Es ist eine Art Pingpong-Spiel, das die CDU-Fraktion im Leipziger Stadtrat da über Bande mit der Leipziger Stadtverwaltung spielt: Im März stehen die ersten Stadtratsentscheidungen über die künftigen Werbekonzessionen in der Stadt an. Da sind noch nicht die Werbedisplays an den Haltestellen dabei. Entsprechend empört liest sich eine Stadtratsanfrage der CDU-Fraktion vom 11. Februar.

Gleichzeitig macht die LVZ Stimmung, indem sie sich ihr eigenes Bild malt von dem, was da möglicherweise ab dem 1. Januar 2017 an Leipzigs Haltestellen passiert. Oder auch nicht.

Zur Erinnerung: Ursprünglich hatte der Stadtrat von der Verwaltung eine neue Werbekonzeption erwartet, die alle von der Stadt konzessionierten Werbeformate in der Stadt umfasst. Davon nahm die Verwaltung Abstand und begründete das in einer Informationsvorlage vom 27. Mai 2015. Darin heißt es: „Zum Zeitpunkt der Erarbeitung der Ratsvorlage mit den hier nochmals zitierten Beschlusspunkten wurde davon ausgegangen, dass dieses Konzept im Vorfeld des Ausschreibungsverfahrens erarbeitet werden muss. Dem ist nach heutigem Stand aufgrund der Erfahrungen der externen Fachberatung nicht so. Vielmehr werden im Vorfeld eines solchen Ausschreibungsverfahrens nur die wesentlichen Randbedingungen zusammengestellt, die als Grundlage für den Teilnahmewettbewerb dienen und den möglichen Gesamtumfang darstellen. Dies dient auch als Grundlage zur Einschätzung der potenziellen Bieter. Danach erstellen die Werbefirmen im Rahmen der im Weiteren zu konkretisierenden Vorgaben der Stadt mit ihrem Angebot ein entsprechendes Werbekonzept für Leipzig, dass dann auch innovative Ideen und Ausstattungsvorschläge beschreibt. Über die vorgelegten Inhalte – das Werbekonzept – wird dann im Detail verhandelt.“

Also wurden vier Lose gebildet. Die Auftragsvergabe wurde im April 2015 im Europäischen Amtsblatt bekannt gemacht.

Eine wesentliche Grundlage der Losaufteilung war zum Beispiel: „Trennung von Werbekonzession und werbefremden Sachleistungen (Transparenzgebot) “. Das ist der Grund dafür, warum die Wartehäuschen der LVB künftig von der Konzession für die Werbedisplays getrennt werden. Heute gehören 500 Wartehäuschen der Werbefirma JC Decaux, und die hat schon mal angekündigt, die Wartehäuschen sofort ab dem 01.01.2017 abbauen zu wollen – bis dahin läuft die Konzession, die JC Decaux seit 1991 hat und die immer wieder verlängert wurde. Was gegen europäisches Wettbewerbsrecht verstößt. Deswegen muss Leipzig die Konzessionen zwingend ausschreiben. In mehreren Losen.

Es ist übrigens nichts Neues, was die LVZ nun seit Tagen so schrecklich aufregt, dass JC Decaux seine Werbeträger sofort ab dem 01.01.2017 abbauen will. Das stand auch schon in der Mai-Vorlage von 2015: „JCD machte im Gespräch deutlich, dass es nicht zur Firmenphilosophie gehört, Werbeanlagen bei Beendigung eines Vertrages zu verkaufen. Gleichzeitig wurde gegenüber der Stadt bekräftigt, dass JCD für den Fall, dass sie nicht der Neukonzessionär werden, innerhalb der ersten drei Monate nach Vertragsende alle Werbeanlagen in Leipzig abbauen wird.“

Dass die Neuausschreibung nicht nur mehr Werbeerlöse für die Stadt bringen soll (bisher ist es eher eine lächerliche Million Euro), stand damals übrigens auch in der Vorlage.

Und es stand auch drin, was die LVZ schlicht ignoriert: Statt der 500 Fahrgastunterstände mit Displaywerbung sollen es künftig 670 werden – mit Werbung. Es gibt ja auch noch welche ohne Werbung, da erhöht sich dann die Gesamtzahl von 640 auf 864. Und auch die Stromkosten, die jetzt in Höhe von 200.000 Euro jedes Jahr bei der Stadt landen, soll künftig der Konzessionär übernehmen. Oder die Konzessionäre.

Die ersten beiden Lose (Lose 3 und 4 für die Uhren und Kandelaber/Hotelwegweisungen) sind jetzt schon mit einer Vorlage für den Stadtrat unterlegt, die im März behandelt werden soll. Die Lose 1 und 2 stehen noch aus. Aber am 17. Juni 2015 beschloss der Stadtrat, dass man genau so vorgehen wolle.

Was die Ratsfraktionen als Vorlage bekommen haben, ist nur die Unterrichtung zu den Losen 3 und 4. Die anderen Lose – zu den großen Werbedisplays und den Displays an den Haltestellen – werden darin nicht erwähnt. Aber durch die LVZ-Berichterstattung ist man in der CDU-Fraktion erst recht nervös geworden. Denn da tauchten auf einmal Vermutungen auf, der Bau neuer Haltestellenunterstände könnte die Stadt nun 40 Millionen Euro kosten – das hat die Stadt in den ganzen 25 Jahren über Werbekonzessionen nicht eingespielt.

Entsprechend reagierte nun die Stadt selbst – zum zweiten Mal. Schon auf den ersten Beitrag der LVZ zum Thema Fahrgastunterstände hat die Verwaltung mit einem öffentlichen Dementi auf der Homepage der Stadt reagiert. Nun, nachdem die LVZ am 13. Februar wieder allerlei Behauptungen in den Raum stellte („‚Handwerklich ganz schlecht gemacht‘. CDU kritisiert Verfahren um Werberechte-Vergabe“), gibt es das nächste Dementi – noch länger. Mitsamt einem Hinweis auf die wesentlichen Fakten zur Ausschreibung, wie sie derzeit schon zu benennen sind. Aber 40 Millionen? Das ist völlig aus der Luft gegriffen: “Diese in der Presse genannten Zahlen sind ohne Quellenangabe gemacht worden, der tatsächliche Investitionsaufwand liegt weit darunter. Die Stadt kalkuliert mit Investitionskosten im einstelligen Millionenbereich, die über die Werbekonzessionen mittelfristig refinanziert werden”, heißt es da.

Und über die verbliebenen Lose rechnet man sich  logischerweise deutlich höhere Werbeeinnahmen aus. Doch darüber wird auch die Verwaltung erst informieren, wenn die endgültigen Bewerber feststehen. Vielleicht wird die Verwaltung auch am 24. Februar in der Ratsversammlung weitere Informationen geben. Man kann gespannt sein.

Tatsächlich gibt es sogar ein Stadtratsgremium, das mehr weiß: eine Leitungsgruppe, deren Gründung im Juni 2015 ebenfalls beschlossen wurde. „Diese Leitungsgruppe hat seitdem 5 mal getagt und dabei die von der Verwaltung vorgeschlagenen Verfahrensschritte besprochen und der Verwaltung das weitere Vorgehen empfohlen“, kommentiert das jetzt die Stellungnahme der Stadt. „Dabei wurde vertrauensvoll auch über die Hintergründe und detaillierten Verfahrensinhalte diskutiert sowie erkannte Chancen und Risiken angesprochen. Auch im Fachausschuss für Stadtentwicklung und Bau, den Frau Dr. Heymann (die im LVZ Beitrag zitiert wird) leitet, wurde anlässlich der Medienberichte aktuell über das Verfahren berichtet.“

Die Anfrage der CDU-Fraktion.

Die Informationen des Verkehrs- und Tiefbauamtes zu den Losen 3 und 4.

Die Informationsvorlage vom Mai 2015.

Die beschlossene Losaufteilung.

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Vermutlich ist die LVZ schon längst von der Leipziger CDU und der IHK unterwandert. Das würde die miese “Berichts”qualität erklären.

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