Den Forstwirtschaftsmaßnahmen liegt kein wirkliches Entwicklungskonzept zugrunde. Obwohl die Erhaltungsziele für das FFH-Gebiet Leipziger Auensystem genau das priorisieren. Seit Ende 2018 gibt es zwar beim Amt für Stadtgrün und Gewässer wieder eine neue Arbeitsgruppe, die ein Gesamtkonzept für die zukünftige Auenentwicklung diskutieren soll. Aber derweil soll fleißig weiter gefällt werden.

Denn mit Arbeitsergebnissen aus dieser Gruppe, die wie die AG Wald wieder kein offizielles Beratungsgremium des Stadtrates ist, ist so schnell nicht zu rechnen. Immerhin geht es um die weitflächige Öffnung der Nord- und der Südaue, um dort wieder ein natürliches Wasserregime zu gewährleisten, genau das, was die Erhaltungsziele des FFH Gebietes „Leipziger Auensystem“ zuallererst fordern.

Dort heißt es nämlich: „Erhaltung der mitteleuropäisch bedeutsamen, naturnahen Flussauenlandschaft von Elster, Pleiße und Luppe mit großflächigen Altbeständen der Hartholzaue, grundwassernahen Stieleichen-Hainbuchenwäldern, Resten von Weichholzauen, wertvollen Stromtal-Auenwiesen, Frisch-, Feucht- und Nasswiesen, ephemeren Stillgewässern sowie Restgewässern in ehemaligen Lehmstichen.“

Ohne Flussauenlandschaft kein Auenwald. Nicht menschliche Vorstellungen, wie ein Auenwald auszusehen hat, bestimmen die Entwicklung eines Auenwaldes, sondern die Rhythmen des geöffneten Flusssystems. Und nirgendwo in den FFH-Zielen ist definiert, wie hoch der Eichenanteil in diesem Auensystem zu sein hat.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt den Antrag ins Stadtratsverfahren eingereicht, dass ein Auwaldentwicklungskonzept als verbindliche Planungsgrundlage für alle Maßnahmen, die den Auwald betreffen, aufgestellt werden soll. In die Erarbeitung sollen die Träger der öffentlichen Belange einbezogen werden. Bis zur endgültigen Aufstellung sollen alle Maßnahmen, die den Auwald betreffen, nur vorbehaltlich erfolgen und dann anhand des regelmäßig zu evaluierenden Entwicklungskonzeptes abgeglichen werden.

Jürgen Kasek, umweltpolitischer Sprecher der Fraktion, erklärte am Donnerstag, 14. November, dazu: „Es ist verwunderlich, dass es bislang an einem verbindlichen Gesamtkonzept zur Entwicklung Leipzigs grüner Lunge, den Leipziger Auwald, fehlt. Es gibt zwar mit der Forsteinrichtung und dem daraus resultierenden Forstwirtschaftsplan einerseits und anderen Maßnahmen wie dem Wassertouristischen Nutzungskonzept Einzelansätze aber kein verbindendes Gesamtkonzept.“

Und dann wird er deutlich: „Das Grundproblem des Auwaldes ist das fehlende Wasser und die fehlenden regelmäßigen Überschwemmungen. Hinzu kommen einzelne Maßnahmen, die den Wald betreffen und nach Recht und Gesetz aufzustellen sind, aber nicht im Rahmen eines Gesamtkonzeptes geprüft werden. Dies betrifft insbesondere die Fragestellungen zum wasssertouristischen Nutzungskonzept (WTNK), das in einzelnen Punkten der eigentlichen ökologisch sinnvollen Zielsetzung einer Wiedervernässung des Waldes entgegensteht.“

Mit ihrem Antrag wollen die Grünen erreichen, dass Fragestellungen wie WTNK, Forstwirtschaftsplan, Totholzkonzeption und weitere Punkte in einem Gesamtkonzept gebündelt werden und alle Maßnahmen anhand der Zielstellungen abzugleichen sind. Kasek: „Dadurch kann verhindert werden, dass Einzelmaßnahmen, die der Zielstellung entgegenlaufen, umgesetzt werden.“

Der Antrag der Grünen.

Beantragt die Linksfraktion nun eine öffentliche Bürgerbeteiligung zum Umgang mit dem Leipziger Auenwald?

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Es gibt 4 Kommentare

Sehr gut, ein Geasamtkonzept zu beantragen. Damit wird die Verwaltung beauftragt, dies vorzulegen, bis dahin dürfen die anstehenden Fällungen der 1.000 Bäume nur “vorbehaltlich” durchgeführt werden ?

Nein, es dürfen keine Fälungen getätigt werden.

Wenn die Verwaltung solch ein Konzept vorlegt, ist zu erahnen, wie dieses aussehen wird.

Das dürfte das forstwirtschaftliche Ziel sein. Dann wären alle alten Hölzer schön teuer verkauft und nach uns die Sintflut. Oder das Vertrocknen. Wie auch immer

Na, hoffentlich nutzt man das nicht als Steilvorlage. Erstmal ein Konzept erarbeiten, abstimmen und aufstellen. Das dauert. Länger als gedacht. Und verzögert sich nochmal, aus nachvollziehbaren Gründen.
Und bis dahin ist vom Auawald nur noch ein einziges Femelloch übrig, dank umtriebiger Forstarbeiter.
Oder ist das jetzt zu pessimistisch?

JA! So ist es. Und der unsägliche Wahnsinn, vor dem Hintergrund des fehlenden Wasser statt Wasser den Förster in die Aue zu bringen bzw. dessen Großgerät und dessen Größenwahn, die Menschen glauben machen zu wollen, dass flächige Vernichtung von alten Bäumen mit hier 1,7 Mill. Steuergeld diesen Mangel an lebensnotwendigen Bedingungen für die Aue ersetzen kann: So wie man Geld nicht essen oder trinken kann, kann man damit bzw. mit den damit bezahlten Eingriffen absolut nicht ausgleichen, dass der Aue die Lebensgrundlage, nämlich hydrologische Dynamik, 100 Jahre entzogen wurde und, nach dem Willen der Stadtverwaltung, weitere mindestens 30 Jahre entzogen werden soll – bevor man überhaupt ernsthafte Überlegungen anzustellen bereit sei, etwas am fehelnden Wasser womöglich zu ändern zu wollen. Nur dass bis dahin alles so gesteuert/zugebaut/abgeholzt wurde, dass nichts mehr zum Retten übrig ist.

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