Was für eine Stadt wollen wir eigentlich haben? Da streiten nicht nur die Geister. Da sind auch die Leipziger selbst im Zwiespalt. So wie die CDU-Fraktion in einem Antrag aus dem Oktober, in dem sie feststellte: „In der Stadt Leipzig wird momentan die Baumpflanzung intensiviert, was stadtklimatisch zu begrüßen ist. Leider werden häufig dabei die Interessen der Entwicklung von Grün im Stadtraum nicht mit den Interessen der Anlieger zum Parken ausgeglichen.“

Darauf reagierte das Umweltdezernat jetzt mit einer halben Zustimmung und einer halben Ablehnung. Denn gerade für den stillen Wunsch, für jeden gepflanzten Baum anderswo neue Stellplätze zu schaffen, fehlt schlicht der Platz in der Stadt.

Irgendwie klang ja gerade Punkt 3 des Antrags seltsam: „Die Verwaltung wird beauftragt, unter Beteiligung der Anlieger einen adäquaten Ausgleich für Parkplätze, die durch Straßenbaumpflanzungen wegfallen, zu schaffen.“

Denn in der Umweltgesetzgebung liest sich das genau andersherum: Für wegfallende Bäume in der Stadt müssen anderswo neue Ersatzpflanzungen vorgenommen werden. Und der Blick in viele Innenhöfe genügt. Da wurden weit mehr Bäume in den letzten Jahren entfernt, als neues Grün anderswo in die Stadt kam. Was ja einer der Gründe für das schon seit 2009 beschlossene Straßenbaumprogramm war. Der letzte Sommer hat es ja nur zu deutlich gezeigt, wie baumlose Straßen in der Hitze brutzeln. Dafür stehen sie vollgeparkt mit Autos. Man kann nicht beides zugleich haben.

Und vielleicht kommen ja auch Autobesitzer so langsam ins Grübeln und akzeptieren, dass sich das Klima in ihrer Straße positiv verändert, wenn Bäume endlich für Schatten sorgen.

Abgelehnt hat das Umweltdezernat auch Punkt 4, weil er eigentlich Quatsch ist: „Für die Folgejahre ist ein Stadtbaumprogramm zu entwickeln, welches eine Abwägung der Wirkung auf das Stadtklima und auf die Parkplatzsituation enthält. Dabei sind auch Alternativen in Form konzentrierter Pflanzungen auf kleinen Stadtteilplätzen zu prüfen, um einerseits die Parkplatzsituation nicht zu verschärfen und andererseits dennoch das Stadtklima zu verbessern.“

Genau dieses Straßenbaumprogramm gibt es ja schon. Es soll auch bald vorgestellt werden: „Die Stadtverwaltung hat gemeinsam mit den betroffenen städtischen Gesellschaften und zusammen mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern ein Straßenbaumkonzept erarbeitet. Dessen Entwurf befindet sich derzeit noch in der verwaltungsinternen Abstimmung und wird danach dem Stadtrat Anfang des II. Quartals 2019 zur Beschlussfassung vorgelegt.“

Nur die beiden ersten Punkte nimmt das Umweltdezernat ernst, weil sie eigentlich Punkte der Achtsamkeit sind: Die neuen Baumscheiben so zu setzen, dass möglichst wenige Stellplätze verloren gehen.

Und was dabei herauskommt, darüber werde man dann die aufgeregten Stadträte auch informieren: „Der Bericht wird nach der Beschlussfassung kurzfristig vorgelegt, kann allerdings aufgrund der erforderlichen Bearbeitungszeit erst zum Ende des I. Quartals 2019 zusammengestellt werden.“

Und was die wirklich umgesetzten Maßnahmen betrifft, da bemühe man sich ebenfalls, alle Gremien rechtzeitig zu informieren: „Die Stadtbezirksbeiräte und die Ortschaftsräte wurden in ihren Sitzungen bereits regelmäßig über Straßenbaumpflanzungen, die über einzelne Standorte hinausgehen, informiert. Darüber hinaus werden auf der Internetseite leipzig.de/stadtbaum die zur Ausführung vorgesehenen Baumpflanzungen als Liste und bei Erstpflanzungen auch als Plandokument eingestellt. Künftig sollen auch die Fachausschüsse für Umwelt und Ordnung sowie Stadtentwicklung und Bau bereits die Vorplanungen für die Erstpflanzungen vorgestellt bekommen und über deren Umfang informiert werden.“

Sachsens Baum-ab-Gesetz hat Baumfällungen zum Ablasshandel gemacht

Sachsens Baum-ab-Gesetz hat Baumfällungen zum Ablasshandel gemacht

 

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar