Am Donnerstag, 28. Mai, entschied der Leipziger Stadtrat auch zu einem neuen Förderprojekt „Ruhenden Verkehr digitalisieren – RuDi“, das die LVB als Pilotprojekt in Stötteritz umsetzen sollen. Kurz vor Sieben kam es da zu einer kleinen Debatte, nachdem AfD-Stadtrat Christian Kriegel noch einmal dieselben falschen Bedenken vorgebracht hatte, die zuvor schon die LVZ veröffentlicht hatte. Er mutmaßte ein „Abkassieren von Autofahrern jetzt auch bis zum Stadtrand“.

Da hatten wohl einige Leute die Vorlage gar nicht verstanden, in der es ganz und gar nicht um ein weiteres bezahltes Parken ging, sondern um ein Digitales Projekt, mit dem der knappe Parkraum besser verwaltet werden und der Parksuchverkehr durch diese digitalen Möglichkeiten verringert werden kann.

Die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) sollen damit beauftragt werden, weil sie sich mit mobilen Dienstleistungen schon länger beschäftigen. Die Hälfte der bis 2024 geplanten 17,5 Millionen Euro will der Bund fördern, die andere Hälfte müssen die LVB (bzw. die Muttergesellschaft LVV) aufbringen.

Auf Kriegels Äußerungen meldete sich Thomas Köhler von den Piraten zu Wort und wunderte sich nur – auch über den LVZ-Beitrag, der gemeint hatte „Die armen Leipziger werden wieder mal abgezockt“. Davon steht aber nichts in der Vorlage der Stadt.

Im Nachgang hat Köhler sein Unbehagen am LVZ-Beitrag und an Kriegels Rede noch einmal schriftlich festgehalten. Darin geht er noch ein wenig weiter als in der kurzen Stellungnahme am Donnerstag, 28. Mai, in der Kongresshalle.

Sein Kommentar:

Diskussion über Digitalisierung im Stadtrat – RuDi

Thomas Köhler

Am 27.05.2020, am Tag vor der Stadtratssitzung, titelte die LVZ: „RuDi“ soll Autofahrer zur Kasse bitten. Der Tenor des Artikels war, dass die LVB ein digitales System entwickelt, um „öffentliche Parkplätze am Straßenrand, Stellplätze außerhalb des Straßenraums sowie perspektivisch auch Park+Ride- sowie Bike+Ride-Angebote elektronisch erfassen und bewirtschaften“ zu können. So weit, so gut – die Beschreibung im Text stimmt einigermaßen, der Artikel endet aber mit dem Statement der AfD-Fraktion, die als einzige vermutet, dass damit „Autofahrer“ abkassiert werden sollen.

Liest man den Beschlussvorschlag (VII-DS-00986), dann bleibt davon nichts übrig. Dort steht eindeutig: „Im Weiteren ist vorgesehen, für bewirtschaftete Parkplätze eine Bezahlmöglichkeit über eine App bereitzustellen, mit dem Ziel, diese in die bestehende Mobilitätsplattform ,Leipzig mobil‘ zu integrieren.“

Es bleibt zu bemerken, dass von „bewirtschafteten Parkplätzen“ die Rede ist, nicht von weiterer Schaffung dieser. Der zitierte Passus beantwortet auch die von der AfD aufgeworfene Frage, warum die LVB diese digitale Lösung entwickelt: Weil sie mit „Leipzig mobil“ bereits eine Lösung für ÖPNV, Car- und Bike-Sharing anbietet, die prädestiniert für eine Erweiterung ist.

Ich habe nach dem Redebeitrag der AfD versucht, diesen Punkt zu erklären – wahrscheinlich erfolglos. Es stand ja in der LVZ. Ich fand es belustigend und habe das auch so ausgedrückt.

Ein Wort noch zu einem anderen Antrag und der Abstimmung. Es mag der falsche Eindruck entstanden sein, dass die Fraktion Freibeuter und somit ich gegen die Beteiligung der Jugendlichen an der Kommunalpolitik wären.

Bei der Abstimmung zum Antrag „Jugend in der lokalen Demokratie stärken“ (VI-A-08201-NF-03) folgten wir der Argumentation des Jugendparlaments, also dem Antragsteller selbst, mit der Ablehnung des Änderungsantrags von Bündnis90/Die Grünen (VI-A-08201-NF-03-ÄA-01). Da der Änderungsantrag eine Mehrheit fand und der Ursprungsantrag in den Änderungsantrag inkludiert ist, wurde über den Antrag selbst nicht abgestimmt. Somit entstand der eventuell falsche Eindruck – das gehört aber (leider) auch zur Demokratie.

***

Das Abstimmungsergebnis

Außer bei der AfD gab es nicht wirklich Unklarheiten über den Verwaltungsantrag. Tatsächlich stimmte der Stadtrat in dieser Ratsversammlung mit großer Mehrheit der Verwaltungsvorlage zum Förderprojekt „RuDi – Ruhenden Verkehr digitalisieren“ zu, nämlich mit 51 Ja-Stimmen. Nur die AfD stimmte dagegen.

Das Abstimmungsergebnis zu "RuDi" am 28. Mai. Screenshot: L-IZ
Das Abstimmungsergebnis zu „RuDi“ am 28. Mai. Screenshot: L-IZ

Die Grünen meldeten sich nicht extra zu Wort.

Aber nach der Sitzung erläuterten sie noch einmal ihre Position. Denn mit „RuDi“ bekommt Leipzig möglicherweise den ersten Baustein für ein künftig stadtweit funktionierendes Parkraummanagement.

„Mit dem Beschluss gehen wir einen wichtigen Schritt in Richtung Auf- und Ausbau des Parkraummanagements in Leipzig, einer bereits sowohl im Nachhaltigkeitsszenario als auch im Green City Plan festgeschriebenen Maßnahme. So werden Parksuchverkehre um knappen öffentlichen Raum vermindert, was sich positiv auf Lärmschutz, Luftreinheit und Sicherheit auswirkt.

Gerade in unseren zahlreichen dichtbebauten Gründerzeitquartieren ist mangelnder Parkraum ein Alltagsproblem, das alle Menschen vor Ort negativ betrifft, nicht nur die Autofahrenden. Mittels digitalem Parkraummanagement kann der knappe Raum effektiver genutzt werden“, erklärte die verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Kristina Weyh.

„Die Leipziger Verkehrsbetriebe sind für die Umsetzung als Leipzigs Mobilitätsdienstleister bestens geeignet. Moderne Mobilität ist vernetzt, setzt auf vielfältige Mobilitätsformen und muss flexibel und effizient sein. Am besten gelingt dies aus einer Hand – also mit einer App, die beispielsweise auch anzeigen kann, wo der nächste ÖPNV wann fährt oder welche Alternativen es zur Parkplatzsuche gibt. Denn klar ist: mehr Autos machen unsere ohnehin dichtgedrängten Quartiere weniger lebenswert, da sie den Raum belegen, den wir im Alltag vor der Haustüre zum Aufenthalt viel besser gebrauchen könnten.“

Weiterhin sei die mittelfristige Entwicklung von RuDi hin zu einem Appbestandteil von „Leipzig mobil“, mittels der bewirtschaftete Parkflächen der Stadt Leipzig bezahlt werden können, ein nötiger Schritt in die Zukunft moderner Mobilität. Denn auch an dieser Stelle finde sich der Vernetzungsgrundsatz von Mobilität wieder, wenn man mit einer App alle Mobilitätsformen angeboten bekomme und zugleich mit einer Mobilitätsrechnung bezahlen kann.

Stadt und LVB entwickeln mit RuDi so zunächst ein digitales Parkraummanagement und gehen dann einen weiteren Schritt in Richtung digitaler Parkraumbewirtschaftung. So leiste RuDi auch aus Sicht der Grünen einen wertvollen Beitrag für die Ordnung des Ruhenden Verkehrs.

„Ich bin sicher, dass sowohl die Stadt, unsere Stadtgesellschaft als auch die Leipziger Verkehrsbetriebe als unser kommunaler Verkehrsdienstleister von dem Projekt profitieren werden“, meint Kristina Weyh.

„Klar ist aber auch, dass damit die anstehende wichtige Aufgabe der Ausweitung von Parkraumbewirtschaftung in Leipzig nicht erledigt ist. Vielmehr muss dies gleichzeitig geschehen. Leipzig bewirtschaftet aktuell lediglich zwei Prozent seiner öffentlichen Parkflächen und muss dies dringend in den innenstadtnahen Bereichen ausweiten sowie die erhobenen Parkgebühren zeitgemäß anpassen und vereinheitlichen.“

Die Debatte am 28. Mai 2020 im Leipziger Stadtrat

Video: L-IZ.de

Pilotprojekt soll in Stötteritz ausprobieren, wie sich mit Parkraumanagement der Suchverkehr verringern lässt

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Hmm, so ganz unrecht scheint die AfD allerdings diesmmal nicht zu haben.
Zwischen den Zeilen steht da ja schon, dass man die erfassten Bereiche bewirtschaften (ergo fürs Parken zahlen lassen) will.

Und wenn man die Aussagen der Grünen aus der herrschenden inoffiziellen Stadt-Koalition noch dazu nimmt, dann kann man schon zu dem Schluss kommen, dass es am Ende ums Geld geht.

Inwiefern das durchaus sinnvoll ist steht natürlich auf einem anderen Blatt, aber man kann sich dann auch nicht hinstellen und sagen, es ginge nicht ums Geld.

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