für die Unterbringung von Asylsuchenden und Geduldeten in Erstunterbringungseinrichtungen, Wohnhäusern, Übergangsheimen und -wohnungen sowie in Pensionen sind derzeit ausgelastet. Die vorhandenen Kapazitäten reichen noch nicht aus, um die für das Jahr 2016 zu erwartende Zahl von Personen aufnehmen zu können. – Weitere Unterkünfte müssen deshalb für eine Nutzung vorbereitet werden – auch angesichts der Tatsache, dass bei vier der bestehenden Unterkünften mit insgesamt 1.356 Plätzen in diesem Jahr die Nutzung endet und einige Unterkünfte mittelfristig durch geeignetere Objekte ersetzt werden sollen.“

Zu Letzteren gehört zum Beispiel das Brühlpelz-Hochhaus mit 550 Plätzen, das nur bis zum März zur Verfügung steht.

Zum 19. Februar standen – so teilt das Sozialdezernat mit – aktuell 4.382 Plätze in Gemeinschaftsunterkünften einschließlich Pensionen zur Verfügung. Im Januar wurden schon die nächsten 344 Asylbewerber an die Stadt überwiesen, bis Mitte Februar waren es dann 494. Die Stadt muss also weitere Unterkünfte schaffen.

So sind für das Jahr 2016 derzeit 3.614 neue Plätze geplant. Für 2017 sind aktuell 1.756 neue Plätze geplant. Weitere Objekte werden noch geprüft, so das Dezernat, das auch detailliert auflistet, woher die Menschen kommen, die Zuflucht im Leipzig finden.

Und es hat sich seit dem Herbst eigentlich nichts geändert: Die meisten kommen aus den Bürgerkriegsländern Afghanistan, Syrien und Irak. Bei den minderjährigen, unbegleiteten Asylbewerbern ist es ganz ähnlich, auch hier dominieren die Länder Afghanistan und Syrien.

Und das verändert logischerweise auch die Leipziger Schulen, denn dort müssen in ähnlichem Tempo neue Klassen für „Deutsch als Zweitsprache“ geschaffen werden.

„Derzeit lernen 594 Schülerinnen und Schüler in 28 DAZ-Klassen in 17 Grundschulen“, teilt die Verwaltung mit. „526 Schülerinnen und Schüler lernen in 24 DAZ-Klassen in 18 Oberschulen. 319 Schülerinnen und Schüler lernen in 165 DAZ-Klassen in 6 Berufsbildenden Schulen. Weitere Vorbereitungsklassen in allen Schularten sind in Planung.“

Ob tatsächlich kaum noch freie Wohnungen zur Unterbringung von Asylbewerbern verfügbar sind, weiß natürlich niemand. Da fällt der Stadt ihre eigene, sehr zurückhaltende Wohnungspolitik auf die Füße: Verlässliche Zahlen fehlen.

Trotzdem sucht die Stadt weiter nach Vermietern, die freie Wohnungen zur Verfügung stellen.

Der neue Bericht zur Asylunterbringung der Stadt Leipzig.

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