Falsches Denken führt zu falschen Ergebnissen. Das betrifft auch den Wohnungsbau in Deutschland. Nur zu gern würde es die aktuell lebende Politikergeneration einfach „dem Markt“ überlassen, genug Wohnungen zu bauen, damit alle Bürger ein Dach über dem Kopf haben. Aber „der Markt“ war noch nie ein gutes Steuerungselement. Erst recht nicht, wenn es um bezahlbaren Wohnraum für sozial Schwächere geht. Die Linksfraktion hat das Thema aufgegriffen.

Denn auch wenn Leipzigs Stadtspitze immer wieder beschwichtigt, noch gebe es keinen Wohnungsnotstand in Leipzig, werden künftig tausende Wohnungen mit niedrigen Mieten gebraucht. Denn Leipzig wächst ja nicht nur durch Gutverdiener. Auch Oberbürgermeister Burkhard Jung geht davon aus, dass von 4.000 jährlich neu benötigten Wohnungen etwa 2.000 Wohnungen für Menschen mit niedrigen Einkommen eingeplant werden müssen.

Da ist es egal, ob man das Sozialwohnungen nennt oder Wohnungen mit Mietpreisbindung. Es ist ein simpler Bedarf – der aber absehbar nicht gedeckt wird. Denn bei den jetzt aktuell vorgesehenen 53 Millionen Euro, die der Freistaat Sachsen endlich an die Kommunen weiterreichen will, handelt es sich nur um ein Zehntel der Summe, die gebraucht würde. In Leipzig könnten davon gerade einmal 200 neue Sozialwohnungen pro Jahr entstehen. Das könnte nicht mal reichen, um den dringenden Unterbringungsbedarf, der bei städtischen Ämtern gemeldet wird, abzusichern. Die Stadt muss also auch noch selbst etwas tun, um zusätzliche Sozialwohnungen zu sichern.

Dazu startet die Linksfraktion jetzt einen Vorstoß im Doppelhaushalt 2017/2018.

„Derzeit befindet sich die ‚Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums des Inneren zur Förderung der Schaffung von mietpreis- und belegungsgebundenem Mietwohnraum‘ immer noch im Verfahren. Vor allem die beiden Großstädte Dresden und Leipzig sollen davon profitieren“, stellt die Fraktion in ihrem Antrag fest. „Der Gesetzentwurf zielt dabei aber auf Menschen ab, die im Besitz eines Wohnberechtigungsscheines sind. Antragsberechtigt sollen dabei Eigentümer, Erwerber und Bauherren der zu fördernden Wohnung werden, deren Wohnungen entweder neu gebaut oder umfassend saniert werden. Neben der Förderung von Mietern mit Wohnberechtigungsschein in Neubau- oder umfassend sanierten Wohnungen sollten unserer Auffassung nach in Leipzig auch Mieter, die Leistungen nach dem SGB II und SGB XII erhalten, gefördert werden. Da diese Klientel kaum Neubau- oder umfassend sanierte Wohnungen bewohnt, sollte sich die Förderung vornehmlich auf alle andere Wohnungen erstrecken.“

Die Lage selbst ist jetzt schon schief, weil „Hartz IV“-Betroffene aus Mangel an preiswerten Angeboten gar nicht umziehen können.

Die Linksfraktion: „In der Berichterstattung 2016 zur jährlichen Analyse der Kosten der Unterkunft und Heizung von Leistungsberechtigten nach dem SGB II und Untersuchung der Angebotsmieten zur Überprüfung des Richtwertes für die Angemessenheit (Vorlage VI-DS-02986) wird in Tabelle 8 anschaulich dargelegt, dass ein hoher Prozentsatz der Leistungsbezieher nach dem SGB II in Wohnungen leben, mit zu hohen, den Richtwerten der Stadt Leipzig weit übersteigenden Mieten. Hier könnte mit dem Zuschuss verhindert werden, dass die betroffenen Leistungsbezieher zu einem Umzug gezwungen sind und ihr angestammtes Wohnumfeld verlassen müssen.“

Was dann etwas Erstaunliches bedeutet, wie die Linksfraktion betont: „Damit wird also gleichfalls durch den Zuschuss ein drängendes Problem in der Stadt abgemildert, die Gentrifizierung.“

Aber die Stadt selbst hat überhaupt kein Konzept, die Entmischung der Stadtteile tatsächlich aufzuhalten: „Trotz aller Bemühungen schreitet die Segregation in Leipzig rapide voran. Bei allen sozialräumlichen Karten der Stadt Leipzig ist klar zu erkennen, dass sich zwei ‚Armutsbezirke‘ in Leipzig etablieren, der Leipziger Westen und der Leipziger Osten. Egal, ob es sich um die Durchschnittseinkommen, die Empfehlungen für eine höhere Schule, die Anzahl der Empfänger von Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII usw. handelt, stets stehen der Leipziger Osten und der Leipziger Westen im Fokus, eine für das Zusammenleben in der Stadtgesellschaft gefährliche Entwicklung. Dieser Tendenz könnte mit dem Zuschuss wenigstens ansatzweise eine Abmilderung erfahren.“

Wie soll dieser von den Linken beantragte Zuschuss aussehen?

„Ergänzend zum Förderprogramm des Freistaates Sachsen zur Schaffung von mietpreis- und belegungsgebundenen Wohnungen stellt die Stadt Leipzig zusätzlich 1.500.000 Euro pro Jahresscheibe 2017 und 2018 für die Mietpreis- und Belegungsbindung von Wohnungen für Bezieher von Leistungen nach dem SGB II und SGB XII im städtischen Haushalt ein.

  1. Auf Antrag können Vermieter bei der Stadt einen Mietzuschuss erhalten, wenn sie sich im Gegenzug dazu verpflichten, die Wohnung für mindestens 15 Jahre an Leistungsempfänger nach dem SGB II und SGB XII vermieten.
  2. Mit dem Zuschuss wird der Differenzbetrag zwischen der ortsüblichen Vergleichsmiete pro Quadratmeter für die Wohnung und der angemessenen Miete nach den Richtlinien der Stadt Leipzig gemäß SGB II ausgeglichen, maximal aber 2,50 EURO /m² der Nettokaltmiete.
  3. Entfällt der Leistungsbezug für den Mieter, z.B. durch Arbeitsaufnahme, so wird der Zuschuss unter der Voraussetzung weitergewährt, dass der Mieter dem Grunde nach für einen Wohnberechtigungsschein die Voraussetzungen hinsichtlich der entsprechenden Einkommensgrenze erfüllt. Übersteigt das Einkommen die entsprechende Einkommensgrenze wird der Zuschuss um 50 % gekürzt.“

Ein wirklich tragendes soziales Wohnungsbauprogramm, bei dem vor allem die Stadt und ihre Wohnungsbautochter federführend wären, würde zwar wirksamer sein. Aber mit den „Peanuts“, die der Freistaat dafür geben will, ist daran nicht mal zu denken. Und das falsche Denken der aufs Knausern bedachten Regierung führt zu lauter Hilfskonstrukten in den Kommunen, die für die zunehmende Bedürftigkeit auch Lösungen finden müssen.

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